Rede zum 3. Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Deutschen werden, wenn alles gut geht, auch in diesem Jahr sicherlich wieder mit zu den reisefreudigsten Nationen gehören. Der Trend der letzten Jahre ist schier nicht aufzuhalten. In einer aktuellen Umfrage haben 28 Prozent der befragten Haushalte sogar angegeben, in diesem Jahr mehr für ihre Urlaubsreise ausgeben zu wollen als im letzten Jahr. Das ist ein gutes Signal für unsere gesamte Reisebranche, aber natürlich auch für unsere Reisebüros, immerhin fast 10 000 an der Zahl. Sie sorgen dafür, dass wir einen Jahresumsatz von mehr als 23 Milliarden Euro zu verzeichnen haben. Ich glaube schon, dass es uns bei aller Vollharmonisierung des Reiserechts und der Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie darum gehen muss, den Markenkern unserer deutschen Reisebüros – sie sind inhabergeführt, mittelständisch geprägt, vor Ort verankert und unabhängig vom Veranstalter – zu erhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, dass hier in diesem Haus niemand etwas dagegen hat. Ich sehe einen hohen Konsens, dass wir gerade diese Reisebüros und die Onlinedienste gleichstellen, sie auch dem gleichen Wettbewerb aussetzen und dass wir nicht die einen, nämlich die Onliner, den anderen, den Stationären, vorziehen.

Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir bei der Umsetzung dieser Richtlinie, auch wenn sie vollharmonisierend ist, nicht, wie es Frau Kassner so schön sagte, das Kind mit dem Bade ausschütten und unsere Branche mit bürokratischen Lasten überziehen. Dafür haben wir auch keinerlei Anlass. Die Aschewolke 2010 ist genannt worden. Es gab in der deutschen Reisebranche selten den Fall, dass Reisebüros und Veranstalter ihrer Verantwortung in derartig toller Art und Weise gerecht geworden sind wie in dieser höchst schwierigen Situation. Schon damals ist bewiesen worden: Wirtschaftliche Interessen und Verbraucherschutz müssen sich nicht ausschließen, sondern sie können, wenn Verantwortliche gut zusammenspielen, auch Hand in Hand gehen.

Deshalb ist es uns wichtig, dass wir unsere Reisebüros am Leben erhalten. Für den, der eine USA-Reise bucht – Flug, Hotel, Mietauto –, ist das Reisebüro vor Ort Partner seines Vertrauens. Es stellt ihm die besten Angebote zusammen. Es ist natürlich Reisevermittler. Was soll dieses Reisebüro auch sonst sein? Wenn wir alles so umsetzen, wie es jetzt auf dem Tisch liegt, wird das Reisebüro plötzlich Reiseveranstalter und mit der Verantwortung der Durchführung betraut. Das können wir doch, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nicht wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn wir uns darin einig sind, dass wir das nicht wollen, dann müssen wir es parlamentarisch verhindern. Dafür sind wir schließlich auch da.

Es muss einfach weiterhin möglich sein – auch weil es dem Charakter unserer Reisebranche entspricht –, dass man neben dem Pauschalreisevertrieb einem Kunden touristische Einzelleistungen verschiedener Leistungsträger in einem Buchungsvorgang anbietet, ohne dadurch zum Reiseveranstalter zu werden, und dass der Kunde das Ganze möglichst auch in einem Bezahlvorgang erledigen kann, dass er nicht pro Leistung immer wieder die Kreditkarte hinlegt und immer wieder einen Reisevertrag unterschreibt. Denn das hat mit Verbraucherschutz nichts zu tun. Das ist einfach nur unnötige Bürokratie und Gängelung der Leute vor Ort, die es gut meinen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Tressel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen glaube ich schon, dass es gut war, dass wir uns bereits in dem Stadium des Referentenentwurfs ordentlich eingespreizt und viele Veränderungen erreicht haben. Damit können wir, glaube ich, zufrieden sein. Aber ich habe gerade skizziert, wo wir noch einige Haken sehen. Da müssen wir uns schon vor Augen führen, unter welchen Prämissen diese Richtlinie entstanden ist: nicht nur unter der Prämisse „Wettbewerbsgleichheit zwischen Onlinern und stationären Reisebüros“. Man hat sich vielmehr ein bisschen von Großbritannien und anderen europäischen Ländern treiben lassen, die über sehr große Veranstalter verfügen, die keine inhabergeführten, keine eigenständigen Reisebüros haben, sondern nur Reisebüros, die an einem Veranstalter hängen, die sich mit allem viel leichter tun. Es kann nun wirklich nicht sein, dass unsere typische Struktur, wie ich sie gerade beschrieben habe, darunter zu leiden hat. Insofern haben wir eine große Verantwortung.

Es gibt aber auch Veränderungen, die wir alle sehr begrüßen: Ich nenne als Beispiel die Beibehaltung des Sicherungsscheins. Das ist auch Verbraucherschutz. Damit verbinden die Verbraucher, die eine Pauschalreise buchen, hohe Sicherheit. Sie kennen den Grundsatz „Keine Bezahlung ohne Sicherungsschein“, Stichwort „Aschewolke“. Sie wissen: Der Sicherungsschein garantiert mir, dass ich wieder zurückkomme, wenn irgendetwas im Verlauf meiner Reise passiert. Das alles sind wichtige Dinge, die mit deutschen Qualitätsreisen verbunden werden. Dass wir das aufrechterhalten, ist ein gutes Zeichen.

Aber lassen Sie uns jetzt bitte auch gemeinsam die Sorgen der Branche, die ich nicht alle, aber in einem großen Umfang teile, wirklich ernst nehmen und sie nicht bloß als Säbelrasseln abtun. Lassen Sie uns nicht sagen: „Oh Gott, jetzt habe ich die tausendste E-Mail bekommen, ich bin genervt“, sondern lassen Sie uns das ernst nehmen und genau hinschauen, wo wir noch gesetzgeberischen Spielraum haben. Lassen Sie uns diesen Spielraum bitte unbedingt nutzen, soweit es in unserer parlamentarischen Macht steht. Lieber Herr Staatssekretär, wo wir Sie argumentativ und mit unserer vollen Kraft auf europäischer Ebene in den Umsetzungsworkshops unterstützen können, tun wir das natürlich ausgesprochen gerne. Bitte greifen Sie auf unsere Man- und Womanpower zurück. Wir stehen an Ihrer Seite.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Markus Tressel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

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