Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Volker Ullrich in der Bundestagsdebatte zum Cannabisgesetz, 18.10.2023:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich muss schon sagen: Für einen Drogen- und Suchtbeauftragten der Bundesregierung war das ein enttäuschender Auftritt, Herr Kollege Blienert.

Sie haben vor allen auch diejenigen enttäuscht und vor den Kopf gestoßen, die seit vielen Jahren für Aufklärung, Gesundheitsschutz und Drogenprävention einstehen. Ihre Arbeit wird dadurch entwertet.

Cannabis ist eine Droge, eine psychoaktive Substanz, die bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum 25. Lebensjahr die Gehirnentwicklung nachhaltig schädigen kann. Eine Teillegalisierung ist falsch. Mediziner warnen davor.

Es widerspricht allen Bemühungen um Prävention und stellt Sie vor eine unlösbare Aufgabe. Einerseits vor dieser Droge warnen zu wollen und auf der anderen Seite der Teillegalisierung das Wort zu reden, damit verbessern Sie nicht den Jugendschutz. Das ist eine Täuschung.

Herr Gesundheitsminister Lauterbach, Sie müssen sich entscheiden und Sie müssen der Öffentlichkeit darlegen, ob Sie auf der Seite des Gesundheitsschutzes und der Prävention stehen oder auf der Seite der Freigabe von Drogen. Das erwarten wir von Ihnen.

Mit diesem Gesetz wird auch ein gesellschaftliches Klima geschaffen, dass der Konsum von Cannabis noch normaler wird.

Damit wird eine Nachfrage nach dieser Droge generiert. Diese Nachfrage werden Sie nicht in den Social Clubs decken können, sondern Sie werden ein weiteres Anwachsen des Schwarzmarktes als Antwort bekommen. Das ist unverantwortlich.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke von Ates Gürpinar?

Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU):

Ja.

Ates Gürpinar (DIE LINKE):

Die Frage muss ich doch noch stellen: Kennen Sie die spannenden Mafiafilme aus den 20er- und 30er-Jahren, in denen es um das Alkoholverbot ging? Die Mafia hat immer dafür gekämpft und Alkohol durchgedealt. Glauben Sie, die Menschen in den USA in den 20er-Jahren haben gesünder mit dem gedealten Alkohol gelebt, oder ist der Alkohol, wenn die Qualität kontrolliert wird – ich vergleiche das jetzt zum Beispiel mit dem bayerischen oder dem deutschen Reinheitsgebot –, nicht ganz so schädlich? Ich würde von Ihnen noch eine Transferleistung erwarten: Würden Sie das beim Cannabis genauso sehen, oder sehen Sie es da gegenteilig?

Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU):

Herr Kollege, das ist ein klassisches Ablenkungsmanöver.

Sie lenken den Blick auf Alkohol, obwohl wir jetzt über die Gefahren von Cannabis reden. Wir müssen darüber reden, dass in diesem Gesetz die Strafvorschrift für die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige abgesenkt wird.

Damit machen Sie es den Strafverfolgungsbehörden schwerer, und damit erleichtern Sie Organisierte Kriminalität. Das ist der Kern unseres rechtsstaatlichen Kritikpunktes. Sie werden zukünftig weniger Handhabe gegen Dealer und gegen den Schwarzmarkt haben, und das ist unverantwortlich.

Mir macht auch Sorge – das ist heute noch nicht angesprochen worden –, wie leichtfertig Sie mit zwingenden Vorschriften des internationalen Rechts umgehen. Mit diesem Gesetz verstoßen Sie gegen das UN-Einheitsübereinkommen über psychotrope Substanzen.

Sie verstoßen auch gegen das Schengener Übereinkommen und den EU-Rahmenbeschluss.

Wir können keine Teillegalisierung von Cannabis vornehmen, die nicht völker- und europarechtskonform ist. Wir sollten uns an die Vorschriften des internationalen Rechts halten. Das steht unserem Land gut zu Gesicht.

Dieses Gesetz ist in der Praxis nicht kontrollierbar, schafft weitere niedrigschwellige Einstiegsmöglichkeiten in eine Droge und ist eine fatale Entwicklung für die Drogenprävention.

Die Menschen fragen sich: Haben wir mit Medikamentenmangel, mit der Krise bei der Pflege, mit dem Wandel der Krankenhauslandschaft nicht größere Probleme, die wir jetzt angehen müssten, als eine Droge zu legalisieren?

Herzlichen Dank.

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