Rede zur Sicherung der Finanzmarktstabilität
ZP7) Beratung Antrag CDU/CSU, SPD
Zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz - FMStErgG)
- Drs 16/12100 -
Zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz - FMStErgG)
- Drs 16/12100 -
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!
Lieber Herr Kollege Brüderle, ich würde niemals eine solche Nähe zu dem früheren Unrechtssystem der DDR herstellen wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bundestag und Bundesregierung kommen meines Erachtens in dieser krisenhaften Situation ihrer Aufgabe nach, nehmen sie sehr ernst und handeln mit einem Höchstmaß an Verantwortungsbewusstsein. Wir konnten und wir können die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise schon allein deswegen nicht verhindern, weil es sich um eine weltweite Krise handelt. Außerdem ist deren Ausgang nicht primär bei uns zu suchen. Die Ausgangspunkte und die größten Brandherde liegen woanders.
Trotzdem konnten und können wir uns der Entwicklung nicht entziehen, da die internationalen Verflechtungen viel zu groß sind. Im Übrigen ist es unbestritten, dass auch bei uns durch verantwortliche und handelnde Personen Fehler gemacht worden sind.
Wir - Parlament und Regierung - haben meines Erachtens alles getan, was nach den jeweiligen Erkenntnissen notwendig und geboten war, um die Krisen einzudämmen. Natürlich kann man heute die Frage stellen, ob man nicht manches besser und schon früher hätte erkennen können. Ich glaube nicht.
Bereits im Frühherbst haben einige Akteure - ich meine, es war Herr Ackermann - geglaubt, das Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Leider hat sich herausgestellt, dass dies das Licht des entgegenkommenden Zuges war.
Wir haben mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz, mit der Haushaltsverabschiedung, mit der Beschlussfassung über das Konjunkturpaket I im November und mit der Verabschiedung des Nachtragshaushaltes und des Konjunkturpaktes II getan, was jeweils angemessen, richtig und geboten war.
An dieser Stelle danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der verschiedensten Bereiche, die uns bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit sachkundig und fachkundig zuarbeiten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Trotz all unserer Bemühungen werden wir die Krise nicht verhindern. Wir konnten sie nicht verhindern. Wir können sie und ihre Folgen nur mindern und abfedern. Wir müssen den Bürgern draußen auch ehrlich sagen: Der Staat wird nicht alle Probleme lösen können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir bringen heute als Fraktionsinitiative deswegen in erster Lesung das Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz ein, weil Gefahr in Verzug ist und von daher schnellstes Handeln geboten ist.
(Eduard Oswald (CDU/CSU): Das ist der Punkt!)
Dabei sind sich die Koalitionsfraktionen darüber im Klaren - Kollege Bernhardt und Kollege Dr. Krüger haben darauf hingewiesen -, dass noch einige entscheidende Punkte im Beratungsverfahren verändert werden sowie Klarstellungen und Präzisierungen erfolgen müssen.
Ich persönlich hätte mir gewünscht, wenn wir auch die Themenbereiche § 8 c Körperschaftsteuergesetz und § 10 a Gewerbesteuergesetz aufgegriffen hätten. Es geht hier um den Verlustvortrag von Institutionen wie den Landesbanken, die von anderer Seite gestützt bzw. gerettet werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Insbesondere wird es aber um die Frage gehen, welche Erfordernisse im Zweifel erfüllt sein müssen, um als letzte Möglichkeit Schritte zur Enteignung vornehmen zu können. Es ist jedenfalls nicht nach dem Geschmack der Union, Maßnahmen in Betracht zu ziehen, an die zu denken man in normalen Zeiten nicht einmal wagen würde.
Zugleich muss per Gesetz sichergestellt werden, dass nicht einzelne Alteigentümer bzw. Aktionäre eine Rettungsübernahme eines großen und ohne jeden Zweifel systemrelevanten Institutes verhindern können. Das Schicksal einer Bank, eines Institutes ist zugleich das Schicksal vieler, wenn nicht gar aller, und damit entscheidend für die Stabilität des gesamten Finanzmarktes.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Aufrechterhaltung der Finanzmarktstabilität ist aber zwingende Voraussetzung, damit sich die Krise in der sogenannten Realwirtschaft nicht weiter verschärft. Hierbei sind auch die Konsequenzen zu berücksichtigen, die sich ansonsten für Arbeitsplätze, Existenzen, Wohlstand und soziale Sicherung ergeben würden. Ich zitiere, was Nouriel Roubini im jüngsten Stern-Interview gesagt hat:
Man muss das Bankensystem retten, ob es uns gefällt oder nicht.
(Zuruf des Abg. Ortwin Runde (SPD))
Der neue US-Präsident bringt es so auf den Punkt: Wenn der Kreditfluss austrocknet, bricht die Wirtschaft zusammen. Das ist die Lage. Das heißt in unserem Fall: So sehr es auch Vorbehalte geben mag, wir dürfen in einer solchen Ausnahmesituation jetzt nicht unter Berufung auf ordnungspolitische Prinzipienreiterei Maßnahmen unterlassen, die notwendig sind, um Schaden abzuwenden. Auch das erwarten die Bürger zu Recht von uns.
Wenn sich der Staat schon bei einem Institut in erheblichem Umfang engagiert und noch weiter engagieren muss, dann muss auch sichergestellt sein, dass er in diesem Institut etwas zu sagen hat. Im Übrigen hat bei dem in Rede stehenden Institut der Markt die extrem starke Vermögensvernichtung vorgenommen: Während die Marktkapitalisierung im Januar 2006 des in Rede stehenden Institutes über 6 Milliarden Euro betragen hat, betrug sie gestern noch 160 Millionen Euro. Auch vor diesem Hintergrund müssen wir die Dinge einordnen. Das heißt, das staatliche Engagement, das notwendig ist und zukünftig noch notwendig werden wird, wird ein Vielfaches des momentanen Börsenwertes bzw. der momentanen Marktkapitalisierung betragen.
(Eduard Oswald (CDU/CSU): So ist es!)
Ich habe vorhin gesagt: Wir dürfen jetzt keine ordnungspolitische Prinzipienreiterei betreiben. Aber ebenso rate ich uns, jetzt nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. Als einen solchen Versuch betrachte ich die Forderung, jetzt die Börsenumsatzsteuer wieder einzuführen. Wir sollten jetzt nichts tun, was geeignet ist, den Finanzplatz Deutschland zu schwächen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Im Übrigen werden bei den privaten Anlegern seit dem 1. Januar Spekulationsgewinne ohnehin von der 25-prozentigen Abgeltungsteuer erfasst. Vielleicht hätten wir heute etwas weniger Probleme, wenn in der Vergangenheit nicht so viele Finanzmarktaktivitäten ins Ausland verlagert worden wären.
(Ortwin Runde (SPD): Ja!)
Wir sollten einer solchen Entwicklung keinen weiteren Vorschub leisten.
Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, die Stabilität des Finanzmarktes zu sichern und seine Funktionsfähigkeit wiederherzustellen.
(Eduard Oswald (CDU/CSU): So ist es!)
Um das zu erreichen, müssen wir den Banken helfen, auch wenn es uns nicht gefällt und auch wenn die Bürger im Lande ungläubig staunend fragen, warum wir das tun.
Dazu zitiere ich Barack Obama aus seiner ersten Rede als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika:
Ich weiß, wie unpopulär es jetzt ist, Banken zu helfen, besonders wenn man unter deren Fehlentscheidungen leidet ... Aber ich weiß auch, dass man auf Krisen nicht mit Wut reagieren oder der Stimmung des Augenblicks erliegen darf. Unser Job ist es, das Problem zu lösen. Unsere Aufgabe ist es, das mit Verantwortung zu tun ... Es geht nicht darum, Banken zu helfen. Es geht darum, den Menschen zu helfen.
Dem können wir uns inhaltlich nur voll anschließen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
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