Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan in der Bundestagsdebatte zum Wolfsbestandsmanagement am 26.4.2023

Meine sehr verehrten Damen und Herren! 

Unsere heutige Debatte zu den Wölfen könnte zeitlich nicht besser passen. Die Almbauern bei uns in den Alpen, in Oberbayern die Almen und im Allgäu die Alpen, stehen vor dem Auftrieb.

Er wäre schon passiert, aber das Wetter hat es bisher noch nicht hergegeben. Das Futter neigt sich dem Ende; die Bauern müssten also momentan täglich auftreiben, werden aber aktuell mit täglichen Berichten über Risse, teilweise in Hofnähe, konfrontiert. In Mittenwald – so habe ich von den Bauern gehört – gibt es das erste Wolfspärchen; dort ist ein Rudel in Aussicht. Und im Sudelfeld zwischen Rosenheim und Miesbach gibt es inzwischen den Bären, der dort rumläuft.

Ich habe mich die Tage mal mit den Bauern unterhalten und darüber gesprochen, wie denn so die Stimmung vor dem Auftrieb ist; normalerweise freuen sich die Bauern darauf. Da könnten Sie ruhig mal zuhören und auch mal mit ihnen selber reden.

Da ist Frust, da ist Wut, da ist Resignation. Da reden die Leute von der Aufgabe ihrer Almen. 

Das Gefühl ist: Der Wolf ist den Politikern in Berlin – insbesondere denen der Ampel – wichtiger als die Bauern, deren Familien, deren Betriebe und Tiere. Er ist Ihnen wichtiger.

Aber Ihnen ist das, was Sie regelmäßig propagieren – Artenschutz, Tierschutz – auch nicht so wichtig, als dass Sie dann vor Ort entsprechend handeln würden; denn eine Alm, die nicht bewirtschaftet wird – –

Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollege Radwan, ich habe die Uhr angehalten und frage, ob Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Rottmann zulassen. – Wenn es dann nachher weitergeht, bitte ich dann auch noch darum, die Anrede des Parlaments und der Präsidentin nachzureichen.

Alexander Radwan (CDU/CSU):
Mache ich sehr gerne. – Ja, gerne.

Vizepräsidentin Petra Pau:
Bitte, Sie haben das Wort.

Dr. Manuela Rottmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wenn Ihnen das Wohl der Weidetierhalter so am Herzen liegt: Warum hat die CSU dann in Bayern über Jahre hinweg die unteren Naturschutzbehörden zusammengespart, und warum schiebt sie das ganze Thema jetzt genau an die unteren Naturschutzbehörden in den Landratsämtern, die dieses Thema ganz sicher nicht bewältigen werden? Ist das nicht einfach nur Show?

Alexander Radwan (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! – Frau Rottmann, es ist schlicht und ergreifend so: Ich wäre ja noch zu dem Beschluss aus Bayern gekommen. Es ist ein mutiger und richtiger Beschluss, dass dort jetzt im Rahmen der Möglichkeiten entsprechend gehandelt wird.

– Ich antworte so, wie ich es für richtig halte. – Lassen Sie mich zu dem, was bisher gesagt wurde, noch eines ergänzend hinzufügen: Dass Ihre Kollegen hier über Kosten und solche Sachen reden, ist purer Zynismus.

Es ist purer Zynismus. Die Bauern fragen sich: „Muss ich jetzt zum Anfüttern meine Tiere hochtreiben?“, und Sie sagen ihnen: „Ja, wenn was passiert, dann kriegst du halt Geld“.

Meine Damen und Herren, darum bin ich froh, dass dieser Beschluss durch die Staatsregierung gefasst wurde, um im Rahmen der Möglichkeiten entsprechend handeln zu können; das erfasst inzwischen alle politischen Ebenen.

– Sie müssen ja mit dem, was ich sage, nicht einverstanden sein; das ist ja in Ordnung.

Sprechen Sie mit Ihren Kollegen auf kommunaler Ebene, in Lenggries, zum Beispiel, und in Bad Tölz-Wolfratshausen. Dort ist es so, dass der Gemeinderat sich am Montag damit beschäftigt und entsprechende Maßnahmen gefordert hat – mit den Stimmen der Grünen. Und die SPD hat sich nur deswegen enthalten, weil sie mehr Informationen möchte. Ansonsten ist das positiv bewertet worden, meine Damen und Herren.

Wenn ich jetzt beim Thema Bayern bin: Der Bund Naturschutz hat ja inzwischen eine Klage angekündigt.

Meine Damen und Herren, der Bund Naturschutz hat bei einer Veranstaltung mit den Almbauern erklärt: Wir wollen eine Koexistenz von Wolf und Almenbauern; aber dort, wo das nicht möglich ist, ist eine Almwirtschaft nicht möglich. Das ist der gleiche Bund Naturschutz, der in den Ministerien sitzt, der die entsprechende Arbeit als Lobbyist für Sie macht, meine Damen und Herren. Da wundert es mich nicht mehr, dass so etwas rauskommt.

Unsere Forderung ist ganz einfach und ganz klar, meine Damen und Herren: Nutzen Sie die nationalen Spielräume! Zu dieser Heuchelei zu Europa, die man die ganze Zeit gehört hat, sage ich nur: Es war die Bundesministerin für Umwelt, die eine Initiative des Europäischen Parlaments, den Schutzstatus herunterzusetzen, blockiert hat, meine Damen und Herren.

Deswegen ist es dringend notwendig, dass die Möglichkeiten auf europäischer Ebene genutzt werden, nämlich dort, wo die Vorgaben herkommen, zu handeln.

Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollege Radwan, ich habe die Uhr schon wieder angehalten. Sind Sie bereit, noch auf eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Skudelny zu reagieren?

Alexander Radwan (CDU/CSU):
Bitte sehr.

Judith Skudelny (FDP):
Ich folge Ihrer Rede sehr aufmerksam und bin empört darüber, dass der NABU plötzlich im BMUV sitzen soll. Mich würde doch mal interessieren, wen genau Sie dort meinen. Ich werde mich sofort um die Angelegenheit kümmern.

Alexander Radwan (CDU/CSU):
Ich habe vom Bund Naturschutz gesprochen, aber wir können uns jetzt darauf einigen: Wir machen mal eine Aktuelle Stunde zum Lobbyismus der NGOs in der Bundesregierung, und da wird das dann entsprechend aufgearbeitet.

Besten Dank. Auf Wiederhören.

Druckversion