Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stefan Müller in der Bundestagsdebatte zum Zukunftsfinanzierungsgesetz, 21.9.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Zunächst einmal möchte ich mich gerne den Genesungswünschen für den Bundesfinanzminister anschließen. Natürlich wünschen auch wir ihm gute und vor allem schnelle Besserung.

Sehr geehrter Herr Minister Buschmann, es hat ja etwas gedauert von der Vorstellung der Eckpunkte für dieses Zukunftsfinanzierungsgesetz bis zur ersten Beratung heute hier im Deutschen Bundestag. Gemeinsam mit Christian Lindner haben Sie am 29. Juni 2022 die Eckpunkte für dieses Gesetz vorgestellt. Da gewinnt der Begriff „Deutschlandtempo“ noch einmal eine neue Bedeutung.

Also eineinviertel Jahre von der Vorstellung der Eckpunkte bis zur ersten Beratung hier im Hause. Es scheint also auch bei diesen Themen, die sehr technisch daherkommen, das eine oder andere an Erklärungsbedarf innerhalb der Koalition gegeben zu haben.

Was aber die Beschreibung der Herausforderungen angeht, will ich deutlich sagen: Da sind wir uns durchaus einig. Laut Berechnungen der EU-Kommission haben wir in Europa einen Finanzbedarf von etwa 350 Milliarden Euro jährlich für die Bewältigung der ökologischen Transformation. Dazu kommt noch, dass wir wahrscheinlich einen ebenfalls dreistelligen Milliardenbetrag für die Finanzierung der digitalen Transformation benötigen. Und natürlich erfordert auch die Grundlage für künftiges Wachstum, für künftigen Wohlstand, nämlich Innovation, Forschung und Entwicklung, Kapital.

Und klar ist auch, dass weder der Staat noch die Banken in der Lage sein werden, diese immensen Summen tatsächlich zu mobilisieren. Das heißt, wir brauchen private Investoren, wir brauchen den Finanzmarkt, um dieses Kapital bereitzustellen. Ich sage: Ja, der Kapitalmarkt ist die private Alternative gegenüber einer Finanzierung durch den Staat; denn der Staat hat begrenzte Steuermittel. Und er ist auch die bessere Alternative gegenüber dem Staat; denn der Kapitalmarkt motiviert zu Innovation, ist skalierbar und vervielfältigt auch die eingesetzten Investitionen. Das heißt, der Finanzmarkt spielt eine Schlüsselrolle bei der Transformation, bei der Finanzierung von Innovation, von Wachstum und Beschäftigung in der Zukunft.

Um dieses Kapital zu mobilisieren, braucht es einen leistungsfähigen Finanzplatz, Herr Minister. Da sind wir uns mit Ihnen einig. Es braucht ein modernes Kapitalmarktrecht, es braucht dafür aber auch steuerrechtliche Vorgaben. Dazu werden wir gleich in der Debatte sicherlich noch das eine oder andere hören. Ich will deutlich sagen: In dem Sinne behandelt dieser Gesetzentwurf einzelne und wichtige Aspekte zur Weiterentwicklung des Kapitalmarktrechts. Vieles davon entspricht im Übrigen auch unseren Vorstellungen als CDU/CSU, wenn es zum Beispiel darum geht, Börsengänge für Wachstumsunternehmen zu erleichtern oder auch die Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligung in Start-ups zu verbessern.

Ganz offenkundig gibt es ja Handlungsbedarf, wenn es um den Kapitalmarkt in Deutschland geht. Die Zahl der Börsengänge in Deutschland war schon vor einigen Jahren, also sogar noch vor der Coronapandemie, viel zu niedrig im Vergleich zu unserem Bruttoinlandsprodukt oder auch im Vergleich zu anderen Industrienationen. Birkenstock, Atotech und BioNTech – drei deutsche Unternehmen – haben eines gemeinsam: Es handelt sich nämlich um deutsche Unternehmen, die den Börsengang in den USA gewagt haben und nicht in Deutschland. Oder nehmen wir die Firma Linde, ein deutscher Großkonzern, der sich dafür entschieden hat, von Frankfurt an die New Yorker Börse zu wechseln. Jetzt gibt es dafür immer individuelle Gründe – das ist gar keine Frage –: beispielsweise mehr Analysten für bestimmte Branchen, mehr spezialisierte Investoren oder vielleicht eine zu erwartende höhere Bewertung. Aber es zeigt eben auch, dass so manche Regelungen im deutschen Kapitalmarktrecht nicht mehr zeitgemäß sind und dass wir deswegen auch richtigerweise über Veränderungen sprechen müssen.

Ein Grund ist aber zweifellos auch die Tatsache, dass in den USA mehr privates Kapital zur Verfügung steht. Damit sind ja nicht nur institutionelle Investoren gemeint, sondern eben auch Privatanleger. Es sind aber genau diese Privatanleger, die jetzt in diesem Gesetzentwurf nicht mehr vorkommen, und dass, obwohl sowohl im Eckpunktepapier wie auch im Referentenentwurf die Anlegerseite noch adressiert war, zum Beispiel in Form der Erweiterung des Personenkreises bei der Förderung der privaten Vermögensbildung. Wir müssen stärker auch private Anleger ermutigen, sich am Kapitalmarkt zu engagieren. Vermögensbildung ist ein wichtiges Thema. Wenn wir uns den europaweiten Vergleich anschauen, ist Deutschland dort nämlich bestenfalls Mittelfeld. Und es ist deswegen sehr bedauerlich, dass gerade dieser Punkt nicht mehr in diesem Gesetzentwurf enthalten ist.

Man kann sich jetzt die Frage stellen, warum das so ist.

– So ist es. – Natürlich bietet Vermögen und Eigentum auch finanzielle Freiheit, etwas, was SPD und Grüne grundsätzlich nicht wollen, weil es Unabhängigkeit vom Staat bedeutet.

Genau das ist der Grund, weswegen es nicht mehr drinsteht.

Ich sage zusammenfassend: Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung. Im Bereich der privaten Vermögensbildung hätten wir uns mehr gewünscht. Wir werden uns aber konstruktiv in die anstehenden parlamentarischen Beratungen einbringen.

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