Aufklärung 01.03.2018
„Amri-Untersuchungsausschuss“ nimmt Arbeit auf
Zahlreiche Menschen stehen am 19.12.17 an der Gedenkstätte für die Opfer des islamistischen Terroranschlags
© picture alliance / Bernd von Jutrczenka / dpa

Vor gut einem Jahr raste der Terrorist Anis Amri mit einem gestohlenen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz und tötete zwölf Menschen. Rund 70 wurden verletzt. Am Donnerstag setzte der Bundestag einen Untersuchungsausschuss ein, um die Vorgänge lückenlos aufzuklären und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

„Wir werden die Arbeit des Untersuchungsausschusses sehr intensiv und gewissenhaft seriös vorantreiben“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), am Donnerstag im Bundestag. Die CDU/CSU-Fraktion habe sich von Anfang an offen für einen Untersuchungsausschuss gezeigt und seine Einsetzung in der neuen Wahlperiode vorangetrieben. „Vielleicht steckt aber auch eine gewisse Chance darin, dass wir erst jetzt, also relativ spät, auf Bundesebene diesen Untersuchungsausschuss einrichten; denn im Lichte der schon vorhandenen Erkenntnisse und Informationen können wir eine Gesamtschau vornehmen“, so der CSU-Politiker.

Zusammenarbeit von Bund und Ländern verbessern

Der Ausschuss soll der Frage nachgehen, warum im Fall Amri das Zusammenwirken von Ausländerbehörden, Polizei und Nachrichtendiensten nicht funktioniert hat. Neben der lückenlosen Aufklärung der Tatumstände geht es auch darum, über die bessere Zusammenarbeit von Bund und Ländern und die Sicherheitsarchitektur in Deutschland zu beraten. So müsse man sich, sagte Mayer, intensiv mit den Schnittstellen zwischen Behörden in Bund und Ländern befassen, ebenso wie mit der Kooperation der Sicherheitsbehörden auf europäischer und internationaler Ebene. Zudem werde der Opferschutz und die Verbesserung der Opferentschädigung eine wichtige Rolle spielen. Deutlich wurde Mayer in Richtung AfD: Die Unionsfraktion werde nicht zulassen, dass der Untersuchungsausschuss „als Fanal hinsichtlich der Flüchtlings- und Migrationspolitik der Bundesregierung missbraucht wird.“ Aufgabe sei, in der Zukunft Anschläge wie den auf dem Breitscheidplatz möglichst zu verhindern oder verhindern zu helfen.

Vorgänge im Detail aufklären

Auch Volker Ullrich, innenpolitischer Sprecher der CSU im Bundestag, begrüßte die Einsetzung des Untersuchungsausschusses: „Es ist unbedingt notwendig, die Vorgänge im Detail aufzuklären und insbesondere zur Person des Attentäters und dessen Umfeld sowie das Handeln der zuständigen Behörden genau aufzuarbeiten.“ Sollten sich daraus Defizite ergeben, müssen die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden, so Ullrich.

Konstituierende Sitzung am Abend

Der Ausschuss kommt noch am Abend zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Den Vorsitz des Gremiums übernimmt der CDU-Abgeordnete Armin Schuster. Es ist der erste Untersuchungsausschuss des Bundestages in dieser Wahlperiode. Die Landesparlamente von Berlin und Nordrhein-Westfalen hatten bereits vor einigen Monaten ähnlich Gremien eingerichtet.

Hintergrund:

In Berlin starben am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen und rund 70 wurden verletzt, als der Terrorist Anis Amri mit einem gestohlenen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz raste. Der Tunesier wurde auf der Flucht kurz darauf in Italien von Polizisten erschossen. In dem Fall gab es eine ganze Serie von schweren Fehlern. Amri war ein bekannter Islamist, Gefährder und verurteilter Straftäter, der eigentlich hätte abgeschoben werden sollen, aber stattdessen mit diversen Identitäten unterwegs war und die Behörden täuschte.