Rede zur gerechten Entlohnung von Frauen

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am heutigen Equal Pay Day schwebt die Zahl 22 als Symbol der Ungerechtigkeit über allen Debatten und Forderungen. Diese Zahl löst bei vielen Wut und bei fast allen zumindest Unverständnis aus.

Frauen verdienen im Schnitt etwa 22 Prozent weniger als Männer. Wir alle hier finden das vermutlich ungerecht, und doch können wir Gerechtigkeit – so viel Ehrlichkeit muss in der Debatte sein – mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln so einfach nicht herstellen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)

Man tut in Debatten, gerade wenn sie durch Wut aufgeladen sind, immer gut daran, sich zunächst die Ur-sachen für einen solchen Unterschied anzusehen. In -diesem Fall sind das die häufigen und oft langen fami-lienbedingten Erwerbsunterbrechungen von Frauen, Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die hohe Teilzeitquote von Frauen, der nach wie vor geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen und die Wahl des Berufs oder der Branche. Die FAZ fasste das vor wenigen Tagen in dem prägnanten Titel zusammen: „Zu lange raus, zu viel Teilzeit, der falsche Beruf“.

Dort, wo gesellschaftliche Rahmenbedingungen für die Lohnunterschiede ursächlich sind, haben wir bereits einiges auf den Weg gebracht und viele Verbesserungen erreicht. Wir haben die Betreuungsangebote ausgebaut, das Elterngeld mit Partnermonaten kombiniert und Programme zum beruflichen Wiedereinstieg nach der Familienpause aufgelegt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Betreuungsgeld macht es Frauen leichter, bei sich zu Hause eine sehr flexible Kinderbetreuung zu organisieren, und hilft damit beim Wiedereinstieg in den Beruf. Wir sind also auf einem guten Weg, haben aber noch einiges vor. So haben wir in der Großen Koalition vereinbart, das Teilzeitrecht zu reformieren und damit die Rückkehr zur Vollzeitstelle nach der Familienphase zu erleichtern; das wird Frauen helfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist völlig klar: Elternschaft darf natürlich kein Karrierehindernis sein. Ganz im Gegenteil: Wir müssen viel mehr dahin kommen, dass Arbeitgeber noch mehr als bisher erkennen, dass gerade Frauen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen, oft hochmotiviert, unwahrscheinlich schnell und bestens organisiert sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Einer der wesentlichen Faktoren für geschlechtsbedingte Lohnunterschiede ist nach wie vor die Berufswahl von Frauen. 70 Prozent der Beschäftigten im Niedriglohnsektor sind Frauen. Sie sind besonders häufig von Niedrigstlöhnen betroffen. 90 Prozent der Friseure sind Friseurinnen. In der Erziehung und in der Pflege arbeiten sogar zu mehr als 93 Prozent Frauen zu oft niedrigen Löhnen. Das sind nur einige Beispiele.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie dagegen?)

Dass Frauen aber trotz Girls’ Days und Infotagen nach wie vor scharenweise in typische sogenannte Frauenberufe gehen, müssen wir hier alle zur Kenntnis nehmen, auch wenn es uns nicht unbedingt gefällt.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was können wir tun?)

Nun wäre es einfach, wenn man hier allein mit Aufklärung viel erreichen könnte. Ich weiß aber aus eigener beruflicher Erfahrung an der Uni gut, dass gerade die jungen Abiturientinnen sehr gut wissen, was sie tun. Sie wissen sehr gut, dass sie als Grundschullehrerin nicht reich werden. Aber sie wissen eben auch sehr gut, dass dieser Beruf mit nahezu jeder familiären und örtlichen Lebenslage ausgezeichnet zu vereinbaren ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die jungen Frauen wissen sehr gut, dass sie ein Germanistikstudium selten in die höchsten Führungsetagen der deutschen Wirtschaft führt. Sie studieren es trotzdem, weil es ihnen Spaß macht

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll uns das denn jetzt sagen?)

und weil sie bekanntlich besser und mehr lesen als die männlichen Kollegen. Junge Frauen wissen durchaus, dass soziale Berufe längst nicht so gut bezahlt sind, wie wir uns das wünschen würden und wie es angemessen wäre. Sie werden trotzdem Sozialarbeiterin, Erzieherin, Altenpflegerin. Ich begrüße das.

Der Gender Pay Gap, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, über die wir heute diskutieren, ist für junge Frauen, die einen Beruf wählen, kein sehr großes Thema, zumindest keines, das sie in ihrer Entscheidung ganz wesentlich beeinflussen würde. Das ist vielleicht einer der wesentlichen Gründe für diese 22 Prozent Lohn-unterschied.

Wir müssen auch anerkennen, dass die Arbeitgeber, die in dieser Diskussion gelegentlich als vermeintlich Schuldige dargestellt werden, mit der jetzigen Situation häufig selbst nicht sehr glücklich sind. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: Die Maschinenfabrik Reinhausen, einer der größten Arbeitgeber in meiner Stadt Regensburg, bemüht sich seit Jahren ganz gezielt darum, junge weibliche Auszubildende und junge Ingenieurinnen zu bekommen, weil man dort sehr genau weiß, wie gut gemischtgeschlechtliche Teams arbeiten und welche zusätzlichen Kompetenzen durch Frauen in den Betrieb kommen. Der Erfolg ist mäßig. Das Interesse junger Frauen an Berufen in der ausgesprochen gut bezahlten Metall- und Elektroindustrie ist überschaubar, obwohl es dort sehr flexible Arbeitszeitmodelle und ausgesprochen sichere Arbeitsplätze gibt.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie damit sagen? Ist das die Schuld der Frauen? – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Außerdem ist das nicht das Thema!)

Symbolpolitik wird uns also nicht weiterbringen. Wichtiger ist es, die Folgen pragmatisch und lebensnah abzufedern. Der Mindestlohn wird, so hoffe ich, gerade den Frauen nützen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mit der Mütterrente verbessern wir die Lage vieler Frauen, die Kinder großgezogen und auf Erwerbsarbeit verzichtet haben und heute mit niedrigen Renten leben müssen. Die Erziehung von Kindern ist übrigens eine Lebensleistung, die unsere Mütter ganz und gar unentgeltlich erbracht haben. Mit der Mütterrente würdigen wir die Erziehungsleistung von Frauen und verkleinern damit zugleich die größte finanzielle Gerechtigkeits-lücke, die es zwischen Frauen und Männern im Rentenalter gibt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hat man alle äußeren Faktoren, die Lohnunterschiede erklären können, berücksichtigt, so wird aus der verstörenden Zahl von 22 Prozent die Zahl 7. Es bleibt immer noch eine Lohnlücke von etwa 7 Prozent zwischen Frauen und Männern, die wir uns nicht wirklich erklären können.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie haben Sie das denn ausgerechnet?)

Bei gleicher Qualifikation und gleicher Berufserfahrung werden Männer auf gleichen Positionen oft besser bezahlt. Das wollen wir nicht hinnehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Daher müssen wir auch weiter an den Ursachen arbeiten. Denn für gleiche Arbeit muss es selbstverständlich gleiches Geld geben. Niemand von uns wird bestreiten wollen, dass wir nach der Gleichberechtigung die Gleichbezahlung brauchen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

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