Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Wolfgang Stefinger in der Bundestagsdebatte zur weltweiten Ernährungssicherheit, 14.12.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

2015: 589 Millionen, 2022: 735 Millionen. Die Zahl der hungernden Menschen steigt weltweit an. 735 Millionen sind meines Erachtens 735 Millionen zu viel. Sie sind deshalb zu viel, weil wir wissen, wie es anders gehen würde. Wir haben das Wissen, und wir haben die Technik, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Es geht also nicht mehr um das Wie, sondern es geht um das Ob. Es geht nicht mehr nur ums Wollen.

Dass die Weltgemeinschaft den Hunger bekämpfen will, ist allgemein bekannt. In den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen steht auf Platz eins „Keine Armut“ und auf Platz zwei „Kein Hunger“. Es geht also ums Machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

In unserem Antrag haben wir zehn wichtige Maßnahmen formuliert, die Deutschland relativ schnell ergreifen könnte; denn wir von CDU und CSU wollen das Ziel nicht aufgeben, bis 2030 eine Welt ohne Hunger zu erreichen. Hierfür, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampelparteien, ist es notwendig, dass Sie einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung des Hungers legen.

Dazu braucht es krisenresistente Ernährungssysteme. Es braucht Lieferketten, die auch in Krisenzeiten funktionieren. Es braucht aber auch die Offenheit für neue Züchtungs- und Anbaumethoden; denn es geht häufig um Länder, die mit Wasserknappheit zu kämpfen haben. Deswegen braucht es andere Pflanzen, nämlich Pflanzen, die mit weniger Wasser auskommen. Und es wird auch nötig sein, auf wassersparende Anbaumethoden umzustellen.

Die Landwirte in diesen Ländern haben es finanziell häufig sehr schwer. Deswegen wollen wir den Aufbau von bei uns bekannten und sehr erfolgreichen Maschinenringen unterstützen. Gemeinsam Geräte anzuschaffen und diese dann zu nutzen, ist nicht nur kostengünstiger, sondern auch nachhaltiger, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Und: Wir wollen auch die Frauen stärken, und zwar nicht nur in den Reden hier, wie Sie das häufig tun, sondern tatsächlich vor Ort und konkret, nämlich mit entsprechenden Krediten und Möglichkeiten zum Landerwerb. Denn wir dürfen nicht vergessen: Von Unterernährung sind insbesondere Frauen und Mädchen betroffen. 
60 Prozent der hungernden Menschen weltweit sind Frauen und Mädchen. Hier gilt es, entsprechende Hilfe zu leisten. Wir wollen die Frauen befähigen. Das ist einer der wesentlichen Punkte unserer frauenfördernden Entwicklungspolitik.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Zeiten, in denen der Entwicklungsetat von Ihnen gekürzt wird, braucht es eine klare Analyse, eine klare Schwerpunktsetzung. Diese wird umso wichtiger, wenn wir uns die Weltlage anschauen: Die Weltbevölkerung wächst jährlich um 80 bis 90 Millionen Menschen. Das ist einmal die Bundesrepublik Deutschland. Das ist pro Monat zweimal die Stadt Berlin und pro Tag ungefähr die Stadt Aachen.

Der Klimawandel sorgt für Wasserknappheit, den Verlust von Anbauflächen und Ernteausfälle. Die Folgen der Coronapandemie sind in vielen Ländern weiterhin spürbar. Viele Staaten hatten eben nicht wie wir die Möglichkeit, mit milliardenschweren Rettungsschirmen ihre Wirtschaft zu unterstützen. Sie wissen: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Ernährungssituation in vielen Ländern weiterhin verschärft und zu steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen geführt. Zahlreiche Staaten sind instabil, Konflikte sorgen für Produktionsausfälle. – All diese Punkte sind Ursachen für die steigende Zahl an Hungernden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Friedensnobelpreisträger Norman Borlaug sagte einmal – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Mit leeren Mägen und menschlichem Elend kann man keine friedliche Welt aufbauen.“ Diese Aussage, liebe Kolleginnen und Kollegen, verdeutlicht meines Erachtens, wie wichtig unser Einsatz für eine Welt ohne Hunger ist.

735 Millionen Menschen – 735 Millionen! – sind zu viel. Ich bitte Sie daher heute herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag. Ich wünsche Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und vor allem einen guten Start in das Jahr 2024, das hoffentlich ein friedlicheres Jahr wird.

Vielen Dank.
 

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