Rede zur europäischen Agrarpolitik

17.) Beratung BeschlEmpf u Ber (10.A.)
zum Antrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Gesundheitsscheck der europäischen Agrarpolitik - Mit Klimabonus zu Klimaschutz, guter Ernährung und nachhaltiger Entwicklung
- Drs 16/7709, 16/8534 -

„Gesundheitscheck der europäischen Agrarpolitik – Mit Klimabonus zu Klimaschutz, guter Ernährung und nachhaltiger Entwicklung“ – Die Grünen haben mit ihrem Antrag eine kluge Überschrift gewählt, aber der Inhalt ist mehr als fragwürdig. Gott sei Dank, dass die Grünen nicht alleine über europäische Agrarpolitik entscheiden können. Die vorgesehene Gesundheitsüberprüfung würde sonst zu einer Totaloperation werden.

Selbst die EU-Kommission hat bis zum heutigen Tag betont, dass sie mit dem Gesundheitscheck keine grundlegenden Reformen einleiten wolle. Kommissarin Fischer-Bohl ist jetzt monatelang durchs Land gereist bzw. hat reisen lassen und immer wieder von Vereinfachung, von Verbesserung, von Vereinheitlichung gesprochen – nicht mehr und nicht weniger. Und Sie tun so, als wenn die letzten Reformen 20 Jahre her wären und jetzt alles auf den Kopf gestellt werden müsste.

Die Wahrheit ist: Die Gemeinsame Agrarpolitik, GAP, ist die am weitesten integrierte gemeinschaftliche Politik der Europäischen Union mit weitreichenden Folgen für die Mitgliedstaaten und ihre Regionen. Ihr Fundament ist das europäische Agrarmodell, das heißt, eine multifunktionale Landwirtschaft. Ich bin stolz, dass wir eine so vielfältige Landwirtschaft haben. Mit ihren Produktions- und Betriebsformen hat sie weltweit Vorbildcharakter.

Die umfassenden Agrarreformen der vergangenen Jahre haben unsere GAP modernisiert und immer wieder angepasst. Sie stellen unsere Landwirte auch in Zukunft vor große Herausforderungen. Seit 2005 werden die letzten tiefgreifenden Beschlüsse zur europäischen Agrarpolitik auf unseren Höfen umgesetzt, und sie sind längst nicht abgeschlossen. Mitbeschlossen wurde diese Reform von Ihrer damaligen Landwirtschaftsministerin. Sie steht für mich persönlich im Wort, diesen Rahmen, wie versprochen, auch bis 2013 zu erhalten. Unsere Landwirte erwarten völlig zu Recht Verlässlichkeit und sichere Rahmenbedingungen.

Auch australische Farmer haben uns in der letzten Sitzungswoche in einer Gesprächsrunde bestätigt:
„Wir müssen schon mit dem Wetter und den Wetterkapriolen fertig werden. Da brauchen wir zumindest einen Rahmen, der nicht auf drei, vier, fünf Jahre, sondern auf zehn Jahre und mehr ausgerichtet ist.“

Deshalb ist es logisch und konsequent, dass wir uns als Unionsfraktion entschieden gegen weitreichende Einschnitte bei der ersten Säule aussprechen. Die Direktzahlungen dieser ersten Säule sind direkt einkommenswirksam. Das heißt, sie kommen zu 100 Prozent bei unseren Betrieben an.

An dieser Stelle möchte ich einmal unseren Verbraucherinnen und Verbrauchern, den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land danken. Die Diskussionen der letzten Monate haben deutlich gemacht, dass die Verbraucher – dass Sie – sogar ausdrücklich wünschen, dass der Bauer einen Ausgleich für niedrige Preise bekommt. Aber sie akzeptieren dies nur dann, wenn dieser Ausgleich auch zu 100 Prozent bei der Bauernfamilie ankommt und nicht im System versickert. Deshalb sollten wir uns jetzt auf die aktuellen Legislaturvorschläge der Kommission konzentrieren. Andererseits müssen wir die Überprüfung des EU-Haushalts im Auge behalten; denn diese steht im nächsten Jahr ebenfalls an.

Es gibt viel zu gewinnen, es gibt aber auch einiges zu verlieren; denn die Verordnungsvorschläge der Kommission zum Gesundheitscheck werden dem Anspruch verlässlicher Politik nicht wirklich gerecht. Glaubwürdigkeit schaut aus meiner Sicht anders aus; denn Modulation bedeutet immer Kürzungen zulasten unserer Betriebe.

Leider erwecken Andersdenkende immer wieder den Eindruck, dass die angedachte progressive Modulation nur Großbetriebe treffen würde. Das ist schlichtweg falsch. Sie würden selbst in meinem landwirtschaftlich klein strukturierten Wahlkreis jeden zweiten Betrieb treffen. Das heißt, bis zu 13 Prozent der Betriebsprämie würden auf einen Schlag gestrichen werden, das, wie gesagt, bei einer kleinbäuerlichen Struktur. In der Praxis sind also bereits kleine und mittlere Bauernhöfe, ob Haupt- oder Nebenerwerbsbetriebe, Milcherzeuger, Schweinebetriebe, Sonderkulturen, Ackerbau und selbst Ökobetriebe mit weniger als 20 Hektar Äcker oder Wiesen betroffen. Aus gesamtdeutscher Sicht finde ich es aber richtig, dass die Degression gefallen ist.

Zu Art. 68: Er ist neu, aber nicht besser als Art. 69, weil es nicht ehrlich und nicht fair ist, wenn ich den Mitgliedstaaten sage: Macht neue Maßnahmen, aber das Geld müsst ihr vorher von den Betriebsprämien, also den Betrieben, holen.

Sie sagen in Ihrem Antrag: „Agrarpolitik ist ein schwarzer Fleck der Klimapolitik.“ Wo leben Sie denn? Nennen Sie mir eine Branche, die für uns Sauerstoff produziert und Kohlendioxid bindet, und das jedes Jahr neu. Das passiert nicht durch Brachflächen, sondern durch ordentliche Bewirtschaftung. Wir fangen doch nicht bei Adam und Eva an. Warum ringen wir im Moment beispielsweise beim EEG um die besten Lösungen? Weil wir uns den Herausforderungen stellen, weil wir wollen, dass über Gülle in den Biogasanlagen Emissionen weiter reduziert werden.

Zu nachhaltiger Entwicklung gehört eine gesunde Pflanze. Wenn ich sie nicht pflege, dünge und guten Pflanzenschutz betreibe, wird sie krank. Das ist wie mit uns Menschen, wenn sich keiner um uns kümmert, wenn wir uns zu einseitig ernähren oder wenn wir keine Medizin nehmen, obwohl wir sie brauchten.

Zur Milch. Wenn die Kommission die Aufstockung der Milchquoten nicht zurücknimmt, dann bekommen wir keine sanfte Landung. Die Kommission provoziert vielmehr mit ihren Vorschlägen eine Bruchlandung. Das zeigt die aktuelle Milchstreikinitiative. Sie ist aus meiner Sicht absolut berechtigt.

„Landwirtschaft stärken, heißt an morgen denken!“ Ein Danke an Euch, liebe ARGE-Landjugend, nach Bayern. Ihr habt mit eurer Bewertung zum Health-Check die Dinge auf den Punkt gebracht. Wir brauchen also keine Wende, wie die Grünen sie fordern. Wir brauchen ein Ende der Wende. Wir brauchen das Geld dort, wo es am besten angelegt ist: bei unseren Bäuerinnen und Bauern. Ich fordere Sie daher auf: Stärken Sie Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer! Nur mit Geschlossenheit im Rücken kann er für unsere Betriebe in Europa das Optimale erreichen. Die deutsch-französische Achse hat das in der Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen.

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