Rede zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Jedes Jahr sterben in Deutschland 120 000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Das sind mehr als 10 Prozent aller Sterbefälle. Die direkten Kosten und die indirekten Kosten gemeinsam werden nach der Statistik des Statistischen Bundesamtes und des Deutschen Krebsforschungszentrums auf knapp 80 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Diese Zahlen sind frappierend, und sie zeigen dringenden Handlungsbedarf auf.

Unser Ziel muss sein, dass wir insbesondere denen, die vor der Entscheidung stehen, ob sie zur Zigarette greifen oder nicht, das Rauchen vergällen. Wir wollen nicht dem Einzelnen die Entscheidung abnehmen; erwachsene Menschen müssen darüber selbst entscheiden. Aber wir wollen denen, die auf dem Weg zu dem sind, was ich beschrieben habe, einen guten Rahmen bieten, um sich nicht für das Rauchen zu entscheiden, sondern Nichtraucher zu bleiben.

Das heißt, wir müssen die gesundheitlichen Gefahren nüchtern beschreiben. Aber die nüchterne Beschreibung allein sorgt noch nicht für eine persönliche Bewegtheit. Mein Ziel ist es deswegen, neben vielen Detailregulierungen einen erkennbaren Hinweis und einen emotionalen Anreiz für alle zu geben und deutlich zu machen: Lasst lieber die Finger davon!

Eines der Mittel sind Text-Bild-Warnhinweise. Die Bilder sind nicht schön, sie könnten aus medizinischen Fachblättern stammen: offene Raucherbeine, Raucherlungen, schwarze Zahnstummel. Die Entscheidung des Einzelnen bleibt trotzdem bei ihm. Mit diesen Warnhinweisen möchten wir jedenfalls zum Nachdenken anregen. Sie sind Bestandteil der Richtlinie auf europäischer Ebene, die wir heute mit dem Tabakerzeugnisgesetz umsetzen wollen.

Ich will noch einmal sagen: Mein Ziel ist, dass die, die noch nicht mit dem Rauchen begonnen haben, nicht verführt werden. Insofern bestand der erste Teil der Gesetzgebung in diesem Zusammenhang darin, dass ich gemeinsam mit Kollegin Schwesig eine Änderung des Jugendschutzgesetzes auch im Hinblick auf E-Zigaretten und E-Shishas – ich werde darauf noch zu sprechen kommen – in das Gesetzblatt gebracht habe. Der Deutsche Bundestag hat sich ausführlich mit diesem Thema befasst. – Herzlichen Dank.

Wir werden jetzt im zweiten Schritt mit der Umsetzung des Tabakerzeugnisgesetzes wirksame Regelungen zum gesundheitlichen Verbraucherschutz vorlegen. Heute finden die zweite und dritte Beratung des Gesetzentwurfs statt. Ich bedanke mich dafür, weil wir damit im Rahmen unserer Möglichkeiten zeitnah für Rechtssicherheit sorgen. Wir setzen die Tabakproduktrichtlinie mit Sorgfalt, aber auch mit Augenmaß um. Das heißt, wir müssen auch festhalten, dass Tabak und Tabakerzeugnisse keine verbotenen Produkte sind. Die Wirtschaft hat Anspruch auf Rechtssicherheit. Wir leisten das.

Ich gebe zu, dass die Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie auf den letzten Metern Schwierigkeiten bereitet hat. Wir mussten leider fast zwei Jahre warten, bis die Kommission die technischen Daten herausgegeben hat. In einem Fall ist dann noch die deutsche Grammatik nicht beachtet worden, und es war eine Änderung notwendig. Wir sollten daher immer deutlicher für Deutsch als Amts- und Arbeitssprache in der Europäischen Union werben. Vielleicht hilft das auch dem einen oder anderen in der Kommission weiter, die deutsche Sprache bei Warnhinweisen richtig anzuwenden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden die Warnhinweise auf die wirklichen Einstiegsdrogen beschränken – Zigarren sind keine Einstiegsdrogen – und uns insbesondere auf diesen Bereich konzentrieren. Wir wollen, dass entsprechende Zusatzstoffe nach wissenschaftlicher Bewertung nicht mehr zugelassen werden. Das griffigste und bekannteste Beispiel ist die Mentholzigarette, die wir in einer Übergangsfrist bis zum Jahr 2020 noch akzeptieren, danach nicht mehr. Nach wissenschaftlichen Aussagen bieten solche Aromastoffe einen Anreiz, zu rauchen, und führen mindestens zu einem Gewöhnungseffekt. Soweit mir bekannt ist, hat Helmut Schmidt, der bekannteste Raucher, bis zum Schluss Mentholzigaretten geraucht.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht es ja nicht besser!)

Nicht jeder leidet darunter, man kann auch als Raucher ein hohes Alter erreichen; aber wir müssen verhindern, dass durch Aromastoffe ein leichterer Übergang zur Sucht entsteht. Dafür wollen wir mit der Umsetzung der Richtlinie sorgen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Als ob erwachsene Menschen nicht selber entscheiden könnten, wann sie sterben wollen!)

Ich will den roten Faden wieder aufnehmen: Es wird eine Übergangsfrist von einem Jahr zum Abverkauf der noch nach altem Recht produzierten Zigaretten und Tabakwaren geben, das heißt bis zum 20. Mai 2017. Auch wenn die Frist knapp bemessen ist, bringt sie eine Erleichterung; denn für den einen oder anderen mittelständischen Betrieb ist die technische Umstellung schon eine große Herausforderung.

Wir werden E-Shishas und E-Zigaretten einbeziehen, zumal der Bundesgerichtshof sie erst vor kurzem, quasi vorauseilend zur jetzigen Gesetzgebung, mit Tabakprodukten gleichgestellt hat. Wir müssen verhindern, dass über die Möglichkeit, mit E-Shishas und E-Zigaretten Umwege zu organisieren, der Tabakkonsum im Ergebnis doch nicht sinkt. Man lese die jährlichen Berichte der Kollegin Mortler, der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, in denen sie detailliert darstellt, welche Probleme und Gefahren daraus entstehen. Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg hat uns auf diesem Weg auch sehr unterstützt.

Es geht um gesundheitlichen Verbraucherschutz und darum, dass Werbung für Zigaretten in den Bereichen, wo sie allgemein zugänglich sind, nicht mehr vorkommt. Bereits seit 2006 ist die Werbung für Zigaretten in Medien, Zeitungen, Fernsehen usw. nicht mehr erlaubt.

Wir werden in der Beratung eines weiteren Gesetzes zur Umsetzung einer entsprechenden WHO-Richtlinie über Außen- und Kinowerbung zu sprechen haben. Nach der Notifizierung durch die Europäische Kommission werde ich zeitnah eine entsprechende Vorlage vorlegen. Es geht nicht darum, die Möglichkeit des Erwerbs einzuschränken. Es geht vielmehr darum, denen, die bisher nur eine Idee von einem Geschmack haben, die Idee und den Geschmack zu vergällen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD])

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