Rede zur Kinder- und Jugendpolitik

6.a) Beratung BeschlEmpf u Ber (13.A)

zum Antrag SPD
Gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen fördern

zum Antrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Gesundes Aufwachsen für alle Kinder möglich machen

zur Unterrichtung Bundesregierung
Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland - 13. Kinder- und Jugendbericht und Stellungnahme der Bundesregierung

- Drs 17/3178, 17/3863, 16/12860, 17/4754 -

 

b) Beratung BeschlEmpf u Ber (13.A)

zum Antrag CDU/CSU, FDP
Eigenständige Jugendpolitik - Mehr Chancen für junge Menschen in Deutschland

zum Antrag DIE LINKE.
Die jugendfreundlichste Kommune Deutschlands

- Drs 17/9397, 17/7846, 17/9840 -

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Antrag betont die Eigenständigkeit der Jugendpolitik. Das setzt voraus, dass die Jugendzeit tatsächlich eine eigenständige Zeit ist. Das hat die Politik nicht immer erkannt. Es gab ja eine Zeit, in der wir die Jugend- und die Kinderpolitik als einen Politikbereich angesehen haben. Wir wollen die Selbstständigkeit der Jugendpolitik. Das haben Sie, Herr Bernschneider, betont, und das kann man nur unterstreichen; denn die Jugendzeit ist eine selbstständige Zeit. Sie hat ihren Sinn in sich. Sie ist eine Zeit, in der der Jugendliche zwar noch nicht Erwachsener ist, in der er aber nicht mehr Kind ist. Die Jugendzeit ist ihre Zeit, genauso wie die Kindheit ihre Zeit ist. Jeder Abschnitt hat seinen Sinn in sich. Deswegen ist es richtig, eine Eigenständige Jugendpolitik zu betonen. Wer dies nicht tut, nimmt die Jugend eigentlich nicht ernst genug.

Natürlich wollen wir dabei nicht nur die Problemgruppen betrachten; das haben wir früher vielleicht zu oft getan. Wir haben manchmal nur die Problemgruppen gesehen, nicht aber die Gesamtheit der Jugendlichen; darauf kommt es uns aber an. Wir wollen die Interessen aller Jugendlichen erkennen und versuchen, sie zu vertreten. Es kommt natürlich entscheidend darauf an, dass wir den Jugendlichen die Chance geben, sich zu entwickeln. Wir dürfen sie aber nicht bevormunden. Wir müssen sie fördern, dürfen ihnen aber keinen Lebensentwurf vorschreiben.

Zugleich müssen wir es schaffen, den Jugendlichen beizubringen – und zwar so, dass sie es in sich aufnehmen und dafür eintreten –, dass dieser Staat auf gewissen Voraussetzungen beruht, die man nicht einfach preisgeben darf und für die man kämpfen muss, die der Staat aber, wie Böckenförde gesagt hat, nicht selber garantieren kann. Die Jugendlichen und die anderen Menschen, die in einem Staat leben, können diese Grundlagen garantieren. Geben wir diese Grundlagen auf, dann geben wir unser ganzes Staatsgebilde auf. Dies deutlich zu machen, ist, wie ich meine, ein wichtiger Auftrag der Jugendpolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein Weiteres scheint mir wichtig zu sein: Es kommt immer wieder vor, dass der Übergang von der Bildungszeit zur Berufszeit schwierig wird. Die Entscheidung für einen bestimmten Beruf erfordert Mut. Die ganz breite Perspektive, dass einem Jugendlichen die Welt gewissermaßen offensteht, wird in dem Augenblick verengt, in dem er sich entscheidet, einen bestimmten Beruf zu ergreifen. Diese Entscheidung ist allerdings eine Zukunftsentscheidung, in der die Zukunft zugleich Gestalt -annimmt. Wenn sich nämlich jemand entscheidet, Schlosser, Schreiner, Arzt oder Anwalt zu werden, dann ist das eine Verengung, aber zugleich die Gestaltung der Zukunft.

Wir wissen aus den Informationen, die uns vorliegen, dass gerade diese Phase für Jugendliche schwierig ist, weil die Entscheidung für einen bestimmten Beruf Mut erfordert. Viele bringen diese Entscheidung nicht zustande, und sie tauchen ab. Deswegen gibt es in manchen Kommunen – nicht in allen; aber eigentlich sollte sie in allen Kommunen eingeführt werden – eine Stelle, die sich um die Jugendlichen kümmert, die fragt: „Was ist eigentlich aus dem und dem, der sein Abitur oder seine mittlere Reife gemacht hat, geworden?“ und dem nachgeht. Dafür stellt das Ministerium Geld bereit. Es muss nur in Anspruch genommen werden.

Ich meine, es ist auch notwendig, dass wir den Jugendlichen einen vernünftigen Umgang mit den Medien zu vermitteln versuchen. Die Medien sind eine hervorragende Einrichtung. Gerade für Jugendliche aus nicht sehr wohlhabenden Familien und für Jugendliche mit Migrationshintergrund ist der Laptop eine Möglichkeit, an Wissen heranzukommen, an das sie sonst nicht so schnell kommen würden. Insofern ist das Internet, sind die Medien eine ganz ausgezeichnete Möglichkeit für die Jugendlichen. Aber zugleich bergen sie Gefahren; das darf man nicht übersehen. Wir müssen dafür sorgen – das scheint mir auch Auftrag der Politik zu sein –, dass die Jugendlichen Medienkompetenz erlangen, dass sie nicht einfach alles in sich aufnehmen, sondern auch lernen, Inhalte einzuordnen und Abstand zu nehmen; das ist wichtig. Hier ist die Kommunalpolitik gefordert.

(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])

Aber noch viel mehr sind an dieser Stelle die Schulen gefordert. Dafür zu sorgen, ist ein wichtiger Auftrag der Schule. Wir haben die Verpflichtung, den Schulen dies mitzuteilen. Es kommt darauf an, dass gerade in den Schulen die Medienkompetenz gestärkt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir müssen dafür Sorge tragen, dass sich die Jugend für die Öffentlichkeit engagiert und sich für die Aufgaben in der Öffentlichkeit interessiert. Es gibt Politikverdrossenheit – das stellen wir immer wieder fest –, und zwar in allen Schichten. Woher kommt sie? Eine Ursache mag sein, dass die Jugend nicht richtig informiert ist bzw. vielleicht auch gar nicht richtig informiert wird, weil die Jugendlichen, wenn sie abends den Fernseher einschalten, zu jedem Thema diese und jene Meinung hören und oft nur Streit wahrnehmen.

Das alles mag richtig sein, aber das bringt uns ja nicht weiter und nützt ja nichts. Wir müssen die Jugend trotzdem an die Öffentlichkeit heranführen.

Hier scheint es mir wichtig zu sein, sich die Gedanken zu machen, die Sie, Herr Bernschneider, hier vorgetragen haben. Wir müssen die Frage stellen: Wie können wir die Jugendlichen stärker teilhaben lassen und die Partizipation der Jugendlichen an der Öffentlichkeit und an den Aufgaben der Öffentlichkeit verstärken? Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg ist, dass man jetzt das Wahlalter senken und Volksentscheide herbeiführen will. Wenn sie nicht zur Bundestagswahl gehen, dann gehen sie über kurz oder lang auch nicht zu Volksentscheiden. Das scheint nicht der richtige Weg zu sein.

Ich glaube auch, dass die plebiszitären Elemente mit etwas mehr Vorsicht diskutiert werden müssen; denn durch die plebiszitären Elemente wird in einer Massendemokratie die Verantwortung ausgeschaltet. Ich kann das Volk für eine falsche Entscheidung nicht verantwortlich machen, aber ich kann eine Partei oder eine Regierung für eine falsche Entscheidung verantwortlich machen. Das Prinzip der Verantwortung gehört zu einer Massendemokratie.

Ich glaube, dass die Jugendpolitik ein sehr wichtiger Ansatz in der Politik insgesamt ist. Deshalb freue ich mich über diese Diskussion heute. Sie soll unterstreichen, wie wichtig uns dieses Anliegen ist.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

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