Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Volker Ullrich in der Bundestagsdebatte zum Schutz vor sexuellem Missbrauch, IP-Adressenspeicherung, 18.1.2024:

Frau Präsidentin! 
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Aus der Schutzpflicht unserer Verfassungsordnung für Leib und Leben ergibt sich auch die Verpflichtung, diejenigen rechtsstaatlichen Mittel einzusetzen, die es braucht, um missbrauchte Kinder zu schützen und diese Straftaten aufzuklären. An diesem Grundsatz werden wir nicht rütteln. Und wir sind nicht bereit, hinzunehmen, dass jährlich über 20.000 Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und deren Abbildungen nicht aufgeklärt werden können, weil der Rechtsstaat die Mittel, die er unternehmen könnte, nicht unternehmen kann, weil wir kein Gesetz hinbekommen. Das ist unerträglich und ein Schlag ins Gesicht der Opfer.

Nachdem hier einige Nebelkerzen geworfen worden sind, will ich es einfach noch mal klarstellen: Wir reden nicht über eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung.

Das ist durch das Urteil des EuGH geklärt. Es geht jetzt darum, dass wir die rechtlichen Möglichkeiten nach dem Urteil des EuGH vom September 2022 nutzen, der nämlich gesagt hat, dass aus Gründen des Schutzes der nationalen Sicherheit oder übergeordneter Rechtsgüter eine begrenzte Speicherung von IP-Adressen angemessen und geboten sein kann. Diesen höchstrichterlichen Spielraum wollen wir in nationales Recht umsetzen. Warum? Weil es um den Schutz höchstpersönlicher Güter geht, und da lassen wir nicht mit uns reden, meine Damen und Herren.

Nun wird immer gesagt, man müsse mehr Wert auf Prävention legen oder Kinderrechte ins Grundgesetz schreiben. Der entscheidende Punkt ist: Es geht hier um Ansatzpunkte für Ermittler. Und selbst wenn Kinderrechte im Grundgesetz stünden, wäre das noch keine Rechtsgrundlage für Ermittler, die entsprechenden Schritte durchzuführen.

Sie brauchen die IP-Adressen-Speicherung, weil es nicht vom Zufall abhängen darf, ob Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern aufgedeckt werden können oder nicht. Da werden wir nicht lockerlassen.

Wenn man sich die Einlassungen der Bundesinnenministerin vor Augen führt, die immer wieder, auch schon im September 2022, darauf hingewiesen hat – ich zitiere Nancy Faeser –: „Wir müssen die IP-Adressen für die Ermittlungsbehörden verfügbar haben“, dann kann ich Ihnen zurufen: Wir stehen bei diesem Vorhaben an der Seite der Innenministerin. Lassen Sie uns doch gemeinsam einen Gesetzentwurf vorlegen, der eine begrenzte IP- Adressen-Speicherung zur Verhinderung und zur Aufklärung sexueller Gewalt gegen Kinder und, wenn Sie wollen, auch für den Schutz von Leib und Leben und zur Verhinderung vor Terrorismus erlaubt! Sie haben sogar jetzt noch die Möglichkeit, Herr Kollege Fiedler, einen Änderungsantrag zu stellen. Man könnte von den sechs Monaten runtergehen und sagen: Lasst uns doch auf zwei Monate einigen. Dann hätten wir im Gesetz eine Speicherfrist von zwei Monaten, und in zwei Monaten kann schon eine Vielzahl von Fällen aufgeklärt werden. Das könnten wir sofort machen. Aber, ich finde, Sie sollten sich zunächst innerhalb der Koalition einig werden, ob wir diesen Weg gemeinsam gehen können. Wenn Sie in der Koalition keine Mehrheit haben, bieten wir Ihnen an, dass wir beim Thema Kinderschutz gemeinsam mit Ihnen eine Mehrheit sicherstellen. Aber klären Sie das in der Ampel!

Vor allen Dingen: Verzögern Sie nicht länger die Verabschiedung eines Gesetzentwurfs! Die Beantwortung der Frage, wie wir Kinder schützen, wie wir schwerste Straftaten im Rahmen eines geordneten Verfahrens und im Rahmen der europarechtlichen Zulässigkeit aufklären, ist nichts, was noch lange verzögert werden darf. Wir haben über 16 Monate darauf gewartet, dass dieser Antrag überhaupt verabschiedet werden kann. Deswegen darf es nicht länger zu Verzögerungen bei diesem Thema kommen.

Herzlichen Dank.

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