
Rede zur Präimplantationsdiagnostik
6.) Zweite und dritte Beratung Abg. Ulrike Flach, Peter Hintze, Dr. Carola Reimann, Dr. Petra Sitte, Jerzy Montag und weitere Abg.
Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (Präimplantationsdiagnostik -PräimpG)
- Drs 17/5451 -
Zweite und dritte Beratung der Abgeordneten K.Göring-Eckardt, V.Kauder, P.Kober, J.Singhammer, Dr.h.c.W. Thierse, K.Vogler, D.Bär, B. Bender, St.Bilger, E.Ferner, I. Fischbach, Dr.M.Flachsbart, R. Henke, A.Nahles, W.Neskovic, Dr. St.Ruppert, U.Schmidt(Aachen) und weiteren Abgeordneten
Zum Verbot der Präimplantationsdiagnostik
- Drs 17/5450 -
Zweite und dritte Beratung der Abgeordneten Rene Röspel, Priska Hinz,Patrick Meinhardt, Dr.Norbert Lammert und weiteren Abgeordneten
Zur begrenzten Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (Präimplantationsdiagnostikgesetz - PräimpG)
Grüß Gott, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Kollegin Flach, Sie erwecken zumindest den Eindruck, als würden wir die berechtigten Sorgen betroffener Paare nicht ernst genug nehmen. Das Gegenteil ist der Fall. Wir nehmen sie nicht nur sehr ernst; wir nehmen auch gleichzeitig die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen dieser Regelung sehr ernst.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich darf Johannes Rau zitieren, der einst gesagt hat:
Noch so verständliche Wünsche und Sehnsüchte sind keine Rechte. Es gibt kein Recht auf Kinder. Aber es gibt sehr wohl ein Recht der Kinder auf liebende Eltern - und vor allem das Recht darauf, um ihrer selbst willen auf die Welt zu kommen und geliebt zu werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - René Röspel (SPD): Sehr wahr!)
Meine sehr geehrte Damen und Herren, wir diskutieren heute über eine Grundsatzentscheidung, die das Wertegefüge unserer Gesellschaft nachhaltig verändern kann. Es geht um die Frage, ob ein elementares Menschenrecht, das Recht auf Leben, zur Disposition gestellt werden soll. Es geht aber auch darum, den staatlichen Schutzauftrag gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen infrage zu stellen. Ich bin der Auffassung: Wenn wir die PID genehmigen, dann werden wir dies so einleiten.
Ein menschlicher Embryo entwickelt sich von Anfang an als Mensch, nicht zum Menschen. Deshalb bitte ich, folgende Gründe zu bedenken:
Erstens. PID bedeutet Selektion. Unter den künstlich hergestellten Embryonen werden die einen ausgewählt und die anderen verworfen. Es wäre quasi eine Zeugung auf Probe.
Zweitens. PID ist praktisch nicht eingrenzbar. Ich sehe keine überzeugenden Vorschläge, um den Einsatz der umstrittenen PID zu begrenzen. Eine begrenzte Zulassung ist weder an klaren Indikationen festzumachen, noch wird sie durchzuhalten sein. Sind es Erbkrankheiten, die unweigerlich zum Tode führen, und das in der frühen Kindheit, dann frage ich: welche? Sind es unter Umständen spätmanifestierende Krankheiten, stellt sich ebenfalls die Frage: welche? Oder sind es Krankheiten, von denen wir wissen, dass Menschen trotz Vorliegen dieser Krankheit ein glückliches, erfülltes und oft auch sehr erfolgreiches Leben führen können? Hat es Auswirkungen auf Träger dieser Krankheiten, wenn wir sagen: ?Wir wollen nicht, dass Kinder geboren werden, die diese Krankheiten haben“?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, würden wir in diesem Hause heute Auswahlkriterien formulieren, dann benennen wir Grenzen zwischen lebenswert und nicht lebenswert.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Im Übrigen gibt es ein bisschen PID genauso wenig wie ein bisschen schwanger.
Drittens. Die Legalisierung von PID würde viele auf den Irrweg führen, ein planbares gesundes Leben zum Maßstab und Vorbild eines erfüllten Lebens zu machen, statt das Leben in seiner individuellen Vielfalt mit all seinem Auf und Ab anzunehmen. Ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der sich Eltern entschuldigen müssen, wenn sie kein sogenanntes Musterbaby vorweisen können.
(Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Gut!)
Wir sind vielmehr aufgefordert, gemeinsam alles zu unternehmen, um Menschen mit Beeinträchtigungen eine Teilhabe zu ermöglichen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Viertens. Gerade als Patientenbeauftragter habe ich jeden Tag mit Menschen zu tun, die selbst oder deren Kinder sehr krank sind oder eine schwere Behinderung haben. Aber glauben Sie mir bitte: Nie in meinem Leben habe ich zufriedenere Menschen kennenlernen dürfen, die fest im Leben stehen - nicht trotz der besonderen Herausforderung, sondern gerade deswegen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, genau diese Menschen sitzen jetzt zu Hause vor ihren Fernsehern, hören und sehen uns zu, weil wir über sie und das Lebensrecht ihrer potenziellen Kinder reden. Diese Menschen haben die Erwartung an uns, dass wir die richtige Entscheidung fällen - für sie und nicht gegen sie.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aus diesen Gründen bitte ich Sie: Stimmen Sie einem PID-Verbot zu!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)