
Rede über die Tätigkeit und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge
Nach fast zehnjähriger Diskussion wurde am 14. Dezember 2016 die EbAV-II-Richtlinie für Pensionsfonds und Pensionskassen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Diese Richtlinie ist nun bis zum 13. Januar 2019 in nationales Recht umzusetzen. Da die Zeit drängt, gibt es hier nun einen engen Zeitplan bis zur endgültigen Beschlusslage mit der zweiten und dritten im Bundestag, voraussichtlich am 30. November 2018 und anschließend im Bundesrat.
Mit der Umsetzung dieser Richtlinie schließt sich der Kreis der Regelungen für Solvabilität – Eigenmittelausstattung –, Governance – Unternehmensführung – und Transparenz. Im Bankbereich wurde dies durch die CRR-Richtlinie der EU – Capital Requirements Regulation – seit Januar 2014 umgesetzt. Für Versicherungsunternehmen wurde seit dem 1. Januar 2016 die EU-Solvency-II-Richtlinie umgesetzt, die diese Fragen umfassend regelt. Diese Solvency-II-Richtlinie findet aber bei Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, EbAV, keine Anwendung, sodass es hier gesonderter Regelungen bedarf. Diese EbAVs sind Anbieter von Pensionskassen und Pensionsfonds. Es geht also um den Schutz und die Sicherung der betrieblichen Altersversorgung. Diese betriebliche Altersversorgung kann derzeit in fünf verschiedenen Wegen durchgeführt werden: Erstens: Direktversicherung, Solvency II. Zweitens: Pensionszusage, Solvency II. Drittens: Unterstützungskasse, Solvency II. Viertens: Pensionskasse, EbAV II. Fünftens: Pensionsfonds, EbAV II.
Schon seit 2003 gab es für Pensionskassen und Pensionsfonds aufsichtsrechtliche Mindeststandards. Hier wurde schon die Solvenz, also die Eigenkapitalanforderung, umfassend geregelt; das bleibt auch so erhalten. In der Umsetzung der EbAV-II-Richtlinie geht es nun um detaillierte Vorgaben zur Unternehmensführung, eine Ausweitung der Informationspflichten gegenüber Versorgungsanwärtern und Versorgungempfängern sowie die Erleichterung der grenzüberschreitenden Tätigkeit.
Weitere wesentliche Neuerungen sind höhere Anforderungen an die Geschäftsorganisation und korrespondierende Stärkung der Aufsicht bei der Bewertung von Risiken und ein grundlegender Ausbau eines Risikomanagementsystems, unter anderem durch die Durchführung einer eigenen Risikobeurteilung. Mit der nahezu Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Richtlinie kommt es zu einem besseren Schutz der Versorgungsanwärter und der Versorgungsempfänger. Deshalb begrüßen wir diese Umsetzung. Auch die deutsche Versicherungswirtschaft begrüßt diesen Schritt; sie hat auch bei der Umsetzung der Solvency-II-Regelungen hier eine gute Arbeit geleistet.
Dennoch gibt es drei Kritik- oder Diskussionspunkte, die meines Erachtens durchaus berechtigt sind:
Erstens. Die Richtlinie wurde am Ende 2016 erlassen. Heute ist der 11. Oktober 2018. Fast zwei Jahre später kommt es also zu einem Beschluss im Bundestag und dann im Bundesrat; geplant ist der Dezember 2018. Wenn die Umsetzung dann Ende Dezember beschlossen wird, bleiben den Einrichtungen für betriebliche Altersversorgung, EbAV, gerade einmal 13 Tage für die technische Umsetzung. Die IT-technische Ausstattung erfordert pro Einzelvertrag eine Analyse und bringt in der Regel einen hohen Programmieraufwand mit sich. Ich denke, dem Wunsch nach einer sinnvollen Übergangsfrist sollte nachgekommen werden.
Ich sehe noch einen zweiten wichtigen Punkt, der im Anschluss an das Gesetzgebungsverfahren geklärt werden muss. Er betrifft die Informationspflichten gegenüber den Versorgungsanwärtern und den Versorgungsempfängern. Die entsprechenden Eckpunkte der Informationspflichten müssen im Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG, umfassend geklärt werden. Weitere Einzelheiten werden noch in einer zu erlassenden Verordnung geregelt. Wenn wir richtigerweise die Transparenz gegenüber den Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern erhöhen, dann sollten wir dieses auch in einer verständlichen und klaren Art und Weise tun. Wir sollten unbedingt vermeiden, dass die gute und richtige Umsetzung einer EU-Richtlinie durch überbordende Bürokratievorschriften genau das Gegenteil des Gewünschten erreicht – nicht dass man am Ende den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.
Ein dritter und letzter Punkt ist aus meiner Sicht noch nicht umfassend geklärt. Die Umsetzung der EbAV-II-Richtlinie ist eine Mindestharmonisierung. In den Mitgliedstaaten gibt es große Unterschiede der betrieblichen Altersversorgung. In Deutschland besteht eine enge Beziehung zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und EbAV, die auch ihren Niederschlag im deutschen Steuerrecht und im Arbeitsrecht hat. Wir sollten auf jeden Fall in diesem Prozess aufpassen, dass wir nicht zu viele Befugnisse an die europäische Ebene abgeben und immer noch die Möglichkeit der Einwirkung auf unsere Regelungen der betrieblichen Altersvorsorge haben. Mindestharmonisierung ja, aber immer mit dem Grundgedanken der Subsidiarität. Die Besonderheit der betrieblichen Altersversorgung als dritte wesentliche Säule der Altersversorgung in Deutschland muss auch weiterhin von uns als Deutschem Bundestag gestaltet werden können.
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