
Rede zu Tagespflegepersonen
22.a*) Beratung Antrag CDU/CSU, FDP
Tagespflegepersonen stärken - Qualifikation steigern
- Drs 17/9925 -
b) Beratung der Unterrichtung der Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über den Stand des Ausbaus für ein bedarfsgerechtes Angebot an Kindertagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren für das Berichtsjahr 2011 (Dritter Zwischenbericht zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes)
- Drs 17/9850 -
Heute geht es nicht direkt um das Betreuungsgeld. Die heutigen Themen, der Ausbau der Kitas und die Kindertagesbetreuung, hängen jedoch eng mit der Diskussion um das Betreuungsgeld zusammen. Es geht um das Generalthema Familie. Je nach dem Wert der Familie lassen sich auch die Bedeutung von Kita und Kindertagesbetreuung beurteilen. Deshalb ist es richtig, sich zunächst zu verdeutlichen, von welchem Ansatz her diese einzelnen Themen zu denken und anzugehen sind.
In dieser Diskussion zeigen sich verschiedene Auffassungen vom Zusammenleben der Menschen und damit der Familien. Diese Auffassungen lassen sich auf zwei Grundeinstellungen reduzieren: einerseits die radikal-materialistische Auffassung vom Menschen und andererseits jenes Menschenbild, das aus der jüdisch-christlichen Tradition kommend, am tiefgreifendsten unsere Kultur geprägt hat. Aus unserer Kultur entspringt unser traditionelles Familienbild, wie es auch in unserer Verfassung seinen Niederschlag gefunden hat.
Nach unserer Verfassung sind die Eltern die ersten Erzieher ihrer Kinder. Sowohl die Erfahrung des Alltags als auch wissenschaftliche Forschungen zeigen, dass die Erziehung in der Familie für die Kinder das Beste ist. Die Politik der Kinderkrippen, wie sie in den kommunistischen Ländern üblich gewesen ist, war ein großer Fehler. Dies stellte der Staatsmann, der die Perestroika durchgesetzt hat, Michail Gorbatschow, in verschiedenen Reden und Schriften fest. Gorbatschow sagte, sie hätten erkannt, dass die vielen Mängel der Moral, der Kultur und der Produktion in seinem kommunistischen Land auch daher gekommen sind, weil man die wichtige Bedeutung der Familie für die Erziehung der Kinder missachtet habe. Natürlich ist mit dieser Feststellung kein Pauschalurteil über Kinderkrippen gefällt. Selbstverständlich kann die Kinderkrippe eine wichtige Hilfe sein. Dies gilt natürlich ebenso für die Tagespflege, die eine wichtige Ergänzung für die familiäre Erziehung sein kann.
Um es aber nochmals zu betonen: Bei der Diskussion um die Kinderkrippen und auch um die Tagesbetreuung darf nicht übersehen werden, dass es erste Aufgabe der Politik sein muss, die Familien zu stärken, damit sie ihre einzigartige Aufgabe, die Erziehung der Kinder, erfüllen können. Die Förderung der Familie ist das Beste für das Kind, aber auch für die Mütter und Väter. Nur wenn sich dieses herumspricht, kann vielleicht bei den Eltern wieder eher die Bereitschaft für das Kind wachsen und die Zahl der dringend benötigten Geburten steigen. Auch wirtschaftlich wäre dies der vernünftigere Weg, weil die direkte Familienförderung finanziell günstiger ist als die Finanzierung von Kinderkrippen und auch von Tagesmüttern.
Ich betone dies auch deshalb, weil wir uns im Westen inzwischen von der kommunistisch geprägten Vorstellung inspirieren lassen, die Familie sei ein überholtes Modell. Mit dieser Begründung haben die Machthaber im Reich des Kommunismus die Kindererziehung sozialisiert. Damals wollte man nicht die Lage der Menschen verändern, sondern den Menschen selbst. Man hatte sich vorgenommen, durch veränderte Strukturen und gesellschaftliche nicht familiäre Erziehungssysteme einen neuen Menschen zu schaffen. Von der traditionellen Familie haben die Kommunisten mit dem Ton der Verachtung geredet. Sie wollten diese zum Verschwinden bringen. Deshalb setzten sie bei der Kindererziehung an. Nach ihren Vorstellungen gehören die Kinder nicht zu den Eltern, sondern zum Staat bzw. zur Gesellschaft. Deshalb griff man nach den Kindern und steckte sie frühzeitig in die Krippe. Ziel war, die Mütter möglichst wieder rasch an ihren Arbeitsplatz zurückzuschicken. Das eigentliche Ziel aber war, alle Hemmnisse für die fatale Herrschaft der Partei niederzureißen. Deshalb hat Stalin die Kleinbauern beseitigt und die Kolchosen geschaffen, und er hat versucht, die Familien zu zerstören. Gorbatschow hat recht: Dies war einer der Gründe für den Untergang des Sowjetreiches. Die Kommunisten hatten nämlich vergessen, dass es die Mutter ist, die dem Kind am nächsten ist, noch bevor es geboren ist. Diese Grunderfahrung des Kindes stiftet das Urvertrauen – das Wichtigste, was Erziehung in den ersten drei Jahren überhaupt leisten kann.
Wir im Westen laufen nun Gefahr, dass wir dieses damals durch die kommunistische Diktatur dem Menschen aufgezwungene Familienbild übernehmen. Diese Grundüberlegungen sind zu berücksichtigen, wenn es um den Ausbau der Kita und die Kindertagespflege geht. Diese Grundüberlegung darf nicht dazu führen, die
Kinderkrippe und auch die Tagespflege in Bausch und Bogen zu verurteilen. Wir müssen einfach feststellen, dass viele Frauen aus eigenem Antrieb – und nicht weil sie wirtschaftliche Not dazu treibt – berufstätig sind und dies auch sein wollen. Wir haben zu respektieren, dass die Zeiten vorbei sind, da die Rollenverteilung klar definiert war, der Mann muss einen Beruf haben und seine Familie ernähren, die Frau bleibt daheim und erzieht die Kinder. Die Frauen sind heute selbst hochqualifiziert und wollen natürlich ihre Qualifizierung auch im Beruf umsetzen. Der Staat muss dieser Möglichkeit gerecht werden. Von daher ist es eine richtige Politik, Kitas einzurichten, in die die Kleinkinder aufgenommen werden. Der Beschluss der Großen Koalition, bis zum 1. August 2013 ausreichend Kitaplätze zur Verfügung zu stellen, war richtig. Er muss jetzt umgesetzt werden. Der Bund hat dabei seine Pflicht erfüllt. Er hat das Geld bereitgestellt und ist bereit, für die Betriebskosten jährlich eine knappe Milliarde bereitzustellen. Es kommt nun entscheidend auf die Länder und Gemeinden an. Dort hat man es ganz offensichtlich versäumt, diesen Beschluss der Großen Koalition aus dem Jahre 2008 ernst zu nehmen. Deswegen gelingt der Ausbau nicht in dem Maß, wie dies notwendig wäre.
Es kommt aber nicht nur auf die Kita an, auch die Tagesbetreuung durch Tagesmütter oder Tagesväter ist weiterzuentwickeln. Dabei geht es nicht um die privat organisierten Tagesmütter, sondern um die vom Staat ausgebildeten und zur Pflege von Kindern eigens befähigten Tagesmütter. Diese Tagespflegepersonen können einen wichtigen Beitrag für den Ausbau der Kinder--tagesbetreuung leisten. Diese Pflegepersonen – Tagesmütter und Tagesväter – haben den Vorteil, dass sie nur wenige Kinder betreuen und so eine engere Bindung zu den jeweiligen Kleinkindern aufbauen können. Dies ist den Erzieherinnen in einer Kita nicht so leicht möglich, weil es in den Kitas meist deutlich mehr Kinder zu betreuen gibt.
Diese Tagespflegepersonen arbeiten überwiegend – zu 94 Prozent – als selbstständige Unternehmerinnen und Unternehmer. Ihre Tätigkeit geschieht aber oft unter schlechten Rahmenbedingungen. Deshalb ist es zunächst einmal erforderlich, das Berufsbild der Kindertagespflege attraktiver zu gestalten.
Hinzu kommt, dass der Verdienst zu gering ist. Das durchschnittliche Einkommen beträgt knapp 600 Euro im Monat. Fast ein Drittel der Befragten liegt bei einem Einkommen unter 365 Euro. Wenn wir die Tagespflege attraktiver gestalten wollen, muss das Einkommen verbessert werden. Hinzu kommt, dass die Tagespflege--person eine sichere Anstellung braucht. Dies wäre im Rahmen der Jugendhilfe möglich. Außerdem müssen wir für eine berufsbegleitende Weiterbildung an staatlich anerkannten Fachschulen oder Berufsfachschulen für Erzieherinnen sorgen. Die Ausbildung dieser Tagespflegepersonen muss Vorrang haben.
Der Antrag der CDU/CSU „Tagespflegepersonen stärken – Qualifikation steigern“ bietet für diese Ausrichtung der Tagespflege einen guten Ansatz.
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