Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Andrea Lindholz in der Bundestagsdebatte zur Durchsetzung des Asyl- und Aufenthaltsrechts am 11.5.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Nach Monaten des Zögerns und Zauderns der Bundesregierung hat gestern endlich ein Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt stattgefunden, ein Gipfel, bei dem aber leider die Hauptbetroffenen der aktuellen Lage – das sind die Kommunen – gefehlt haben, und die Kommunen kritisieren zu Recht, dass sie nicht eingeladen waren.

Ein Gipfel der verpassten Chancen

Auch mit Blick auf die gestrigen Ergebnisse muss man leider feststellen: Das war, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Gipfel der verpassten Chancen.

Ja, es gibt für dieses Jahr 1 Milliarde Euro mehr. Das ist gut so; das erkennen wir an. Aber zwei Hauptforderungen der Kommunen sind nicht erfüllt worden: Sie wollten Planungssicherheit haben, Planungssicherheit bei den Finanzen, um für die Bereiche Betreuung und Integration Personal einstellen zu können, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Kommunen haben ein klares Bekenntnis zu einem „atmenden Deckel“ gefordert, und auch das ist gestern nicht gekommen. Wieder hat die Bundesregierung es verpasst, ein ganz klares Signal des Umsteuerns und der Begrenzung der irregulären Migration zu geben; denn unsere Kommunen haben es nicht in der Hand, die Begrenzung vorzunehmen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann nur die Bundesregierung.

Mit zwei Aspekten des Umsteuerns haben wir uns in unseren Anträgen befasst. Es geht zum einen um die Beseitigung von Abschiebehürden und zum anderen um die Einführung von Grenzkontrollen.

Beides war gestern auch Thema auf diesem Gipfel, und zu beidem gibt es auch Ausführungen aus dem Gipfeltreffen.

Kommunen am Limit

Unsere Kommunen sind am Limit. Es fehlt ihnen an Wohnraum, an Schulen, an Kitaplätzen, an der ärztlichen Versorgung und an vielem mehr. Und vor allen Dingen sagen uns die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister eines: Sie haben Probleme dabei, die Menschen, die bei uns sind – und zwar egal ob sie bleibeberechtigt sind oder nicht –, so zu betreuen und zu integrieren, wie wir uns das vorstellen, weil ihnen dazu auch die notwendigen finanziellen Mittel fehlen. Deshalb kann ich nur appellieren, keine sechs Monate mehr zu warten, sondern unseren Kommunen zügig und schnell Planungssicherheit zu geben und eine Verschnaufpause durch die Begrenzung der Migration.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen und sehr geehrter Herr Kollege Lindh, hat nämlich gerade etwas damit zu tun: Humanität in der Migrationspolitik bedeutet eben auch Ordnung, Steuerung und Begrenzung. Unsere Möglichkeiten sind begrenzt; das schildern uns die Kommunen tagtäglich, parteiübergreifend. Wir haben als Union im April einen Aktionsplan vorgelegt, der vieles umfasst hat, und wir haben heute zwei konkrete Vorschläge, die auch gestern eine Rolle gespielt haben:

Was zu tun ist:

Grenzkontrollen. Grenzkontrollen stehen auch als Absichtserklärung in dem Papier, und zwar angelehnt an die Grenzkontrollen, die wir seit vielen, vielen Monaten auch an der Grenze zu Österreich durchführen und die gerade wieder verlängert worden sind.

Die Schleierfahndung ist schon ausgeweitet. Was wir aber brauchen, das sind europäisch notifizierte lageangepasste Grenzkontrollen auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz.

Warum brauchen wir das? Nicht weil die Union nicht auch weiß, dass der Schengenraum eine große Errungenschaft ist, die es zu erhalten gilt, sondern weil wir genau wie Frankreich der Auffassung sind, dass die Lage aktuell so dramatisch ist, dass wir unseren Sicherheitsbehörden alle Instrumente an die Hand geben müssen.

Die Franzosen haben zum 1. Mai 2023 notifizierte Grenzkontrollmöglichkeiten an allen französischen EU-Binnengrenzen, und auch die Franzosen wollen den Schengenraum erhalten.

Die Migranten werden derzeit systematisch erst in die Türkei eingeflogen und dann von dort nach Deutschland geschleust; über Weißrussland kommen sie nach Polen mit dem direkten Ziel Deutschland. Man muss nicht mehr warten, ob ein Flüchtlingsgipfel Ergebnisse bringt, man kann als Bundesregierung unmittelbar handeln.

Man muss die Grenze kontrollieren, man muss mit den Fluggesellschaften sprechen, und man muss sich mit Polen verständigen, wie das funktioniert. Wir haben das vor einigen Monaten gesehen. Wir brauchen kein weiteres Zuwarten, wir brauchen Handeln.

Auch der eingesetzte Rückführungsbeauftragte, der jetzt 100 Tage im Amt ist, hat erst ein kleines Migrationsabkommen mit Usbekistan vorzuweisen.

Der Anteil der Usbeken macht bei der Asylantragstellung innerhalb der ersten vier Monate 62 Personen von 100 000 aus. Ich kann nur sagen – er hat zwei Reisen unternommen; das hat eine Anfrage ergeben –: Herr Stamp, handeln Sie endlich!

Und zu guter Letzt: Man hat sich gestern darauf verständigt, nur Georgien zum sicheren Drittstaat zu erklären. Wir waren letzte Legislaturperiode, liebe SPD, schon weiter. Wir haben hier beschlossen – und es ist im Bundesrat gestoppt worden –, auch die Maghreb-Staaten dazu zunehmen. Handeln Sie endlich! Tun Sie etwas, und reden Sie nicht länger! Wir brauchen dafür keine weiteren sechs Monate. Handeln Sie jetzt!

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