10.11.2010
Politische Heuchelei in diesem Land hat eine Farbe, und die ist Grün.
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Rede zu den Vorgängen bei den Castor-Transporten

ZP.1) Aktuelle Stunde
auf Verlangen der CDU/CSU, FDP, DIE LINKE., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Demonstrationen und Vorgänge beim Castortransport

Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Frau Präsidentin!
 
Auch ich zitiere:
Gegen diese Transporte sollten Grüne in keiner Form – sitzend, stehend, singend, tanzend –
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Schreiend!)
demonstrieren.
Jürgen Trittin, Sie hatten wohl Claudia Roth im Sinn, als Sie das formuliert haben.
 
Und es geht noch weiter:
Diejenigen, die durch ihre Aktion auf den Gleisen dazu beigetragen haben, dass die Castorbehälter einen Tag später als geplant angekommen sind, haben … sich … rechtswidrig verhalten und Rechtsbruch begangen …
Jürgen Trittin 2001.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
 
Sehr geehrter Herr Trittin, das ist der entscheidende Unterschied: Wenn Sie in der Regierung sind, wenn Sie Umweltminister sind, dann halten Sie Castortransporte für notwendig. Sie haben Castortransporte angeordnet und gesagt, man dürfe nicht gegen sie demonstrieren. Jetzt, da Sie in der Opposition sind, mischen Sie sich unter die Demonstranten und heizen den Protest auch noch an. Politische Heuchelei hat eine Farbe in diesem Land, und die ist Grün.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Blau-Weiß!)
 
So handelt übrigens nur ein Politiker, dem die Glaubwürdigkeit abhandengekommen ist oder der bereit ist, die Glaubwürdigkeit mit Füßen zu treten, oder der auf Glaubwürdigkeit pfeift.
 
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, Glaubwürdigkeit heißt immer Seehofer!)
 
Liebe Frau Roth, Sie haben bei all Ihren Versuchen, über Laufzeitverlängerung, Geld und anderes zu reden, eines vergessen: Sie haben vergessen, zu erwähnen, dass unter Ihrer Verantwortung Kernkraftwerke in Deutschland betrieben werden. Sie haben vergessen, zu erwähnen, dass Rot-Grün in München Eigentümer eines Kernkraftwerks ist, nämlich Isar 2. Eine Münchener Zeitung hat den rot-grünen Bürgermeister, der sich dazu bekennt – er sagt, SPD und Grüne sind seit 1990 in einem Regierungsbündnis in einer Kommune, die ein Kernkraftwerk besitzt –, gefragt, er sei wohl der Einzige in Deutschland, der als Kernkraftwerksbetreiber am Samstag demonstriert habe, und ob es nicht sinnvoll wäre, darüber nachzudenken, sich von so etwas zu trennen. Darauf sagte der rot-grüne Bürgermeister: Moralisch macht es keinen Unterschied, ob die Stadt vom Kaufpreis profitiert oder von der alljährlichen Rendite aufgrund der Laufzeitverlängerung. – Das ist die Moral von Rot und Grün in diesem Land. Machen Sie den Menschen doch nichts vor!
 
(Ulrich Kelber [SPD]: Was hat man Ihnen in den Kaffee getan?)
 
Sie sind bereit, Kernkraftwerke in eigener Verantwortung zu betreiben. Trotzdem reden Sie vom Abschalten und davon, dass nur dadurch andere in der Lage sind, in die Energieversorgung zu investieren.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Rot-grüne Narrenkappe! – Zuruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
 
Frau Künast spricht von einer Sternstunde der Demokratie,
 
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke für das Zitat!)
 
und das angesichts von 131 verletzten Polizisten und zig Millionen Euro Kosten. Es wurden Gleise beschädigt, und es wurde zum Schottern aufgerufen. Sie haben dafür gesorgt, dass Polizisten von der Versorgung abgeschnitten wurden.
 
(Frank Schwabe [SPD]: Die Polizisten sind doch sauer auf Sie! Fragen Sie sie einmal!)
 
Sie bekamen deswegen kein Essen und konnten nicht abgelöst werden.
 
(Kirsten Lühmann [SPD]: Ich hätte Ihnen die Wege zeigen können! Die waren alle offen!)
 
Das – nämlich Gleise beschädigen, Gleise schottern – ist die Demokratie, wie sie sich vielleicht die Grünen vorstellen. Das hat aber mit einer Sternstunde der Demokratie nichts zu tun. Was Sie in diesem Land durchsetzen wollen, ist eine Perversion von Demokratie.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)
 
Polizisten von der Versorgung abzuschneiden, ist ein generalstabsmäßiges Vorgehen.
 
(Kirsten Lühmann [SPD]: Die waren nicht abgeschnitten! Sie sagen die Unwahrheit!)
 
Das ist militärische Schule. Ein solches Verhalten kann man nur von den Grünen mit ihrer APO-Vergangenheit lernen. Frau Roth, ich bleibe dabei: Sie outen sich als der politische Arm von Aufrührern, Brandstiftern und Steinewerfern. Das ist die grüne Realität in diesem Land.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
 
Politik ohne Verantwortung, Politik ohne jegliche Grenzen, Protest ohne Gewissen, Protest ohne Rücksicht auf die Menschen in diesem Land:
 
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da kriegt man richtig Sehnsucht nach Söder, wenn man das hört! Sie sind nicht sehr unterhaltsam, Herr Dobrindt! Ich bin enttäuscht!)
 
Das ist undemokratisch und unparlamentarisch. Bei der Bundestagswahl 2009 waren Sie gegen die Energiepolitik, die wir vorgeschlagen haben. Aber Sie haben keine Mehrheit für Ihre Position bekommen.
 
(Zuruf von der FDP: Richtig!)
 
Es wäre jetzt demokratisch – Sie reden doch von Demokratie –, wenn Sie einmal akzeptieren würden, dass Sie keine Mehrheit bekommen haben.
 
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dafür muss man nicht die Verfassung brechen, wie Sie es tun!)
 
Obwohl die Menschen Ihnen das Vertrauen nicht gegeben haben, gehen Sie auf die Straße und protestieren. Das ist undemokratisch; das hat mit Demokratie überhaupt nichts zu tun. Sie müssen akzeptieren, dass Sie abgewählt worden sind.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Demonstrationsrecht ist das wichtigste demokratische Grundrecht! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)
 
Sie sind schlechte Verlierer. Wir haben vor der Wahl deutlich gemacht, was wir nach der Wahl umsetzen wollen. Wir haben dargestellt, wie die Energiepolitik in diesem Land ausschauen soll. Dafür haben wir das Vertrauen der Bürger bei der Bundestagswahl bekommen. Sie haben dieses Vertrauen nicht bekommen. Sie treten jetzt die Demokratie mit Füßen. Noch einmal: Politische Heuchelei in diesem Land hat eine Farbe, und die ist Grün. Dabei bleibe ich.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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