Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stefan Müller in der Debatte zur Regierungserklärung durch den Bundeskanzler zum Europäischen Rat am 26./27. Oktober 2023, 19.10.2023:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Wiese, wenn Sie vom Ton sprechen, dann kann ich nur feststellen, dass der „Liebe Freunde“-Brief, den Sie geschrieben haben, den Ton zunächst gesetzt hat. Ich darf mal zitieren: Der Ton wird zunehmend rauer. Die Grenzen zwischen den Rechtspopulisten der AfD und der Union verschwimmen dabei immer weiter.

Das sind nur zwei Sätze aus diesem Brief. Und ich sage Ihnen: Wenn Sie den Ton beklagen, dann würde ich mal vorschlagen, dass Sie sich, was den Ton angeht, mäßigen. Wenn Sie an einer Zusammenarbeit mit unserer Fraktion interessiert sind, sollten Sie solche Briefe nicht schreiben. Eine Einladung zu gemeinsamen Gesprächen ist das nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ich komme gleich darauf zurück, möchte aber mit Israel beginnen. Wir haben heute den zwölften Tag, seitdem Israel von der Hamas angegriffen wurde, seitdem Massaker in Dörfern, auf einem Jugendfestival, an Kindern und Jugendlichen, Frauen, Männern, Alten wie Jungen verübt wurden. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ausschreitungen, die auch in deutschen Städten stattfinden, müssen wir, finde ich, die Gelegenheit einer solchen Debatte nutzen, um ausdrücklich zu sagen und festzuhalten, wer hier Opfer und wer hier Täter ist. Die Israelis sind die Opfer, die Hamasterroristen sind die Täter und nicht andersherum. Ich finde, auch der Deutsche Bundestag muss das immer wieder deutlich machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir können jedem, der im Augenblick auf diesen Pro-Palästina-Demos unterwegs ist, nur raten, sich die Hamas genau anzusehen. Das Logo der Hamas zeigt eine Karte von Palästina, auf der Israel nicht vorhanden ist. In der Charta der Hamas wird explizit zum Töten von Juden aufgerufen. Die Hamas kämpft keinen Befreiungskampf für die Palästinenser, sie führt einen Vernichtungskampf gegen Juden und Israelis. Und deshalb ist unser Platz an der Seite Israels und nirgendwo anders, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ich will nun aber auch einmal zur europäischen Asylpolitik zurückkommen, die Sie, Herr Bundeskanzler, angesprochen haben und die hier schon eine Rolle gespielt hat. Und ich will dazusagen: Wir begrüßen ausdrücklich, dass Sie jetzt Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz in Europa notifizieren wollen und dass Sie sich für eine Reform des europäischen Asylrechts und den Außengrenzschutz einsetzen. Fakt ist aber: Über Monate hat Ihre Regierung, hat diese Bundesregierung die GEAS-Verhandlungen in Brüssel blockiert, behindert und beeinträchtigt.

Statt klare Signale der Steuerung und Begrenzung zu setzen, haben Sie immer weitere Pull-Faktoren in die Welt gesetzt.

Höhere Sozialleistungen, fehlende Kontrolle und die Streichung des Wortes „Begrenzung“ im Aufenthaltsgesetz, das sind die falschen Signale, und darüber sollten Sie sich Gedanken machen.

Ihre Bundesregierung ist der migrationspolitische Geisterfahrer in Europa. Das lässt sich ja belegen. Ich meine, Frau Faeser hat sowohl die Grenzkontrollen als auch den Asylkompromiss wochenlang intern blockiert.

Grüne Europaabgeordnete kündigen an, den EU-Asylkompromiss aufzuweichen oder abzulehnen. Die grüne Bundestagsfraktion hat erst vor vier Wochen Grenzkontrollen öffentlich abgelehnt und sogar gefordert, den illegalen Grenzübertritt nach Deutschland straffrei zu stellen. Herr Bundeskanzler, die Saboteure Ihrer Vorschläge sitzen in den Reihen Ihrer Koalition.

Sie stehen in Europa auf der Bremse. Das ist auch für einen möglichen gemeinsamen Deutschlandpakt zur Migration von Bedeutung.

Und in dem von Ihnen, Herr Wiese, jetzt schon mehrmals zitierten Brief – es wäre übrigens eine gute Gelegenheit gewesen, sich für diese Wortwahl hier zu entschuldigen; das haben Sie leider versäumt – schreiben Sie, dass es keine Einzelmaßnahme, kein Wundermittel gibt. Wer hat denn das behauptet? Genau weil es so ist, haben wir Ihnen am Freitag 26 Vorschläge vorgelegt. Wir würden jetzt gerne Ihre Vorschläge sehen, Ihre Antworten darauf.

Ich kann nur sagen: Wir werden einem Kompromiss nur zustimmen, wenn er die Zahl der zu uns kommenden Migrantinnen und Migranten wirksam und dauerhaft reduziert.

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