Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag: Strukturförderung ist Gemeinschaftsaufgabe am 22.6.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Als Erstes möchte ich mich ganz herzlich bei Gerald Ullrich, dem Kollegen von der FDP, bedanken; denn er hat heute mal die Wahrheit ausgesprochen. Er hat nämlich formuliert, dass ihm Minister Lindner gesagt hat, Kürzungen stünden im Raum. Deswegen bin ich ihm grundsätzlich für das Erkennen der Realität und das Aussprechen der Wahrheit sehr dankbar. Da haben Sie den Kollegen von der SPD einiges voraus.

Ich bin auch der Kollegin Julia Klöckner, unserer wirtschaftspolitischen Sprecherin, sehr dankbar – ich kann das sehr gut verstehen –, weil sie unterstützt hat, dieses wichtige Thema, nämlich die Förderung der ländlichen Räume, auf die heutige Tagesordnung zu setzen. Deshalb sollten auch Sie, die Kollegen der Ampel, ihr herzlich dafür danken.

Bauministerium liefert nicht

Jetzt kann man das natürlich belächeln und sagen: „Mensch, die ländlichen Räume“, aber wir fordern von Ihnen ein, dass Sie sich dieser Debatte stellen. Sie fordern jetzt, dass wir uns anschauen müssen, wo Gegenfinanzierungen möglich sind. Da muss man ganz klar sagen: Sie haben zu Beginn dieser Legislatur ein neues Ministerium geschaffen, nämlich ein Bauministerium.

Wenn Sie Gelder ausgeben und Tausende von Mitarbeitern einstellen, dann muss dieses Ministerium auch liefern. Jetzt, nach zwei Jahren, sehen wir, wenn wir mal Bilanz ziehen, dass die ganzen Projekte, zum Beispiel im Wohnungsbau und bei der Strukturentwicklung, nicht umgesetzt wurden. Deswegen sage ich Ihnen ganz klar: Wenn mich daheim jemand fragt, warum wir mit vielen Millionen dieses Ministerium aufrechterhalten, dann kann ich dazu im Moment nichts sagen. Denn Sie liefern nicht; das Bauministerium liefert nicht.

Förderung der ländlichen Räume notwendig

Es wurde vorhin gesagt, dass in der Vergangenheit angeblich nichts gekürzt wurde. Wir sagen dazu ganz klar: Sie haben die Mittel schon gekürzt. So haben Sie das Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“, obwohl wir noch vor zwei Wochen darüber gesprochen haben, wie wertvoll dieses Instrument ist, einfach hinten runterfallen lassen. Deswegen passen wir jetzt gut auf, dass Sie das nicht wieder tun, bei der Wirtschaftsförderung der ländlichen Räume oder auch bei der Städtebauförderung.

1 Euro in die Städtebauförderung investiert, löst 7 bis 9 Euro – je nach Region – an privaten Investitionen aus. Es ist eben nicht so, wie manchmal gesagt wird, dass aufgrund der europäischen Ausschreibungen Unternehmen vor Ort gar nicht zum Zuge kommen. Ich möchte den FDPler sehen, der in meiner Heimat investiert; ich möchte ihn sehen. Es sind keine großen Investoren, die kommen, um in meiner Heimat zu investieren. Es sind Unternehmen vor Ort, die in die ländlichen Räume gehen, auch wenn die Rendite da nicht so groß ist wie in den Großstädten.

Das ist etwas, was wir weiter unterstützen wollen, und das ist möglich, wenn wir gerade hier nicht kürzen. Für uns geht es auch darum, dass wir Verlässlichkeit brauchen. Die Städtebauförderung und die Investitionen in die ländlichen Räume – das nennt sich „integrierte Konzepte“ – sind auf 8 bis 15 Jahre angelegt.

Sie aber fangen jetzt an, bereits zugesagte Mittel, von denen auch kleine Unternehmen profitieren, wegzukürzen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Deswegen kämpfen wir entsprechend weiter. Wo sind denn Ihre Antworten, zum Beispiel wenn es um die Revitalisierung von Flächen geht? Wo ist denn der Einstieg in eine Flächenkreislaufwirtschaft, die natürlich nur mit Förderung möglich ist? Wo sind denn da Ihre Ansätze?

Die einzigen Ansätze, die da sind, um zum Beispiel in der Landwirtschaft die Produktion auf der Fläche zu halten, sind im Bereich der Städtebauförderung angesiedelt, und genau da wollen Sie jetzt ran. Deswegen sage ich: Sie sind wirklich konzeptlos. Sie haben auch keine guten Ideen, wie Sie da weiterkommen wollen. Der Landesminister von Sachsen hat hier wichtige Dinge angesprochen; das haben viele Kollegen schon gesagt. Es geht um gleichwertige Lebensverhältnisse, nicht um gleichartige.

Den Vorwurf müssen Sie sich einfach gefallen lassen, und das ist heute wieder beispielgebend dafür. Die Kollegin hat die wichtigsten Punkte angesprochen: Abbau der Produktionsflächen in der Landwirtschaft, das 49-Euro-Ticket, was zwar gut ist, von dem aber natürlich vor allem die Städter profitieren, die Infrastruktur für Krankenhäuser. Überall da gehen Sie ran, da kürzen Sie weg. Wie wollen Sie denn die ländlichen Räume zukunftsfest machen? Sie haben keine Antworten für die Städte. Sie kürzen in den ländlichen Räumen und feiern sich auch noch dafür, anstatt sich dieser Aufgabe als sehr wichtige Aufgabe, die sie eben ist, anzunehmen.

Deswegen: Füllen Sie das Bauministerium mit Leben! Lassen Sie endlich zu, dass da was bewegt wird! Bis jetzt ist das noch nicht der Fall. Und fangen Sie an, die Realität anzuerkennen, wie der Kollege von der FDP! Dahinter stehen nämlich Kürzungen und sonst nichts. Das werden wir im Sinne der Menschen in den ländlichen Räumen nicht zulassen.
 

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