Rede zur Bekämpfung und Vermeidung von Langzeiterwerbslosigkeit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über die Problematik Langzeitarbeitslosigkeit, die bedauerlicherweise weiterhin aktuell ist. Dazu haben wir schon eine ganze Reihe von Zahlen gehört.
Wir sollten uns bei diesem Thema stets bewusst sein, dass Langzeitarbeitslosigkeit oft zu finanzieller und vor allem zu sozialer Ausgrenzung führt. 1 Million Menschen, die seit mindestens einem Jahr arbeitslos sind, ist eine zu hohe Zahl. Bereits im vergangenen November hatten wir in diesem Hohen Hause darüber gesprochen, und wir waren uns einig: Der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland ist eine wichtige Herausforderung, der wir uns stellen müssen und der wir uns stellen werden. Diese Aufgabe geht jetzt das Ministerium für Arbeit und Soziales mit uns gemeinsam an.
Wir sollten uns nicht damit zufriedengeben, dass wir trotz der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise – ich darf an die Jahre 2008 und 2009 erinnern – heute mit fast 43 Millionen Beschäftigten in Deutschland eine gute Arbeitsmarktsituation haben. Gleichwohl stagniert die Zahl der Langzeitarbeitslosen seit 2009 wie festbetoniert.
Langzeitarbeitslose haben meistens mehrere Hemmnisse, die die Arbeitsaufnahme erschweren. Ich nenne hier die gesundheitlichen Einschränkungen, Suchtprobleme, Schulden und wenig gefestigte Familienstrukturen. Es gibt sicher mehrere Gründe. Für diese Menschen müssen wir eine individuelle Betreuung und Lösungen bieten.
Auch wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern eine hervorragende Arbeit leisten, gibt es natürlich Verbesserungsbedarf, wie bereits genannt worden ist. Arbeitsmarktpolitische Instrumente müssen stetig angepasst und verbessert werden. Auch eine angemessene Kontaktdichte muss festgelegt werden. Das Profiling und die Gespräche in Jobcentern müssen individuell und einzelfallbezogen sein. Hier müssen finanzielle Mittel für effektive Programme eingesetzt werden. Ausschließlich höhere Ausgaben zu fordern, reicht eben nicht aus.
Von Langzeitarbeitslosigkeit sind besonders Geringqualifizierte, ältere Menschen, Alleinerziehende und Behinderte betroffen. Insbesondere Bedarfsgemeinschaften mit Kindern haben ein erhöhtes Risiko, von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen zu sein. Unsere Aufgabe ist es, zu verhindern, was häufig für ganze Familien gilt: einmal Hartz IV, immer Hartz IV. Hier müssen die flankierenden Maßnahmen einsetzen, damit eine Arbeitsaufnahme nicht an mangelnder Kinderbetreuung scheitert.
(Beifall des Abg. Karl Schiewerling [CDU/CSU] – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann macht doch mal!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße deshalb das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“, mit dem insbesondere Langzeitarbeitslose in einer Bedarfsgemeinschaft mit Kindern besonders gefördert werden. Damit erhalten nicht nur die erwerblosen Eltern eine gezielte Förderung, sondern es dient auch dazu, das Vorleben von sogenannten Sozialhilfekarrieren weitestgehend zu reduzieren.
In Ihrem Antrag fordern Sie von der Fraktion Die Linke die Errichtung eines auf Dauer angelegten öffentlich geförderten Arbeitsmarktes mit 200 000 Stellen. Öffentlich geförderte Beschäftigung und Arbeitsgelegenheiten halte ich für eine sinnvolle Idee für Menschen, die Alltagsstrukturen wieder neu erlernen und an den Arbeitsmarkt herangeführt werden müssen. Gleichwohl dürfen öffentliche Beschäftigung und Arbeitsgelegenheiten nicht in Konkurrenz und im Wettbewerb zu privaten Unternehmen stehen. Auch sollten Langzeitarbeitslose nicht dauerhaft in diese Programme verlagert werden. Bestehende Arbeitsplätze dürfen nicht durch öffentlich geförderte Beschäftigung verloren gehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der Linken beinhaltet viele Ideen. Einige, wie die Abschaffung der Sanktionen, haben wir schon wiederholt gehört. Und diesbezüglich werden wir wohl immer unterschiedlicher Auffassung sein. Mir bleibt aber die Frage der Finanzierung Ihres Fünf-Punkte-Programmes unbeantwortet. Dazu gehört auch die von Ihnen geforderte Entlohnung von 10 Euro pro Stunde, während der Mindestlohn in Deutschland bei 8,50 Euro liegt, wie wir alle wissen. Diese Erklärung bleiben Sie uns schuldig.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns gemeinsam der Langzeitarbeitslosigkeit annehmen. Das Konzept des Bundesministeriums ist ein erster, wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Das Fünf-Punkte-Programm der Linken überzeugt mich nicht. Deswegen lehne ich es ab.
Ich bedanke mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
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