Rede zur aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten

Frau Präsidentin! Ich werde versuchen, dem nachzukommen. – Wir führen jetzt eine Debatte unter der Überschrift „Aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten“, und zumindest teilweise debattieren wir schwerpunktmäßig darüber, ob unser Außenminister zu einem Kulturfestival fahren soll oder nicht. Ich würde der Erste sein, der ihn dazu auffordert, das nicht zu tun, wenn ich der festen Überzeugung wäre, dass die Situation in dieser Region dadurch besser würde.

Meine Damen und Herren, indem wir Außenpolitik unter innenpolitischen Aspekten betreiben, tun wir hier teilweise das, was wir in diesen Ländern zutiefst verurteilen und schlimm finden. Wir sollten Außenpolitik in diesem Hohen Hause so betreiben, dass wir versuchen, diese Region zu verstehen.

Mit großer Euphorie sind wir dem Arabischen Frühling begegnet, Frau Brantner. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sollten kommen.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Facebook-Generation!)

Jetzt haben wir aber die Konflikte in der Türkei, in Syrien, im Irak, im Iran, in Libyen, im Jemen und in Saudi-Arabien. In dieser Zeit ist die Region instabiler geworden, nicht stabiler.

Heute hatten wir im Auswärtigen Ausschuss – diejenigen, die dabei waren, können sich sicher daran erinnern – eine Diskussion über die Frage, ob Saudi-Arabien ein Stabilitätsfaktor bzw. Stabilitätsanker ist. Es gab viele Wortmeldungen zur Frage: Ist Saudi-Arabien in dieser Region ein strategischer Partner oder nicht?

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Da liegt das Problem!)

Ich habe gerade Libyen, den Irak, den Iran und die Türkei erwähnt und frage mich, was denn passiert – Herr Nouripour hat die innenpolitische Situation Saudi-Arabiens und die fragile Situation des Königshauses eindrucksvoll dargestellt –, wenn Saudi-Arabien jetzt wegbricht. Glaubt denn irgendeiner in diesem Hohen Hause, dass dann die Welt dort unten besser bzw. stabiler wird? Oder werden dann die Probleme nicht noch größer?

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Bei Syrien haben Sie einen Regime Change gewollt!)

Jetzt müssen wir schauen, dass wir mit dem dort Möglichen entsprechend Politik machen. Man kann immer wunderbar auf den anderen zeigen. Die Situation ist aber schwieriger geworden, was auch Folgen für Deutschland und Europa haben wird.

Es wurde erwähnt, dass der ägyptische Außenminister hier zu Gast ist. Ich habe ihn gestern Abend gefragt, wie er denn die Situation in Bezug auf Saudi-Arabien einschätzt. Ich habe vor einiger Zeit mit dem Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate gesprochen. Das ist keine bilaterale Angelegenheit zwischen Saudi-Arabien und Deutschland. Hier geht es um arabische Solidarität in dieser Region.

Wenn wir darüber nachdenken, was passiert ist oder nicht passiert ist, komme ich nach allen Diskussionen zu dem Ergebnis, dass das Atomabkommen mit dem Iran natürlich eine Herausforderung ist. Wir sollten es dennoch machen, weil es Chancen bietet. Mich überraschen aber diejenigen, die über das überrascht sind, was jetzt in den Golfstaaten passiert. Denn das hatte sich angekündigt. Wir sind dabei, die arabischen Länder in diesem Prozess zu verlieren.

Wir brauchen aber die Türkei, Saudi-Arabien und den Iran, um überhaupt Lösungen zu finden. Es kann nichts Schlimmeres passieren, als diese Länder in diesem Prozess zu verlieren. Jedem hier fällt etwas ein, was dort zu kritisieren wäre. Wir sollten aber nicht argumentieren nach dem Motto: Die einen sind für Menschenrechte und die anderen nicht. Vielmehr stellt sich die Frage, wie wir die Beteiligten erreichen und ein wenig mehr Stabilität in diese Region bringen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Brantner, damit bin ich bei dem Thema, das Sie angesprochen haben. Richtig, der ägyptische Außenminister ist hier in Berlin. Und ich bin froh, dass er hier ist. Das ist wichtig, weil Ägypten noch ein Faktor werden könnte. Wenn wir über Saudi-Arabien nachdenken, müssen wir auch berücksichtigen, dass dieses Land zurzeit den Libanon, Jordanien, Palästina und Ägypten finanziert. Das alles wissen Sie. Wenn sich Saudi-Arabien zurückzieht, dann wird die Welt da unten nicht besser.

Wir müssen alles unternehmen, damit die Menschen in dieser Region eine Perspektive bekommen und wieder ein Stück weit hoffen können. Deshalb spreche ich mit dem ägyptischen Außenminister. Darum werde ich auch wieder nach Ägypten reisen und versuchen, den Menschen mit Hilfe aus Deutschland ein Stück weit eine Perspektive zu geben.

Wenn wir dort einen Schritt weiterkommen wollen, dann geht das nur mit Reiseaktivitäten und im Dialog miteinander. Danach können wir über die nächsten Schritte reden. Es geht aber nicht durch Abbruch von Beziehungen, wie hier durch den „Außenminister der Linken“ argumentiert wird. Und wenn Fischer so gehandelt hätte, wie hier angemahnt wird, hätte er höchstens innerhalb Deutschlands reisen dürfen.

Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

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