Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer zum Thema Europäische grenzübergreifende Vereine, 16.11.2023:

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Zu dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission vom 5. September dieses Jahres kann man nur sagen: „Nicht jedes Thema in Europa ist auch ein Thema für Europa“, und das sage ich, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ausdrücklich als überzeugter Europäer, der ich der Auffassung bin, dass Deutschland von der Mitgliedschaft in der Europäischen Union enorm profitiert.

Umso bedauerlicher ist es, dass die Europäische Kommission mit diesem Richtlinienvorschlag übergriffig wird, indem sie unnötigerweise eine neue Rechtsform schaffen will, nämlich den europäischen grenzübergreifenden Verein.

Wir haben in Europa ungefähr 3,8 Millionen Vereine. Davon sind gerade mal ungefähr 310.000 Vereine überhaupt im grenzübergreifenden Verkehr tätig, also weniger als 10 Prozent. Da stelle ich schon die Frage: Welche Notwendigkeit gibt es dann, eine neue Rechtsform zu schaffen? Wir in Deutschland haben mit den §§ 21 ff. Bürgerliches Gesetzbuch eine substanziierte, eine bewährte Grundlage, in der alles geregelt ist, was die 600 000 Vereine in Deutschland betrifft. Ich habe die große Befürchtung, meine Kolleginnen und Kollegen, dass wir vollkommen unnötigerweise die Vereinsvorsitzenden, die Abteilungsleiter verunsichern, indem eine neue Rechtsform geschaffen wird.

Es ist vom Kollegen Dr. Plum schon erwähnt worden: Es kommt insbesondere hinsichtlich der Auflösung eines Vereins sogar – und das ist höchst gefährlich – zu einer Erhöhung der Voraussetzungen, sprich: Es wird schwieriger, Vereine verbieten zu lassen. Vor diesem Hintergrund kann ich nur dringend davor warnen, dass die Europäische Kommission diesen Richtlinienentwurf weiter vorantreibt. Damit wird die Begeisterung für Europa in Deutschland nicht gestärkt, sondern das Gegenteil ist der Fall: Die Europaverdrossenheit wird deutlich gemehrt.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, was steht denn konkret in diesem Richtlinienentwurf? Darin stehen sehr viele detailreiche, umfassende, kleinteilige Regelungen, wie diese neue Rechtsform ausgestaltet wird. Es gibt keine Notwendigkeit dafür.

Stattdessen umfasst er sogar die höchstbedenkliche Regelung hinsichtlich der Frage der Auflösung eines Vereins. Wir erleben gerade in unserer heutigen Zeit, dass unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung leider auch vonseiten mancher Vereine angegriffen wird. Gerade in dieser Zeit ist es umso gefährlicher, wenn die Voraussetzungen für die Auflösung eines Vereins deutlich erhöht werden, eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegen muss, um überhaupt ein Vereinsverbotsverfahren initiieren zu können.

Gleiches gilt auch für die Frage des diskriminierungsfreien und offenen Zugangs zu öffentlichen Fördermitteln. Ich sehe die Gefahr, dass mit dieser Richtlinie sehr wohl auch die Möglichkeit geschaffen wird, dass ausländische Vereine verstärkt Zweigniederlassungen gründen, um in Deutschland an öffentliche Fördertöpfe zu gelangen.

Vor diesem Hintergrund der eindringliche und sehr herzliche Appell – insbesondere an die Regierungsfraktionen –, unserer Subsidiaritätsrüge zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

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