In der Augsburger Allgemeinen spricht Stefan Müller über digitale Kommunikation im politischen Raum, YouTuber Rezo und über einen möglichen Umbau der KfZ-Steuer.

Herr Müller, Sie sind aktiv in den sozialen Netzwerken unterwegs. Kürzlich haben Sie Rezo kritisiert, Frau Rackete auch und einige andere. Dafür haben Sie ordentlich auf den Deckel bekommen. Bleiben Sie trotzdem bei Twitter und Co. oder machen Sie es wie viele andere, die sich eine Auszeit nehmen?

Twitter gehört wie andere soziale Netzwerke zur politischen Kommunikation dazu. Die Bürgerinnen und Bürger informieren sich heute eben anders als noch vor 20 Jahren. Richtig ist aber auch, dass ein Ton auf Twitter angeschlagen wird, der nicht dem üblichen Umgangston entspricht. Trotzdem ist es notwendig, dass sich Politik auf Twitter bewegt. Über eine Auszeit denke ich also nicht nach.

Gab es schon Antworten auf Ihre Tweets, bei denen Sie gedacht haben: Das war jetzt echt unter der Gürtellinie, da wurde ich als Mensch empfindlich getroffen?

Wer austeilt, der muss auch einstecken können. Ich habe den Eindruck, dass mir das besser gelingt als beispielsweise Rezo. Er kann mit Kritik ganz offenbar nicht gut umgehen. Seine Erwiderungen arten meistens in Beleidigungen aus. Auf dieses Niveau möchte ich mich nicht begeben. Ich habe bei Rezo versucht, ihm seine Informationsdefizite aufzuzeigen.

Sie teilen auch gerne aus. Kevin Kühnert etwa bekam schon viel Kritik ab. Haben Sie schon mal einen Tweet abgesetzt, den sie später am liebsten wieder zurückgezogen hätten?

Nein.

Sie sind schon lange im Politikbetrieb dabei. Was ist die gravierendste Veränderung in der Kommunikation zwischen Partei und Wähler, die von den sozialen Medien ausgelöst wurde?

Die Geschwindigkeit hat sich definitiv verändert. Im Oktober bin ich 17 Jahre im Bundestag. Wenn ich mir diese Zeitspanne anschaue, dann hat die Bedeutung des Internets und vor allem die der sozialen Netzwerke deutlich zugenommen. Damit geht einher, dass wir uns heute sehr viel mehr mit Fake News auseinandersetzen müssen. Manchmal vergeht kein Tag, ohne dass ich aus meinem Wahlkreis auf Gerüchte angesprochen werde, die im Netz kursieren und die sich dann als falsch herausstellen.

Haben Sie mal ein Beispiel?

Ich bin gefragt worden, ob die Bargeldgrenze bei Einkäufen wirklich auf 2000 Euro runtergesetzt wird. Wird sie nicht. Es gibt eine Bargeldgrenze beim Kauf von Goldbarren, die in der Diskussion war. Die gilt aber nicht für alle anderen Einkäufe. Da muss ich dann aufklären. Das ist eine neue Form der politischen Öffentlichkeitsarbeit.

Können Sie gewichten, welchen Raum die sozialen Medien im gesamten Bereich der Kommunikation der CSU-Landesgruppe einnehmen?

Wir haben unsere gesamte Kommunikationsarbeit, insbesondere im Bereich Soziale Medien, in den vergangenen Monaten viel breiter aufgestellt. Wir bespielen alle relevanten Kanäle von Facebook über Instagram bis hin zu Twitter. Wir haben unser Digital-Team aufgestockt und bieten unseren Abgeordneten die Möglichkeit, sich selber stärker einzubringen. Grob geschätzt besteht unsere Kommunikationsarbeit noch zu zweit Dritteln aus klassischer Pressearbeit und zu einem Drittel aus digitaler Kommunikation. Wobei sich das Verhältnis immer weiter ins Digitale verschiebt.

Ein viel diskutiertes Themen im Netz ist der Klimaschutz. Die Union wird da zum Klimakabinett am 20. September ganz analog ein Papier vorlegen. Wie weit sind Sie und wohin geht die Reise beim Stichwort CO2-Bepreisung?

Wir sind gerade dabei, uns konzeptionell aufzustellen. Kommenden Sonntag ist Koalitionsausschuss, da wird das Thema sicherlich besprochen. Konkret kann man dem Klimakabinett nicht vorgreifen. Grundsätzlich sind uns zwei Dinge wichtig: Wir wollen Freiwilligkeit statt Bevormundung und Anreize statt Verbote. Wir wollen die Kfz-Steuer so umbauen, dass nicht mehr der Hubraum entscheidend ist, sondern der CO2-Ausstoß des Autos. Und wir wollen den Einbau neuer Heizungen unterstützen, um nur mal zwei Beispiele zu nennen. Ich denke, da kann man in der Koalition relativ einfach Einvernehmen herstellen.

Selbst politische Gegner loben, wie die CSU und ihr Parteivorsitzender Markus Söder das Thema Klima- und Umweltschutz in den Griff bekommen haben. Aus der Landesgruppe heraus sind Stimmen zu hören, dem müsse als logischer Schritt folgen, dass Söder in Berlin noch mehr Raum einnimmt und sich quasi als Kompromiss-Kanzlerkandidat positioniert. Was halten Sie davon?

Ich habe eine solche Diskussion nicht wahrgenommen. Das Thema Kompromiss-Kanzlerkandidat ist ja allein deshalb schon erledigt, weil Markus Söder das für sich ausgeschlossen hat. Ich kenne Markus Söder jetzt seit mehr als 25 Jahren und ich habe noch nie an einer seiner Aussagen gezweifelt.

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