Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Thomas Erndl in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms am 14.6.2023:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Das ist eine wichtige Debatte, weil dieser schreckliche russische Angriffskrieg, weil die täglichen Kriegsverbrechen nie aus unserem Bewusstsein verschwinden dürfen. Ein europäisches Land muss jeden Tag ertragen, dass Drohnen und Marschflugkörper zivile Einrichtungen, Kraftwerke, Stromnetze, Schulen und Krankenhäuser zerstören. Das darf uns niemals gleichgültig sein; das darf niemals Normalität in Europa werden, meine Damen und Herren. Und wenn es Jahrzehnte dauert, aber jeder einzelne dieser russischen Verbrecher muss vor einem Gericht seine gerechte Strafe bekommen.

Russland trägt die alleinige Verantwortung für die Sprengung des Kachowka-Staudamms

Unter all den Kriegsverbrechen, die russische Truppen täglich begehen, ist die Sprengung des Kachowka-Staudamms besonders perfide. Wieder einmal ging es gegen zivile Infrastruktur. Große landwirtschaftliche Flächen sind auf Jahre unbrauchbar, und die Minen, die jetzt irgendwohin geschwemmt werden, stellen wahrscheinlich noch in Jahrzehnten eine Gefahr dar. Die Liste der katastrophalen Konsequenzen ist lang und bitter; die humanitären Auswirkungen sind fürchterlich. Dass dann auch noch bei Rettungsaktionen geschossen wird, da fehlen mir wirklich die Worte.
Russland trägt dafür die alleinige Verantwortung. Dass viele Menschen in Russland ihre Führung in diesem Vernichtungsfeldzug unterstützen, ist schwer erträglich. Es mag der täglichen Lügenpropaganda, die seit Jahren auf allen Kanälen ausgestrahlt wird, geschuldet sein, aber es zeigt vor allem, welch gewaltige Aufgabe wir in den nächsten Jahrzehnten haben. Wir müssen Sicherheit in Europa gegen Russland organisieren.

Diese Feindseligkeiten sind auch gegen uns gerichtet; das war im Übrigen schon vor 2022 deutlich wahrnehmbar. Die Raketen in Kaliningrad sind seit Jahren eine Bedrohung für uns. Und während wir hier in Berlin unsere Debatten führen, kämpfen in der Ukraine tagtäglich auch für die europäische Sicherheit. Sie kämpfen gegen russischen Imperialismus, der sich gegen große Teile Europas richtet.

Ich habe allergrößten Respekt vor den Ukrainerinnen und Ukrainern, die sich jeden Tag unter Einsatz ihres Lebens gegen den russischen Aggressor stellen. Unter für uns wirklich schwer vorstellbaren Bedingungen kämpfen sie auch für ein sicheres und freies Europa, meine Damen und Herren. Und genau deshalb müssen wir die Ukraine zuverlässig und dauerhaft unterstützen – mit Waffen und vor allem mit regelmäßigen Munitionslieferungen. Da wünsche ich mir, dass wir über die nächsten Monate hinausdenken und sicherstellen, dass wir auch im nächsten und im übernächsten Jahr lieferfähig sind, dass wir Material und Munition der Ukraine zur Verfügung stellen können. Dafür müssen wir jetzt Bestellungen auf den Weg bringen. 

Und schlussendlich wünsche ich mir, dass die Bundesregierung endlich eine klare Position zur NATO-Mitgliedschaft der Ukraine bezieht. Ich brauche keinen Bundeskanzler,
der beschreibt, dass es hier momentan keine Einigkeit gibt. Ich will einen Bundeskanzler, der Position bezieht und klar sagt: Ich bin dafür, dass die Ukraine Mitglied der NATO wird, und wir setzen einen klaren Pfad für diese Mitgliedschaft auf.

Weichenstellung für die Sicherheits- und Friedensarchitektur Europas

Wir befinden uns nämlich, meine Damen und Herren, in einer historischen Phase. Jetzt werden die Weichen für die Sicherheits- und Friedensarchitektur Europas gestellt. Da brauchen wir eine Bundesregierung, die beherzt handelt, die einen klaren Kompass für ein friedliches und sicheres Europa hat. Unsere Freunde haben große Erwartungen an uns. Aber diese Regierung bekommt es nicht mal hin, dass die Wagner-Organisation als Terrorgruppe eingestuft wird, nur weil irgendein Bedenkenträger aus der fünften Reihe angemeldet hat, dass es vielleicht schwierig sein könnte.

Dann wurde heute die Nationale Sicherheitsstrategie vorgestellt. Da bleibt natürlich abzuwarten, ob diese das Papier wert ist, weil sie nur umgesetzt wird, wenn die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen. Wenn wir hier keine signifikanten Steigerungen des Verteidigungshaushalts sehen, dann, meine Damen und Herren, hat die Bundesregierung den Ernst der Lage nicht verstanden.

Meine Damen und Herren, Putin will die Ukraine auslöschen; er will die Ukraine vernichten. Das darf nicht passieren; deshalb darf unsere Unterstützung nicht nachlassen. Wir sehen an der Gegenoffensive: Westliches Material hilft, Gebiete zu befreien; westliches Material rettet Leben. Fehlendes Material kostet Leben, meine Damen und Herren. Deshalb muss Deutschland in dieser schweren Zeit ein zuverlässiger Partner der Ukraine sein und das auch für die Zukunft sicherstellen.

Herzlichen Dank.
 

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