Alexander Dobrindt, Chef der CSU im Bundestag, widerspricht im Merkur-Interview den Forderungen des Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Die Klausurtagung wird mit Spannung erwartet.

Herr Dobrindt, wie gut können Sie schauspielern?

Bisher war’s nie notwendig.

Am Mittwoch kommt Laschet zur CSU nach Seeon. Alle wollen so tun, als wären sie dickste Freunde… 

Wir haben mit der Kandidatenfindung eine intensive Zeit hinter uns. Aber die ist abgeschlossen. Wir stehen gemeinsam hinter unserem Kanzlerkandidaten: Genau für dieses Signal habe ich Armin Laschet eingeladen.

 In einem großen TV-Interview hat Laschet soeben Eckpfeilern seines und Ihres Wahlprogramms widersprochen. Es werde keine Steuererleichterungen geben, verkündete er.

Entlastungen bleiben ein Thema für die nächste Wahlperiode. Wir müssen wirtschaftliches Wachstum erzeugen, um aus der Krise rauszukommen. Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen für Investitionen für Unternehmen verbessern. Außerdem wollen wir ein klares Entlastungssignal für die Mitte der Gesellschaft geben. Auch die vollständige Soli-Abschaffung bleibt unser Ziel. Ich glaube, wir werden hier auch Hinweise vom Verfassungsgericht bekommen: Die Teilabschaffung reicht nicht. Der Soli hat ausgedient. Er gehört nicht in die Steuererklärung, sondern ins Geschichtsbuch.

Auch bei den Energiekosten überraschte Laschet. Jetzt sollen die Vermieter doch an den CO2-Kosten beteiligt werden?

Die SPD wollte das hälftig zwischen Mietern und Vermietern aufteilen, das haben wir abgelehnt. Das wäre ein Systemwechsel: Verbrauchskosten sind Kosten die beim Mieter liegen. Unser Ziel ist: Wir wollen die Investitionen der Vermieter in moderne, sparsame Heizanlagen und erneuerbare Energien fördern, damit eine CO2 neutrale Wärmeerzeugung möglich ist.

Klingt so, als müssten Sie nochmal Tacheles mit Laschet reden morgen...

Ich habe ihn so verstanden, dass Wachstum, Innovationen und neue Dynamik unsere gemeinsamen Ziele sind. So steht es auch im Wahlprogramm. Dazu gehören steuerliche Entlastungen.

Sie schärfen nach, vor allem in der Sozialpolitik. Was verlangt die CSU?

Wir wollen die Mitte stärken und entlasten. Grüne und SPD wollen das Ehegattensplitting abschaffen. Wir wollen es erhalten und mit einem Kindersplitting weiter ausbauen, dafür soll der Steuerfreibetrag für Kinder so hoch sein wie für Erwachsene. Wir wollen außerdem stärker die wachsenden Gruppe der Alleinerziehenden unterstützen. Bis 2023 soll der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 5.000 Euro steigen. Für uns als CSU ist auch klar: Wir verlangen die volle Umsetzung der Mütterrente. Und für Arbeitnehmer soll es eine Home-Office-Pauschale von 1.000 Euro geben.

Was heißt das in Zahlen?

Zum Beispiel für Alleinerziehende: Wir haben bereits 600 Euro Netto Entlastung pro Jahr durchgesetzt und wollen jetzt 300 Euro zusätzliche erreichen. Zum Vergleich: Der Kanzlerkandidat der SPD verspricht bei mittleren Einkommen von 3.000 Euro eine Steuerentlastung von 6,50 Euro pro Monat.

Die Grünen haben gerade mächtig Ärger mit ihrer Spitzenkandidatin Baerbock. Rechnen Sie mit einem Wechsel zu Habeck?

Nein. Den Grünen fehlt die Kraft für einen solchen Wechsel. Bemerkenswert ist allerdings der Umgang von Robert Habeck mit seiner Co-Vorsitzenden Baerbock. Er hat sie verteidigt. Ich stelle nicht fest, dass die Habeck-Interviews als große Unterstützungskampagne zu interpretieren wären.

Die scharfe Kritik am Buch, am Lebenslauf: „Rufmord“ wittern die Grünen. Sind Sie ein Rufmörder?

Ohne dass ich mich dazu geäußert habe? Soviel Zurückhaltung hätte ich mir manchmal von den Grünen gewünscht. Ich habe das Buch nicht gelesen und ich habe auch nicht vor, es zu lesen. Richtig ist doch, dass die ganze Debatte von den Grünen selbst geführt wird. Die Kommunikationsstrategie der Grünen hat vollends versagt: erst leugnen, dann andere beschimpfen, dann zugeben – das zerstört nachvollziehbar Akzeptanz. Das gilt besonders bei denjenigen, die so gern den moralischen Zeigefinger erheben wie die Grünen.

Sie loben öffentlich eine Schwarz-Rot-Gelbe-Koalition für Berlin. Aus Inbrunst, oder weil Sie die Grünen ärgern wollen?

Es muss auch eine Regierungsoption ohne die Grüne geben können. Die Deutschland-Koalition bietet diese Möglichkeit und könnte ein ausgesprochen spannendes Projekt werden. Persönlich hätte ich dafür einige Sympathie.

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