Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Artur Auernhammer in der Bundestagsdebatte zur Nahrungsmittelselbstversorgung in Deutschland und Europa, 30.11.2023:
Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Diskussionen zur Landwirtschaft und zur Ernährungssicherheit kann man sehr emotional führen; aber man sollte auch die fachlichen Grundlagen nicht außer Acht lassen.
Ich möchte bei der Gelegenheit mal kurz erwähnen, dass zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit Grünland sind. Wenn Sie also die Tierhaltung abschaffen wollen, dann wünsche ich Ihnen viel Vergnügen und guten Appetit bei der Verwertung dieses Grünlandaufwuchses; denn um das zu verwerten, ist Tierhaltung notwendig.
Um die Fachlichkeit zu untermauern, haben wir in der letzten Woche eine gute Entscheidung im Europäischen Parlament erleben dürfen. Die Mehrheit im Europäischen Parlament hat die Vorlage der sogenannten SUR, der Pflanzenschutzverordnung, aufgrund aktiver Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen von der Europäischen Volkspartei zurückgewiesen. Das war eine gute Entscheidung auch für die europäische Landwirtschaft.
Wir diskutieren heute auch über das Thema Glyphosat. Man kann rausgehen und die Bevölkerung fragen, was denn eines der gefährlichsten Pflanzenschutzmittel ist, und der eine oder andere nennt dann Glyphosat. Das ist eine emotionale Äußerung. Wenn wir nach dem Sachverstand der wissenschaftlichen Gutachten und der Bewertung auf europäischer Ebene gehen, dann ist Glyphosat, wenn es richtig eingesetzt wird, auch ein vernünftiges Pflanzenschutzmittel, meine Damen und Herren. Es war eine fachliche Entscheidung, die der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt getroffen hat, als er der Verlängerung der Glyphosatzulassung zugestimmt hat. Das muss man in dieser Debatte auch erwähnen dürfen. Es war Christian Schmidt als CSU-Bundeslandwirtschaftsminister.
Gift ist immer eine Frage der Dosis. Man kann Glyphosat so einsetzen, wie es in anderen Regionen auf dieser Welt auch geschehen ist – das sage ich in aller Offenheit –: zum Erntemanagement in Verbindung mit GVO-Anbau. Da ist es übertrieben worden. Also muss man es konzentriert einsetzen.
Wir brauchen diesen Wirkstoff auch – ich sage das auch deswegen, weil heute die deutschen Weinhoheiten hier im Hause sind –, um den Weinanbau in Regionen mit Steillagen zu erhalten. Wenn dort kein Herbizid wie Glyphosat mehr eingesetzt werden kann, dann wird dort der Weinanbau verschwinden, dann werden die Flächen aus der Produktion genommen; und das wollen wir nicht.
Genauso verhält es sich, wenn wir uns bestimmte Problemunkräuter und -ungräser anschauen wie zum Beispiel die Quecke. Es gibt keine Alternative zu Glyphosat, um die Quecke zu bekämpfen, außer massive, intensive Bodenbearbeitung, die dazu führt, dass CO2 ausgestoßen wird, dass Feinstaub produziert wird. Aber eine effektive Bekämpfung der Quecke geht nur mit Glyphosat. Deshalb ist es sinnvoll, ist es auch richtig, hier der Verlängerung der Zulassung zuzustimmen, meine Damen und Herren. Ich habe jetzt den Äußerungen der Kollegen von der FDP entnommen, dass die Ampelkoalition diese wahrscheinlich eins zu eins umsetzt. Auch ich gehe davon aus, dass es umgesetzt wird. Lassen wir uns mal überraschen. Selbst die EU-Kommission hat einer Verlängerung zugestimmt. Es muss möglich sein, diesen Wirkstoff, solange es keine Alternativen gibt, in Europa und vor allem auch in der deutschen Landwirtschaft weiter einzusetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin schon manchmal überrascht, wie sich manche Parteien hier im Deutschen Bundestag positionieren. Ich darf, Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis aus einer Pressemitteilung der AfD vom 29. November 2017 zitieren. Dort hat Frau Weidel erklärt:
„Wir können nicht weiter tatenlos zusehen, wie auf Kosten der Gesundheit unserer Bürger skrupellos die Interessen von Chemiekonzernen vertreten werden.“
Und der Kollege Protschka hat noch erwähnt:
„Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Glyphosat das Bodenleben schädigt und damit langfristig … die Grundlage für den Anbau unserer Lebensmittel vernichtet. In der Gesamtbetrachtung ist die weitere Zulassung von Glyphosat in der Bundesrepublik ein unverantwortliches Risiko, das auch dem Ziel einer Pestizid- und Herbizidreduzierung widerspricht.“
Schauen wir uns nun doch mal die aktuellen Anträge der AfD an: Irgendwie hat hier ein Sinneswandel stattgefunden. Ob das immer zum Besten ist, sei bezweifelt.
Vielen Dank.
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