Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle, der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, und der europapolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Stübgen, sowie die Abgeordneten Bartholomäus Kalb und Dr. Hans Michelbach, haben sich anlässlich des Informationsbesuchs des EZB-Präsidenten Draghi im Deutschen Bundestag in einem Statement geäußert. Die Statements im Wortlaut:

Norbert Barthle: Herr Präsident Draghi hat uns soeben in sehr eindrücklicher Art und Weise nochmals die Kernbotschaften seines Programms dargelegt und er hat darauf hingewiesen, dass dieses Programm insbesondere von drei Elementen geprägt ist.

Das ist einerseits das Bemühen, die Unabhängigkeit seines Mandats einzuhalten. Das ist zum zweiten das Bemühen, in jedem Fall die Unabhängigkeit der EZB zu wahren und das ist insbesondere das Bemühen, für Preisstabilität im Euroraum zu sorgen.

Und das war auch der Hauptgegenstand meiner Fragestellungen an den Präsidenten: Wie er sich vorstellt, einen Exit aus diesem Programm gestalten zu können, wie er sich vorstellt, auf Dauer für Preisstabilität zu sorgen. Seine Antworten waren sehr überzeugend und deshalb kann man, glaube ich auch, die Botschaft an die deutschen Bürgerinnen und Bürger senden, dass hier und da geäußerte Inflationsängste unbegründet sind. Sein oberstes Bemühen gilt der Einhaltung der Preisstabilität und darin sieht er auch sich verpflichtet, sich innerhalb seines Mandats.

 

Klaus-Peter Flosbach: Ich darf ergänzen: Neben der Preisstabilität und der Unabhängigkeit übernimmt die Europäische Zentralbank eine neue Aufgabe, nämlich die Bankenaufsicht. Wir unterstützen Herrn Draghi und die europäische Aufsicht, dieses Thema anzupacken, denn die Krise, die vor fünf Jahren ausgebrochen ist, hat wesentlich mit einer Bankenkrise zu tun - und deswegen brauchen wir eine sehr scharfe Kontrolle der europäischen Banken.

Wir legen aber besonders großen Wert darauf, dass hier in erster Linie die großen systemischen Banken kontrolliert werden. Hier sind die Probleme gewesen, durch die internationale Vernetzung – nicht bei den kleinen Banken! Denn ein Drittel aller Banken in Europa sind in Deutschland. Hierbei handelt es sich vor allen Dingen um Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen. Hier brauchen wir eine differenzierte Aufsicht, die proportional genau die Anliegen auch dieser Banken erfasst.

Wir sind sehr skeptisch, was die Umsetzung der aktuellen Planungen angeht, dass bereits in zwei Monaten – also Heiligabend – im Grunde der rechtliche Rahmen für diese Aufsicht stehen soll. Wir erwarten, dass man sich auf die wesentlichen Dinge konzentriert und zusammen mit der deutschen Aufsicht im Laufe des nächsten Jahres dieses Thema angeht.

Wir halten eine Begriff für ganz entscheidend: Qualität geht vor Schnelligkeit. Und deswegen erwarten wir ein zügiges Arbeiten, aber man muss sich auf die wesentlichen Themen konzentrieren, nicht auf die Nebensächlichkeiten.

 

Michael Stübgen: Ein wesentlicher Bestandteil der Diskussion mit Herrn Draghi war der, dass Herr Draghi sehr ausführlich dargestellt hat - und nach meiner Einschätzung überzeugend für fast alle Teilnehmer dieser Gesprächsrunde - in welcher Situation die EZB sich seit 2010 befindet, nämlich in der Situation, dass sie feststellen musste, dass ihre normalen geldmarktpolitischen Instrumente nicht wirken, schlichtweg nicht wirken. Sie haben die Leitzinsen gesenkt, das ist nicht angekommen in den Krisenländern. Im Gegenteil: Es hat bei weiterem Leitzinssenken sogar zu Erhöhung der Spreads in Krisenländern geführt.

Ich glaube, Herr Draghi hat überzeugend dargelegt, dass die Programme die die EZB aufgelegt hat, einmal dieses Security-Market-Programm und jetzt neu dieses OMT, sich daran orientiert, die Funktionalität der Märkte wieder darzustellen. Und er hat auch deutlich machen können, dass alle diese Maßnahmen, die die EZB zur Zeit tut, nicht zu einer massiven Geldmengenvermehrung führt und damit das Inflationsrisiko auch nicht erhöht.

Das belegt auch die Tatsache, dass die Inflation in den letzten drei Jahren nicht gefährlich gewachsen ist, dass sie in diesem Jahr bei 2,7 Prozent, also etwas höher als die Zielmarke 2 Prozent der EZB liegt, ist leicht begründbar durch verschiedene Ursachen, insbesondere Steuer und Einnahmenerhöhung der Krisenländer.

Auf eine wesentliche Frage, dass wir es aber trotzdem mit einer massiven Geldmarktpolitik zu tun haben, zum Einen durch die vielen staatlichen Rettungsprogramme, zum Andern aber auch die Programme EZB. Und wie weit denn die Gefahr ist, dass, wenn z. B. auch die Politik der Geschäftsbanken wieder zu mehr Geldfluss führt, dass dann ein plötzlicher Inflationsschub ausbrechen könnte und welche Möglichkeiten die EZB dann hat, hat Herr Draghi sehr deutlich dargestellt, dass mit verschiedensten Möglichkeiten, weil die EZB sehr genau, sehr genau fünf Jahre voraus die Inflationsrisiken einschätzt, die EZB in der Lage sein wird, diese Inflationsrisiken, wenn sie denn ausbrechen sollten, schnell zu bekämpfen. Ich glaube, das war im Wesentlichen auch überzeugend für uns.

 

Bartholomäus Kalb: Ja, wir konnten heute ja noch den festen Eindruck gewinnen von Herrn Präsident Draghi, dass er mit uns einig ist, was die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank betrifft, auch wenn da oder dort mal die ein oder andere Entscheidung kritisiert wird, ist die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank für uns ein sehr, sehr hohes Gut, das nicht angetastet werden darf. Deswegen stellt sich natürlich dann auch die Frage, ob es überhaupt so klug ist, dass man für die eine oder andere Maßnahme, die ergriffen werden soll, auch eine Konditionalität einführt, denn eine Zentralbank darf nach unserer Überzeugung in ihrem Handeln auf keinen Fall vorausberechenbar und berechenbar und damit irgendwie von den Märkten schon vorhersehbar handeln müssen.

 

Hans Michelbach: Für uns war sehr wichtig, dass deutlich wurde, dass der Präsident Draghi auch die Staatanleihenkäufe durch die EZB in Verbindung mit dem ESM nicht als alleiniges Handlungsmerkmal sieht, sondern dass er letzten Endes auch nach wie vor den Handlungsdruck auf die Regierungen ansieht, dass die Stabilität, die Konsolidierung natürlich dort in den einzelnen Ländern nach wie vor die erste Priorität hat und dass natürlich jetzt die Beruhigung der Märkte in Verbindung mit der EZB der eine Teil ist, aber dass mittel- und langfristig eine Gesamtlösung nur stattfinden kann, wenn auch die Konsolidierungen und die Aufgabenstellungen in den einzelnen Ländern verantwortungsbewusst wahrgenommen wird.

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