Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Wolfgang Stefinger in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag / Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 31.1.2024:

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dieser Haushalt steht, wie wir ja heute auch schon den ganzen Tag sehen können, weder für Aufbruch, er steht nicht einmal für einen Umbruch. Er sorgt nur für eines: für Unmut im Land. Inzwischen hat auch jeder gemerkt, dass es ihm in 16 Jahren unionsgeführter Regierung einfach besser ging.

Genauso ist es im Entwicklungsbereich.

Jede Entwicklungsorganisation hat inzwischen gemerkt: Mit einem unionsgeführten Entwicklungsministerium lief es einfach besser. Ich will Ihnen auch sagen, warum: Unsere Entwicklungspolitik hatte und hat einen klaren Kompass, nämlich Fluchtursachen bekämpfen, Wälder und Klima schützen, eine nachhaltige Wirtschaft in den Ländern aufbauen und Jobs schaffen.

Bei Letzterem, liebe Frau Schulze, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampel, sind Sie ja durchaus ganz gut. Allerdings schaffen Sie diese Jobs nur in Ihren Ministerien: über 11.000 seit Regierungsübernahme.

Überall wird gekürzt, nur nicht bei den Stellen. Auch im Entwicklungsetat haben wir im Bereich „Hausverwaltung des Ministeriums“ noch mal einen Aufwuchs um 40 Prozent.

Wenn Sie und diese gesamte Ampel besser regieren würden, bräuchten Sie im Übrigen nicht so viele Marketingexperten einstellen.

Das Schlimme ist aber, dass Sie keine Vision für die Entwicklungszusammenarbeit haben. Das ist ja seit Beginn dieser Regierung erkennbar: Der Afrika-Strategie fehlt die Vision; der Lateinamerika-Strategie fehlt die Vision. Mit Verlaub, Frau Ministerin, Ihr zweiseitiges Schwerpunktpapier ist mit diesem Haushalt ja schon wieder obsolet. Sie hatten die Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme als großen Schwerpunkt angekündigt: Es gibt eine Kürzung um 19 Prozent; im Vorjahr waren es 47 Prozent. „Akute Hungerkrisen bekämpfen“ steht in ihrem Papier – Kürzung. Gute Arbeit, Ausbildung und Beschäftigung – Kürzung. Ihr Schwerpunktpapier, Frau Ministerin, hat kein Jahr überstanden: veröffentlicht im März 2023 und jetzt, im Januar 2024, mit diesem Haushalt schon wieder hinfällig. Vielleicht sollten Sie sich überlegen, auf Ihre Papiere ein Verfallsdatum zu schreiben.

Frau Ministerin, eines wird aber mit diesem Haushalt auch deutlich: dass Sie das Haus umbauen und die bilaterale Zusammenarbeit – unseren direkten Hebel in der Entwicklungszusammenarbeit – weiter schwächen und stattdessen multilaterale Organisationen stärken.

Ich glaube schon – es wurde bereits angesprochen –, dass das Thema UNRWA uns hier in manchen Dingen auch eine Lehre sein sollte. Bereits nach dem Überfall der Hamas auf Israel, Frau Ministerin, haben Sie ja angekündigt, Gelder einzufrieren und lückenlos prüfen zu wollen, ob Gelder zweckentfremdet wurden. Der Überfall der Hamas war am 7. Oktober 2023. Am 7. November 2023 haben Sie nach einem Gespräch mit Herrn Lazzarini von der UNRWA in einer Pressemitteilung erklärt, die zugesagten Gelder für die UNRWA in Höhe von 71 Millionen Euro wieder freizugeben und diese sogar noch mal um 20 Millionen Euro zu erhöhen.

Auf welcher Grundlage haben Sie diese Entscheidung getroffen, Frau Ministerin? Schließlich kam der Prüfbericht dazu erst am 11. Dezember 2023. Also, entweder wussten Sie bereits im Vorfeld, was in diesem Prüfbericht stehen wird, oder Sie hatten ihn schon. Dann stellt sich allerdings die Frage: Wieso haben Sie diesen dem Parlament erst einen Monat später zugeleitet?

Darüber hinaus wurde der Bericht aus Ihrem Haus als Verschlusssache eingestuft. Auf meine Frage in der Regierungsbefragung letzte Sitzungswoche haben Sie geantwortet, es seien personenbezogene Daten in diesem Bericht enthalten und er sei deswegen eine Verschlusssache. Spannenderweise bemüht sich Ihr Haus seit Bekanntwerden des jetzigen neuen Skandals bei der UNRWA geradezu, diesen Bericht lediglich als Finanzbericht dastehen zu lassen. Also, Frau Ministerin, dass man in Ihrem Haus Buchungssätze bilden kann und den Überweisungsträger richtig ausfüllt, davon gehe ich aus. Aber was stimmt denn nun? Auf welcher Grundlage haben Sie Ihre Entscheidung im November letzten Jahres getroffen, die Gelder wieder freizugeben?

Ich kann Ihnen nur dringend raten: Stellen Sie größtmögliche Transparenz bei dem Thema UNRWA her.

Denn Sie wissen genauso gut wie wir, dass UNRWA so, wie es aktuell arbeitet, nicht weitergeführt werden kann. Sie wissen aber auch, dass UNRWA nicht nur in palästinensischen Gebieten, sondern auch in den Nachbarländern aktiv ist. Daher stellt sich natürlich schon die Frage, wie wir hier kurzfristig, mittelfristig, langfristig agieren. Gerade deshalb, glaube ich, wäre es wichtig, dass wir die bilaterale Zusammenarbeit stärken und nicht schwächen.

Sie kürzen zum wiederholten Male beim Titel „Sonderinitiative Stabilisierung und Entwicklung Nordafrika- Nahost“: dieses Jahr um 37 Prozent, letztes Jahr um 35 Prozent. Ich lasse diese Aussage jetzt einfach einmal so stehen; denn verstehen kann man die Ampelpolitik schon lange nicht mehr.

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