Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stephan Stracke zu Leistungen für Asylbewerber, 19.1.2024:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die Ampel hat sich einen Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik auf die Fahne geschrieben. Was Sie unter diesem Paradigmenwechsel verstehen, davon bekommen die Menschen in Deutschland heute einen klaren Eindruck: Expresseinbürgerung nach nur drei Jahren Aufenthalt und die generelle Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft. Das ist der falsche Weg und kündigt einen Kompromiss, der jahrzehntelang gehalten hat, unnötig auf.

Was Sie mit dem Paradigmenwechsel meinen, zeigt auch ein Blick in die Asylstatistik. Waren es 2021 rund 190.000 Asylanträge, die in Deutschland gestellt wurden, so waren es 2023 über 350.000. Dazu kommen noch 1,1 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine. Die Folge Ihrer Migrationspolitik, Ihres Paradigmenwechsels ist eine Überlastung dieses Landes. In den Kommunen bei mir im Wahlkreis werden Zelte an den Landratsämtern aufgestellt, um die Menschen unterzubringen. Wir erleben eine Überlastung in den Kitas, in den Schulen, in den Arztpraxen, in den Behörden. Sie, meine sehr verehrten Vertreter der Ampel, Sie gefährden damit die Stabilität, die Sicherheit und den inneren Frieden in unserer Gesellschaft.

Notwendig ist eine grundlegende Neuordnung unseres Asylsystems auf europäischer wie nationaler Ebene. Und was tut die Ampel? Jetzt endlich setzt sie das um, was die Ministerpräsidentenkonferenz Anfang November letzten Jahres mit dem Bundeskanzler beschlossen hat, was wir lange gefordert und eingefordert haben, nämlich die Bezugsdauer der abgesenkten Asylbewerberleistungen von 18 auf 36 Monate heraufzustufen und die Aufnahme von Arbeitsgelegenheiten für Asylbewerber deutlich zu erleichtern. Jetzt endlich! Ihre Umsetzungsgeschwindigkeit erinnert in diesem Zusammenhang eher an eine Schnecke. Die Ambitionslosigkeit, die Sie hier an den Tag legen, ist tatsächlich erschreckend, und es deutet vor allem auch auf den Zustand innerhalb Ihrer Koalition hin, warum Sie bei diesen einfachen Dingen nicht schneller sind, nicht handwerklich schneller arbeiten.

– Das Deutschlandtempo.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, statt dieses Klein-Kleins der Ampel und statt großer Worte, die in der Realität nichts anderes sind als große Tatenlosigkeit, brauchen wir eine echte Asylwende. Dabei ist es unabdingbar, das Asylbewerberleistungsgesetz neu auszurichten. Die deutschen Sozialleistungen haben sich zu einem Migrationsmagneten entwickelt. Wir gaben allein im Jahr 2022 über 6,5 Milliarden Euro für Asylbewerberleistungen aus. Das muss sich ändern. Wir wollen die Leistungen für Asylbewerber reduzieren.

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Natürlich haben die Asylbewerber einen Anspruch auf die Sicherung ihres Existenzminimums.

Daran rütteln wir auch nicht. Aber der pauschale Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der an dieser Stelle von Ihrer Seite immer wieder kommt, verstellt den Blick darauf, dass die Spielräume in der Tat viel größer sind, als häufig von Ihnen behauptet.

Wir wollen auch nicht pauschal kürzen, sondern es geht uns darum, uns die spezifischen Bedarfe von einzelnen Personengruppen anzusehen. Brauchen denn Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen beispielweise tatsächlich Leistungen für Eintrittsgelder in Kultur- und Freizeitveranstaltungen oder für Zeitungen und Zeitschriften oder vieles mehr aus diesen Bereichen, wenn sie nicht einmal Deutsch sprechen können?

Es bedarf in Erstaufnahmeeinrichtungen ganz bestimmt nicht solcher Leistungen. Das wollen wir dann auch durch eine entsprechende Grundgesetzergänzung absichern, die wir an dieser Stelle vornehmen wollen.

Ein Zweites. Ihnen geht es zu häufig um die Abschiebepraxis. Das Rückführungsgesetz, das Sie gestern beschlossen haben, wird sich in der Praxis als wirkungslos erweisen. Dänemark macht es anders. Dort setzt man nämlich auf freiwillige Ausreisen derjenigen, die kein Aufenthaltsrecht haben.

Genau daran müssen wir arbeiten. Welche Anreize haben denn Ausreisepflichtige, unser Land zu verlassen? Unser Sozialstaat sieht tatsächlich die Möglichkeit von Sanktionen vor, wenn sie ihre Mitwirkungspflicht verletzen, und an dieser Stelle ist es die Ausreisepflicht, die verletzt wird. Deswegen wollen wir die Leistungen hier auf das physische Existenzminimum reduzieren.

Das Gleiche wollen wir auch auf Geduldete erstrecken, solange ihre freiwillige Ausreise tatsächlich rechtlich zulässig, möglich und zumutbar ist. Nur so ordnen wir Deutschland neu: durch eine echte Neuaufstellung des Asylbewerberleistungsgesetzes.

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