Umweltkatastrophen 26.07.2021
Dobrindt fordert „ständigen Krisenstab“
Alexander Dobrindt
© Marc Müller

Im Interview mit der Passauer Neuen Presse fordert Alexander Dobrindt einen Umbau des Warnsystems im Katastrophenfall.

Ist Deutschland für Katastrophenfälle, wie die jüngsten Überflutungen, ausreichend gewappnet?

Die schrecklichen Bilder stecken uns allen noch in den Knochen. Man muss sicherlich die Frage stellen, ob die Warn- und Hilfsstrukturen den neuen Bedrohungslagen, die auch durch den Klimawandel mitverursacht sind, genügen. Klar ist, Naturkatastrophen wird man nie ganz vermeiden können. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit. Aber es muss alles Menschenmögliche unternommen werden, um den Dreiklang aus Vermeidung, Warnung und Wiederaufbau zu organisieren.

Ist es nötig, etwas an den Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden in solchen Fällen zu ändern?

Ich halte die föderalen Strukturen im Katastrophenschutz für richtig. Naturkatastrophen wie die aktuellen Unwetter wirken oft lokal. Deshalb ist die Kompetenz vor Ort das Entscheidende. Aber auch die Bündelung aller Informationen ist sehr wichtig. Deshalb will ich das Bundesamt für Katastrophenschutz stärken. Es braucht gute Warnmechanismen, von SMS- bis zu Sirenen-Warnungen. Es sollte ein ständiger Krisenstab Naturkatastrophen in Kombination von Bund und Ländern eingesetzt werden. Es ist erkennbar, dass das Wiederherstellen von Kommunikation vor Ort viel zu lange gedauert hat. Mobilfunknetze müssen aber gerade im Krisenfall funktionieren. Eine mobile Aufbautruppe „Kommunikation“ muss eingerichtet werden und muss sofort zum Einsatz kommen, zum Beispiel mit Drohnen und mobilen Funkzellen, wenn in Krisensituationen die Handynetze zusammenbrechen.   

Brauchen wir ein permanentes Finanzpolster, einen Vorsorgefonds, um notfalls rasch handeln zu können?

Es braucht kein neues Finanzierungsinstrument und auch keine Sonderabgaben zur Finanzierung des Wiederaufbaus, Bund und Länder können und werden das über ihre Haushalte finanzieren.

Es geht grundsätzlich um Folgen des Klimawandels. Muss die die Union, muss auch die Bundesregierung, nach der jüngsten Katastrophe ihre Klimaschutz-Pläne erneut nachsteuern?

Klimaschutz ist eine Daueraufgabe, die immer wieder überprüft und angepasst werden muss. Das haben wir genau so erst vor wenigen Wochen im Klimaschutzgesetz festgelegt. Ich glaube, dass die Argumente überwiegen, beim Klimaschutz schneller zu werden. Dazu gehört, dass man das Kohleausstiegsziel 2038 noch einmal genau betrachtet, ob es mit Blick auf die neuen Klimaschutz-Vorgaben auch aus Europa angepasst werden müsste. Man könnte den Kohleausstieg beschleunigen, wenn man den betroffenen Regionen im Gegenzug noch bessere wirtschaftliche Perspektiven verschafft. Ich schlage vor, dass wir den Strukturwandel in den Kohleregionen damit verbinden, dort wirtschaftliche Aktivitäten anzusiedeln, die wir aus strategischen Gründen unter dem Stichwort Souveränität aus anderen Regionen der Welt zurückholen wollen. Ich denke zum Beispiel an neue Forschungs- und Produktionsstandorte für Medikamente, die wir stärker rückverlagern sollten, um die einseitigen Abhängigkeiten zu einer einzelnen Region in Asien zu verringern.

Im CSU-Wahlprogramm spielen Steuerentlastungen eine zentrale Rolle. Angesichts der Riesen-Kosten als Folge der Überflutungs-Katastrophe und durch die Corona-Pandemie: Müssen solche Entlastungen nun erst einmal zurückstehen?

Nein. CDU und CSU spielen gemeinsam im Team Entlastungen. Gesunde Haushalte kann man nur mit Wachstum und wirtschaftlicher Dynamik, Innovationen und Investitionen erreichen. Dazu gehört die Entlastung der Mitte der Gesellschaft – von Familien, Alleinerziehenden und Müttern genauso wie die Stärkung der Unternehmen durch die Entlastung des Mittelstandes und die Abschaffung des Soli. Unser Land steht vor einer Richtungsentscheidung: Familien mehr geben, oder mehr nehmen!

SPD und Grüne wollen das Ehegattensplitting abschaffen. Das bedeutet Steuererhöhungen für Millionen Familien in Deutschland. Auch höhere Erbschafts- und Substanzsteuern sind Gift für unsere Wettbewerbsfähigkeit und dürfen nicht reale Politik werden.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Auftreten ihres Kanzlerkandidaten Armin Laschet im Wahlkampf?

Armin Laschet ist unser Kanzlerkandidat und hat unsere volle Unterstützung. Er steht vor schweren Herausforderungen und hat neben einem intensiven Wahlkampf die Auswirkungen einer der schlimmsten Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte in Deutschland zu bewältigen. Ich stelle fest, dass er mit aller Kraft dafür arbeitet, das Leid, das durch diese Flutkatastrophe entstanden ist, zu lindern, die Krise zu managen und im Sinne der Bürger den notwendigen Wiederaufbau zu organisieren. Ich weiß, wie schwer die Aufgabe für ihn in diesen Tagen ist. Deshalb gilt umso mehr, dass CDU und CSU zusammenhalten, damit wir bei der Bundestagswahl am 26. September erfolgreich durchs Ziel gehen. 

Laut der Umfragezahlen wäre derzeit nicht nur eine Schwarz-Grüne Koalition möglich, sondern auch einer der Union mit der SPD und der FDP. Welche würden sie bevorzugen?

Ich bin froh, dass sichtbar wird, dass es kein Abonnement der Grünen auf eine Regierungsbeteiligung gibt. Eine Deutschland-Koalition von CDU/CSU, SPD und FDP ist aus meiner Sicht eine spannende Variante, der ich persönlich sehr viel abgewinnen könnte.
 

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