Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Dr. Anja Weisgerber zur EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft, 9.11.2023:

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! 

Wenn Sie heute draußen spazieren gehen und tief einatmen, dann durchströmt saubere Luft Ihre Lungen. Dem Umweltbundesamt zufolge haben im Jahr 2022 nur noch zwei Messstellen in Deutschland den erforderlichen Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid verfehlt.

Das ist ein wichtiger Erfolg für die Luftreinhaltung und den Gesundheitsschutz. Sie, Frau Ganserer, haben gerade selbst festgestellt, dass sich die Luft erheblich verbessert hat. Die Luftreinhaltemaßnahmen im Verkehr, in der Industrie, in der Landwirtschaft und im Privatbereich haben gewirkt. Und der Verweis sei erlaubt: Dazu hat die Politik der unionsgeführten Bundesregierungen der letzten Jahre einen großen Beitrag geleistet, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Unstrittig ist: Die Luft kann natürlich immer noch sauberer werden. Wir wollen mit unserem Antrag in der heutigen Debatte aber auf die möglichen negativen Folgen einer weiteren Verschärfung der Grenzwerte hinweisen. Dabei geht es nicht darum, den Gesundheitsschutz infrage zu stellen. Es geht darum, eine sachliche Debatte darüber zu führen, wie wir für unsere Gesellschaft negative Auswirkungen verhindern.

Wir haben von der Bundesregierung erwartet, dass sie in Brüssel so verhandelt, dass es in Zukunft in Deutschland nicht wieder flächendeckend zu Fahrverboten kommt. Die Bürgerinnen und Bürger und die Gewerbetreibenden müssen weiterhin mit ihren Fahrzeugen auch in den Städten mobil sein können. Es kann nicht sein, dass verschärfte Grenzwerte für Luftschadstoffe aus Brüssel den Kommunen neue Klagewellen durch die Deutsche Umwelthilfe bescheren, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Aber was ist passiert? Deutschland hat sich bei diesem hochpolitischen Thema in Brüssel wieder einmal enthalten. Das zeigt zum wiederholten Male die Uneinigkeit innerhalb der Ampelregierung und damit auch Ihre Handlungsunfähigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Auch wir werden uns weiterhin für realistische Luftqualitätsgrenzwerte einsetzen, die die lokalen Gegebenheiten in den betroffenen Gebieten angemessen berücksichtigen. Fahrverbote verlagern den Verkehr nur an andere Orte, ohne dass sich die Luftqualität insgesamt verbessert. Wir brauchen technische Lösungen, um beispielsweise den Reifen- und Bremsabrieb, auch von E-Autos, zu reduzieren.

Und noch ein Wort zu den Grenzwerten und der Position des Europäischen Parlaments. Für Kleinstfeinstaubpartikel wie PM 2,5 soll ab 2035 nach dem Willen des EU-Parlaments ein Wert von 5 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gelten. Und weil Sie immer auf die Kommissionspräsidentin verweisen:

Die Abgeordneten der Ampelfraktionen haben sich für diese unrealistischen Grenzwerte im Europaparlament eingesetzt.

Ich kann an der Stelle nur sagen: Kämpfen Sie eher dafür, die Emissionen an der Quelle zu bekämpfen, – anstatt viel zu strenge, nicht einhaltbare Grenzwerte zu verabschieden.

Vielen Dank.
 

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