Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz in der Bundestagsdebatte zur Einsetzung eines 2. Untersuchungsausschusses, 14.6.2024:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Am Schluss noch mal zur Frage, um was es beim geplanten Untersuchungsausschuss eigentlich geht.
Es geht um die Frage, nach welchen Maßstäben bei der Abschaltung der letzten Kernkraftwerke entschieden wurde, objektiv oder nach grüner Parteilogik. Es geht darum, dass zugesichert wurde, dass ergebnisoffen, ohne entsprechende Denkverbote geprüft werden würde, und dass das allem Anschein nach eben nicht gemacht wurde. Es war so, dass die Fachebene nicht gehört, ja, von der Leitungsebene ignoriert wurde bzw. – noch schlimmer – dass kritische Stimmen womöglich unterdrückt wurden, Vermerke zurückgehalten und geändert wurden, dass Parteilogik, dass Ideologie vor die Interessen des Landes und der Menschen gestellt wurde. Darum geht es. Es geht darum, dass der Vorwurf im Raum steht, dass Sie bewusst getäuscht haben, als es um die Frage der Abschaltung der letzten Kernkraftwerke ging.
Und ja, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. In der größten Energiekrise nach dem Krieg wurde eben nicht alles gemacht, was hätte gemacht werden können. Es hieß: „kein Stromproblem“, es hieß: „keine Brennstäbe verfügbar“, es hieß: „die Betreiber wollen gar nicht“, es hieß: „kein CO2-Effekt“ – alles unhaltbar im Nachhinein, aber eigentlich auch schon damals. Es wurde getäuscht, es wurde getrickst, und infolgedessen wurden Abermillionen an volkswirtschaftlichem Vermögen vernichtet, und das, meine Damen und Herren, ist ein Skandal.
Parteipolitik, Parteilogik kam also vor dem Wohl des Landes. Es ist doch offensichtlich, dass Sie gerade versuchen, eine ganz andere Geschichte zu erzählen. Frau Mihalic, Frau Scheer, Herr Mesarosch, es ist doch so – das will ich Ihnen sagen –: Geschichtenerzählen gehört schon manchmal zur Politik. Aber Politik ist nicht nur, Geschichten zu erzählen. Sie versuchen doch gerade, damit die eigentliche Frage gar nicht zu beantworten, nämlich die einer möglichen Täuschung, und widmen sich lieber der Oppositionsbeschimpfung, betätigen sich als Märchenerzähler und als Nebelkerzenwerfer.
Das ist im Grunde doch unwürdig, und auch das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Übrigens wurden mutmaßlich nicht nur die Öffentlichkeit und die Opposition getäuscht – schlimm genug –; es wurde ja auch der eigene Koalitionspartner getäuscht. Deswegen bin ganz dankbar, dass sich auch Michael Kruse für einen Untersuchungsausschuss ausspricht, heute, aber auch schon zu früheren Zeiten. Wir wollen hier die Serviceopposition sein. Letztlich geht es ja auch darum, welche Entscheidungsgrundlage der Bundeskanzler hinsichtlich der Frage des Streckbetriebs hatte. War da die Aktenlage anders? Auch das gilt es entsprechend aufzuklären, meine Damen und Herren.
Jetzt fragen viele: Warum zurückblicken, warum nicht nach vorne? Diese Entscheidungen haben Auswirkungen auch auf die Zukunft, Stichwort „Wettbewerbsfähigkeit des Landes“, Stichwort „Kohleausstieg“. Aber auch die Abläufe in den Ministerien haben Auswirkungen. Dazu ist es zunächst wichtig, zu wissen, was das System Graichen im BMWK bewirkt hat und inwiefern es noch agiert, inwiefern hier weiter unsachgemäße Entscheidungen getroffen werden, die dem Land schaden. Auch das muss der Untersuchungsausschuss aufklären, meine Damen und Herren.
Auf der Website der Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundestages stehen drei Gründe für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses: wenn sich Politikerinnen oder Politiker möglicherweise falsch verhalten haben, wenn es mögliche Missstände in Regierung und Verwaltung gibt oder wenn die Regierung einen bestimmten Vorgang nicht gut erklären kann.
Ich würde sagen: dreimal Haken dran.
Wir wollen vollständige Aufklärung. Wir wollen Transparenz. Wir wollen aber auch Verantwortlichkeit schaffen. Deswegen wollen wir dafür einen Untersuchungsausschuss einsetzen.
Herzlichen Dank.
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