Rede zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Präsident!

Die vereinbarte Lösung wahrt die Rechte der EU-Bürger auf Gleichbehandlung ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, sorgt für eine gerechte Infrastrukturfinanzierung und erleichtert den Übergang zu einer emissionsarmen Mobilität.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das sind die Worte der EU-Kommission zur deutschen Maut.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Dobrindt, wir sind nicht beim Nockherberg!)

Das ist die Sichtweise Europas gegenüber der deutschen Maut. Europa und die EU-Kommission sind deswegen so überzeugt von der Maut, weil sie den notwendigen Systemwechsel von der Steuerfinanzierung zur Nutzerfinanzierung möglich macht und damit langfristig die Finanzierung unserer Infrastruktur sicherstellt. Das ist der Grund, warum Europa zur deutschen Maut steht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Minuseinnahmen!)

Wir haben eine 100-prozentige Zweckbindung der Einnahmen aus der Maut für Investitionen in unsere Infrastruktur geschaffen.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Einnahmen?)

Wir haben eine ökologische Lenkungswirkung.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für eine Lenkungswirkung?)

Und wir haben ein modernes digitales System geschaffen. Das ist das Konzept für die Pkw-Maut.

Ich möchte an dieser Stelle der EU-Kommission, dem Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und meiner Kollegin Bulc für ihren persönlichen und kontinuierlichen Einsatz ausdrücklich danken, der dieses Ergebnis möglich gemacht hat.

Mit dem Systemwechsel von einer steuerfinanzierten hin zu einer nutzerfinanzierten Infrastruktur vollziehen wir auch den Wechsel von nicht zweckgebundenen Steuermitteln, die die Autofahrer bisher über die Kfz-Steuer zahlen, hin zu einer zweckgebundenen Infrastrukturabgabe, die dorthin fließt, wo sie auch erhoben worden ist, nämlich in den Neubau und den Unterhalt unserer Verkehrsinfrastruktur.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür muss aber erst mal was übrig bleiben! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie denn investieren?)

Wir bewegen übrigens mit der Pkw-Maut bzw. der Infrastrukturabgabe jedes Jahr insgesamt 4 Milliarden Euro vom allgemeinen Steuerhaushalt in den Haushalt des Bundesverkehrsministers.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Ja, jedes Jahr 4 Milliarden Euro. – Das sind dauerhafte und zweckgebundene Investitionen in die Infrastruktur. Das bedeutet, dass wir diese 4 Milliarden Euro jährlich, die der Autofahrer aufbringt, vor anderen wechselnden Begehrlichkeiten sichern und dafür sorgen, dass wir langfristig eine verlässliche Finanzierung unserer Infrastruktur hinbekommen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Ja, das ist die Wahrheit.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Sie hier das Wort „Wahrheit“ bemühen, ist echt ein Witz!)

Wir machen unsere Investitionen in die Infrastruktur zum ersten Mal unabhängig von Konjunktur, Wahlperioden und Koalitionen. Wir gehen nach dem Grundsatz vor, dass der Wohlstand da entsteht und wächst, wo die Infrastruktur funktioniert. „Mobilität finanziert Infrastruktur“ ist der Gedanke, der uns dabei leitet.

Meine Damen und Herren, der Grundgedanke ist, dass wir in diesen Bereichen grundsätzlich eine Zweckbindung einführen wollen. Das machen wir, was die Straße betrifft, bisher schon bei der Lkw-Maut. Das machen wir auch bei der Schiene. Das machen wir übrigens auch bei der digitalen Infrastruktur, beim Glasfasernetz, mit den Frequenzversteigerungen und der digitalen Dividende, die wir wieder investieren. Das machen wir jetzt auch bei der Pkw-Maut, bei der Infrastrukturabgabe. Es gibt dabei, um auch das klar zu sagen, keine Mehrbelastungen für in Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle zahlen weniger, und die Einnahmen steigen – das ist Ihre Logik! Das geht aber nicht! – Lachen des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber zum ersten Mal beteiligen sich alle, die unsere Straßen nutzen, auch gerecht an deren Finanzierung; das müssen Sie sich sagen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir schaffen damit schlichtweg Gerechtigkeit auf unseren Straßen.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen, weil ich ja die Zwischenrufe vernehme, auch sehr klar: Es gibt keinen anderen Verkehrshaushalt in Europa, der so viel Geld einnimmt wie der deutsche Verkehrshaushalt über die Pkw-Maut.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie nicht rechnen können! Nur deshalb! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nehmen erst mal gar nichts ein! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt aber mal ruhig! Sie sind doch gleich dran!)

Kein anderer Verkehrshaushalt erzielt über die Pkw-Maut so hohe Einnahmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

All denjenigen, die meinen, sie könnten mit ihren Zwischenrufen die Frage der Einnahmen aufwerfen, sage ich: In Wahrheit stellen Sie sich doch gegen die generelle Nutzerfinanzierung. Das ist schlichtweg das Problem, das Sie haben. Das, was wir heute schaffen, nämlich langfristig Investitionen in die Straße zu ermöglichen, ist eigentlich das, was Sie nicht wollen. Eine Stärkung des Verursacherprinzips und eine Nutzerfinanzierung, so wie wir das machen, wollen Sie offensichtlich nicht.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! So wollen wir das nicht!)

Wir sagen klar: Wer nutzt, der zahlt; aber er zahlt nicht doppelt. – Sie wollen eine Doppelbelastung der Autofahrer herbeiführen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben uns ja sogar darauf verständigt, dass die Fahrer von Euro‑6-Fahrzeugen zusätzlich in einer Größenordnung von circa 100 Millionen Euro pro Jahr entlastet werden.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es kommen doch nur noch Euro‑6-Fahrzeuge auf den Markt!)

Das ist die ökologische Komponente, die zusätzlich in der Vereinbarung mit der Europäischen Kommission entstanden ist.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine ökologische Komponente! Das ist ein Witz!)

Ich kann Ihnen an dieser Stelle nach den Diskussionen, die ich nach unserer Einigung mit der Europäischen Kommission gehört habe, sagen: Ich habe ganz wenig Verständnis für die Mautmaulerei unserer österreichischen Freunde.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie nicht rechnen können!)

– Ich habe für Ihre kein Verständnis, aber auch nicht für die der österreichischen Freunde.

(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Koalitionspartner ist ja gerade begeistert! Mal wieder!)

Ich finde es durchaus ein bisschen befremdlich, sehr geehrter Herr Behrens, dass Sie die Mautmaulerei der Österreicher in einem Antrag zur heutigen Beratung auch noch als Grundlage dafür nehmen wollen, deutsche Gesetze aufzuheben. Das ist doch kein Durchsetzen deutscher Interessen.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Wir sind halt keine Nationalisten!)

Das ist doch kein Durchsetzen der Interessen der Autofahrer auf der Straße.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Das ist doch eine vorauseilende Kapitulation vor anderen Interessen.

Die Österreicher formulieren an dieser Stelle klar ihre nationalen Interessen und führen eine innenpolitische Debatte nach dem Motto: Alle, die nach Österreich reinfahren, sollen sich an der Straßenfinanzierung beteiligen, aber Österreicher sollen die Straßen in Deutschland unter keinen Umständen mitfinanzieren. – Das ist kein europäischer Gedanke, und Sie wollen dem nachgeben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Um das auch ganz klar zu sagen: Die Österreicher haben vor über 20 Jahren zu Recht eine Maut eingeführt – mit erheblichsten Entlastungen der Österreicher durch ein hohes Anheben der Pendlerpauschale.

Ich habe mir das vor kurzem auch wieder selber angeschaut. Auf meinem sehr kurzen Weg nach Italien – 3,5 Stunden Fahrt bis an meinen Zielort – habe ich das Pickerl an der Grenze, die Brenner-Maut und die Gebühr für die Nutzung der Autostrada bezahlt, und das Gleiche habe ich auch auf dem Weg zurück bezahlt. Das hat in der Summe 64 Euro Maut gekostet. Ich sage Ihnen: Ich habe das ganz selbstverständlich und auch gerne bezahlt, weil ich auf guten Straßen sicher an meinen Urlaubsort und wieder zurückgekommen bin.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit haben Sie jetzt Ihre Motivation offengelegt! Wenn Klein-Dobrindt zahlen muss, führen wir in Deutschland ein Bürokratiemonster ein!)

Aber mit der gleichen Selbstverständlichkeit erwarte ich, dass die anderen auch zahlen, wenn sie auf unseren guten Straßen unterwegs sind.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit hat Klein-Dobrindt seine Motivation offengelegt!)

Die Maut, wie wir sie umsetzen, hat in der Tat auch eine ökologische Lenkungswirkung.

(Lachen der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])

Besonders umweltfreundliche Fahrzeuge profitieren davon: Elektrofahrzeuge sind komplett von der Maut befreit, Euro‑6-Fahrzeuge werden durch die Maut zusätzlich mit insgesamt rund 100 Millionen Euro entlastet, und von den im Ausland zugelassenen Fahrzeugen profitieren besonders die schadstoffarmen Klasse‑6-Fahrzeuge von günstigen digitalen Kurzzeitvignetten.

So eine ökologische Ausrichtung, wie wir sie umsetzen, würde man sich in vielen anderen Ländern in Europa auch wünschen.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Ökologie, was Sie da machen! Das ist eine Milchmädchenrechnung!)

Sie von den Grünen könnten eigentlich auch anerkennen, dass wir eine Maut einführen, die eine ökologische Lenkungswirkung hat.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hat keine Lenkungswirkung! Es werden nur noch Euro‑6-Fahrzeuge zugelassen!)

Sie wollen aber eigentlich etwas anderes: Sie wollen schlichtweg eine Mehrbelastung der Autofahrer erreichen. Ihr Vorschlag einer streckenabhängigen Maut, die Ihr Vorzeigeverkehrspessimist Winnie Hermann immer wieder fordert, ist alles andere als ökologisch. Das, was Sie vorschlagen, nämlich an jedem Ort, zu jeder Zeit und auf jedem Kilometer Straße eine eigene separate Gebühr, eine eigene Maut, zu erheben, führt klassisch zu einer deutlichen Mehrbelastung der Autofahrer – gerade derjenigen, die darauf angewiesen sind: in den ländlichen Regionen, der Familien und der Pendler.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben genau das nicht! Lesen Sie das einmal genauer!)

Sie wollen sie mehr belasten, wir wollen keine Doppelbelastungen schaffen. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie fordern die Totalmaut mit Mehrbelastungen, Sie wollen die Citymaut, Sie wollen die Kfz-Steuer erhöhen, Sie wollen den Sprit verteuern. Ich kann Toni Hofreiter hier wörtlich zitieren; Zitat Toni Hofreiter: „Das Benzin ist immer noch zu billig.“ Wenn Sie Benzin verteuern, dann erhöhen Sie die Belastungen der Autofahrer.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das machen Sie doch auch!)

Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.

(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das wollen die ja!)

Es geht in diesem Jahr, wenn wir im September die Wahlen zum Deutschen Bundestag haben, natürlich auch um eine Richtungsentscheidung: Freiheit, Gerechtigkeit und Mobilität mit uns oder Belastungen, Verbote und Stillstand mit den Grünen.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind der Stillstandsminister!)

Die Menschen werden sich das sehr genau anschauen und auch danach entscheiden.

Wir sind für den Systemwechsel. Wir wollen die Nutzerfinanzierung stärken; wir wollen mehr Investitionen in die Straßen. Sie wollen die Belastungen erhöhen und weniger Investitionen in die Straßen. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da klatscht nicht einmal die Union hier!)

Wir führen ein digitales Mautsystem ein. Der gesamte Prozess der Mauterhebung ist digitalisiert. Er ist einfach, schnell und unbürokratisch und führt dazu, dass die Halter der in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge ihren Mautbescheid automatisch bekommen, und die Halter eines im Ausland zugelassenen Fahrzeugs können ihre digitale Vignette einfach online oder per App buchen.

Damit schaffen wir die langfristige Sicherung der Investitionen.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Einnahmen geht es wohl eher nicht!)

Der Investitionshochlauf, den wir in dieser Wahlperiode in der Großen Koalition angestoßen haben, mit einer Steigerung der Investitionen, wie es sie in der Vergangenheit nie zuvor gegeben hat, kann damit verstetigt werden.

Wir haben in dieser Wahlperiode im Bereich der Infrastrukturinvestitionen einen Rekordmittelaufwuchs von über 40 Prozent: von ursprünglich 10 Milliarden Euro, die wir jedes Jahr investiert haben, auf 14 Milliarden Euro jährlich.

Wir haben als Große Koalition in dieser Legislaturperiode die Investitionslücke geschlossen. Wir haben zum ersten Mal einen Bundesverkehrswegeplan, der eine klare Finanzierungsperspektive hat, und wir bleiben damit in Deutschland Spitze bei Wachstum, Wohlstand und Arbeit.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Das ist die Grundlage unserer Politik, und das ist auch die Chance, die langfristige Finanzierung der Infrastruktur mit der Zweckbindung der Mittel sicherzustellen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Chance, sondern ein einziges Risiko!)

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