Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005

Franz Josef Strauß war bekannt für seinen scharfzüngigen Humor. Selbst die Statistiker waren vor seinen Sticheleien nicht sicher. So soll Strauß gespottet haben: Wenn man den Kopf in der Sauna hat und die Füße im Kühlschrank, sprechen Statistiker von einer angenehmen mittleren Temperatur. – Dieses Zitat zeugt nicht nur von dem berüchtigten Humor des Herrn Strauß, sondern auch von dem etwas ambi-valenten Verhältnis, das die Politik gegenüber der Statistik pflegt.

Einerseits wird die Statistik gerne belächelt. Nur wenige interessieren sich dafür, wie unsere Statistiken entstehen. Andererseits berufen gerade wir Politiker uns ständig auf alle möglichen Statistiken. Statistische Erkenntnisse helfen uns dabei, Probleme zu erkennen, sie beeinflussen unseren Blick auf die Realität und untermauern unsere Argumente. Statistik spielt also eine entscheidende und häufig unterschätzte Rolle im politischen Diskurs.

Angesichts des Einflusses, den gerade auch der Mikrozensus auf die Politik hat, ist es zweifellos geboten, sich die Hintergründe dieser Statistik genauer -anzusehen. Seit 1957 liefert uns der Mikrozensus Informationen über die Bevölkerungsstruktur, zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Menschen, zu Familie und Lebenspartnerschaft, Arbeitsmarkt und Erwerbstätigkeit, Beruf und Ausbildung. Im Gegensatz zum großen Zensus wird der Mikrozensus jedes Jahr erhoben. Ein Prozent der Gesamtbevölkerung, also rund 830 000 Personen in 370 000 Haushalten, werden dafür befragt.

Wer durch das Zufallsverfahren ausgewählt wurde, ist gesetzlich zur Teilnahme über mehrere Jahre hinweg verpflichtet. Der Fragebogen des Mikrozensus 2014, der zugleich der Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte in Europa dient, umfasst immerhin 186 Fragen. Die Befragten müssen also in erheblichem Maße Zeit opfern. Das muss man berücksichtigen.

Mit der vorliegenden Gesetzesänderung werden nun auch mehrmalige Befragungen einer Person innerhalb eines Jahres eingeführt. Diese sogenannten unterjährigen Befragungen können einen nicht unerheblichen zeitlichen Mehraufwand für die Teilnehmer bedeuten. Hintergrund dieser Neuerung sind anstehende Änderungen einer entsprechenden EU-Verordnung.

Ich begrüße es sehr, dass – parallel zum zeitlichen Mehraufwand infolge der unterjährigen Befragungen – darauf geachtet wird, die Gesamtbelastung für die Teilnehmer zu reduzieren. Dazu soll vor allem der verstärkte Einsatz elektronischer Befragungselemente, sprich Internet oder Telefon, dienen. Zudem sollen die Befragten durch eine umfassende Reform der gesamten Haushaltserhebung entlastet werden. Wir müssen nur darauf achten, dass die Entlastungen bei den Teilnehmern effektiv ankommen.

Zweifellos lohnt sich die Mühe aber. Der Mikrozensus wurde sukzessive verfeinert. Die Weiterentwicklung des Mikrozensus ist in gewisser Hinsicht ein Spiegelbild der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Zum Beispiel unterschied der Mikrozensus bis 2005 lediglich zwischen Deutschen und Ausländern. Die Tatsache, dass inzwischen 20 Prozent der deutschen Bevölkerung einen Migrationshintergrund haben, fiel bis dato unter den Tisch. Gerade solche Zahlen sind aber entscheidend, wenn über die Frage diskutiert wird, ob Deutschland ein Einwanderungsland ist oder nicht. Manch einer in Deutschland stellt diese Tatsache ja immer noch infrage.

Dank des modernen Mikrozensus können wir solche Diskussionen beenden und uns den wirklich relevanten Fragen zuwenden. Zum Beispiel: Wie wird Deutschland attraktiv für die dringend benötigten gut ausgebildeten Migranten? Wie stellen wir deren Integration -sicher und erhalten die Akzeptanz für Migration in Deutschland? – Auch zu diesen Fragen liefert uns der Mikrozensus immer wieder wichtige Anhaltspunkte.

Die Weiterentwicklung des Mikrozensus mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ist daher zu begrüßen. 

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