Mehr als 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Für Deutschland ist es die größte Herausforderung. Zur Bewältigung dieser Flüchtlingskrise wurden bereits zahlreiche Maßnahmen beschlossen. Was genau, lesen Sie im Faktencheck.

1. Mehr sichere Herkunftsländer

Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze

Wesentlich bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise ist die Unterscheidung zwischen Schutzbedürftigen und Nicht-Schutzbedürftigen. Dazu wurde unter anderem die Erweiterung der Liste der sichereren Herkunftsstaaten beschlossen. Nunmehr gelten alle Westbalkanstaaten als sichere Herkunftsstaaten. Aufgrund der niedrigen Anerkennungsquoten sollen künftig auch Marokko, Algerien und Tunesien darunter fallen. Daneben will Bayern mit einem Bundesratsantrag die Liste hinsichtlich noch weiterer Staaten erweitern. Für Personen aus diesen bestimmten Ländern werden die Verfahren beschleunigt und abgelehnte Asylbewerber schneller zurückgeführt.

2. Weniger Fehlanreize für Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive

Flüchtlingsunterkunft

Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive sollen ebenso wie Folgeantragssteller und Asylbewerber, die ihre Mitwirkung verweigern, einem beschleunigten Verfahren unterzogen werden. In Anlehnung an das sogenannte Flughafenverfahren soll dieses maximal drei Wochen betragen. Bis zum Ende des Verfahrens werden sie in besonderen Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht und nicht auf die Kommunen verteilt. Für sie gelten eine verschärfte Residenzpflicht und ein Arbeitsverbot. Außerdem erhalten generell in den Erstaufnahmeeinrichtungen Sachleistungen Vorrang vor Geldleistungen. Für endgültig Ausreisepflichtige wird die Unterstützung auf das absolut Notwendige begrenzt. Dies gilt auch für diejenigen, die ihre Identität nicht preisgeben.

3. Einschränkung des Familiennachzugs

Aufgrund der hohen Zahl an Flüchtlingen ist es erforderlich, für Flüchtlinge mit eingeschränktem (sogenannten subsidiärem) Schutz den Familiennachzug für zwei Jahre auszusetzen. Dies wird Mitte Februar im Bundestag verabschiedet. Auch andere europäische Staaten wie Schweden haben in entsprechender Weise auf die hohen Zugangszahlen reagiert. 

4. Bessere Registrierung

Vorstellung des neuen Auskunftsnachweises

Alle Asylbewerber werden unmittelbar nach Einreise registriert und erhalten einen Flüchtlingspass. Dieser Ankunftsnachweis erfasst wichtige Kerndaten, den Fingerabdruck und ist die Voraussetzung für den Bezug von Leistungen. Erstmalig haben zahlreiche Behörden wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Polizei oder Jugend- und Gesundheitsämter darauf Zugriff. Dies ermöglicht einen besseren Datenaustausch, erleichtert Personenüberprüfungen und verhindert Mehrfachregistrierungen.

5. Schnellere Verfahren und mehr Personal

Flüchtlinge warten auf ihre Registrierung

Die Bearbeitungsdauer von Asylanträgen wurde verkürzt. Dauerte Ende 2014 ein Asylverfahren noch durchschnittlich 7,3 Monate sind es mittlerweile nur noch 5,1 Monate. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat mehr Personal erhalten. Allein 2015 mehr als 40 Prozent. Im Bundeshaushalt 2016 sind nochmals 4.000 weitere Stellen vorgesehen. Auch bei der Bundespolizei wurden mehr als 3.000 zusätzliche Stellen geschaffen.

6. Konsequentere Abschiebungen

Flüchtlinge steigen in einen Bus

Abgelehnte Asylbewerber müssen schnellstmöglich abgeschoben werden. Bund und Länder haben sich deshalb zu einer Durchsetzung bestehender Ausreisepflichten verständigt. Nun ist es aber vor allem an den Bundesländern, die Abschiebungen auch konsequent umzusetzen. Beschlossen wurde unter anderem Abschiebungen nicht mehr anzukündigen. Außerdem sollen gesundheitliche Abschiebehindernisse stark eingeschränkt werden. Ein Abschiebestopp von sechs Monaten kann durch die Bundesländer nicht mehr erfolgen. Mit den Herkunftsstaaten werden gleichzeitig Rückübernahmeabkommen ausgehandelt.

7. Erleichterte Ausweisungen für Kriminelle

Polizisten begleiten einen straffällig gewordenen Asylbewerber 

Kriminell gewordene Ausländer und Asylbewerber können künftig bereits ausgewiesen werden, wenn sie zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden – unabhängig davon, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder nach Jugendstrafrecht geurteilt wurde. Dies gilt für Straftaten gegen das Leben, bei Körperverletzung, Sexualstraftaten, Eigentumsdelikten und bei Widerstand gegen die Staatsgewalt, zum Beispiel Angriffen auf Polizisten.

8. Europäische Solidarität eingefordert

Deutschland kann die enorme Zahl Flüchtlinge nicht allein stemmen. Europa und die internationale Gemeinschaft sind gefordert. Ein verlässlicher Schutz der EU-Außengrenzen ist unbedingt notwendig. Außerdem laufen die Verhandlungen über den Ausbau der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, die Einrichtung von sogenannten Hot Spots - also Registrierungs- und Verteilungszentren - sowie nicht zuletzt eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge auf Hochtouren.

9. Mehr Unterstützung für Länder und Kommunen

Länder und Kommunen werden entlastet. Sie erhalten mehr Unterstützung vom Bund. Im Jahr 2015 hat der Bund seine Mittel auf zwei Milliarden erhöht, 2016 folgen weitere 3,67 Milliarden Euro. Mit 670 Euro pro Monat je Asylbewerber fließen weitere Gelder an die Länder. Zusätzlich werden die Leistungen für den sozialen Wohnungsbau, der allen zu Gute kommt, massiv aufgestockt. Außerdem unterstützt der Bund die Länder bei der Beschaffung der nötigen Papiere, für die Personen, die Deutschland wieder verlassen müssen.

10. Integration ist keine Einbahnstraße

Integrationskurs

Integration ist Grundvoraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Asylbewerber erhalten deshalb frühzeitig Zugang zu Integrations- und Sprachkursen. Sie müssen sich allerdings selbst daran finanziell beteiligen - mit zehn Euro im Monat. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe wird zudem Maßnahmen für eine gelingende Integration für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive erarbeiten. Junge Asylbewerber erhalten bereits bei Antritt einer Ausbildungsstelle einen Aufenthaltstitel, der für die Gesamtdauer der Ausbildung gilt. In Bayern wurde schon 2015 eine Vereinbarung mit der bayerischen Wirtschaft geschaffen, die die Integration in den Arbeitsmarkt fördert: Die bayerische Wirtschaft möchte bis Ende 2016 insgesamt 20.000 Flüchtlingen einen Praktikums-, Ausbildungs-, oder Arbeitsplatz anbieten.

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