Rede zum OAE-Einsatz der Bundeswehr
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2014 feiern wir das 20-jährige Bestehen der Partnerschaft für den Frieden und des Mittelmeerdialogs. Als eine Nation, die gerade einmal 1,1 Prozent der Weltbevölkerung vertritt, brauchen wir Freunde und Bündnispartner. Neben der Europäischen Union ist die NATO das wichtigste sicherheitspolitische Bündnis für Deutschland. Es liegt in unserem Interesse, gemeinsam mit unseren Partnern an einem Strang zu ziehen. Das gilt gerade auch für die NATO-Operation Active Endeavour.
Die NATO funktioniert im Grunde wie ein Geländewagen.
(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie besteht aus verschiedenen Bauteilen, die für ihre Handlungsfähigkeit und ihr Vorwärtskommen verantwortlich sind. Die USA nehmen derzeit eine herausgestellte Rolle als treibende Motorkraft ein. Die Frage ist: Wie lange noch?
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wir sind am Arsch!)
– Wir sind am Lenkrad.
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das wollte ich einmal wissen!)
Es zeigt sich, dass dieser Motor zu stottern beginnt. Ein Motor kann zwar antreiben, doch es braucht mehr, um seine Kraft umzusetzen. Die USA können und wollen die globalen Aufgaben aller Nationen nicht mehr übernehmen.
Die ehemalige Außenministerin Hillary Clinton hat deutlich gemacht: Der Weg der USA führt weg von Nordafrika und vom Nahen Osten hin zum Pazifischen Ozean. Dadurch öffnen sich neue Lücken und Freiräume, die von anderen Nationen ausgefüllt werden müssen.
Währenddessen reduzieren viele unserer europäischen Partner ihre militärischen Ausgaben. Gleichzeitig sind wir mit einer instabilen Lage in Nordafrika und im Nahen Osten konfrontiert. Unsere Präsenz in diesen Gebieten ist somit weiterhin gefordert.
Die Lage in Ägypten bleibt weiter angespannt. Trotz der erfolgreichen Abstimmung über die neue Verfassung ist die Stabilität des Landes noch lange nicht wiederhergestellt. In Libyen geben undurchsichtige Milizen den Ton an. Im gesamten nordafrikanischen Raum breiten sich islamistische Gruppierungen aus, bestückt mit Waffen aus Gaddafis Lagern.
Der gesamte Nahe Osten ist weiterhin ein Pulverfass, neben dem das Feuer in Syrien brennt.
Die Seeraumüberwachung im Mittelmeer ist also notwendig, um frühzeitig die Entwicklungen vor Ort auf dem Schirm zu haben. Zudem ist es unser Interesse, ein vertrauenswürdiges Verhältnis zu den Anrainerstaaten zu erhalten oder aufzubauen. OAE hat sich in der Vergangenheit bereits als Kooperationsplattform bewährt, zum Beispiel mit der Beteiligung Russlands. OAE hat neben der Informationsgewinnung zweifelsohne weitere positive Sicherheitsaspekte. Diese sind gerade für uns als Handelsnation von Bedeutung. Ich erinnere an die 220 000 Handelsschiffe, die jedes Jahr das Mittelmeer durchkreuzen. Deshalb haben wir als Deutsche und Europäer ein großes Interesse an der Operation Active Endeavour.
Ein unilateraler Ausstieg Deutschlands aus der Operation hätte zudem weitreichende Folgen für unsere Stellung in der NATO. Er würde unsere internationale Verlässlichkeit infrage stellen. Wir müssen uns bewusst sein, dass sich unsere Freunde und Partner in EU und NATO auf uns verlassen. Deutschland kann als Anlehnungsmacht fungieren. Als stärkste Wirtschaftsnation Europas sollten wir unserer Rolle gerecht werden und Verantwortung übernehmen. Wir sind ein verlässlicher Partner.
(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wer hat das aufgeschrieben?)
Gleichzeitig können und wollen wir unsere Rolle in der NATO nutzen, um die Operation Active Endeavour auf neue Füße zu stellen. Das Aufgabenspektrum von OAE hat sich innerhalb der vergangenen Jahre gewandelt. Die einstmals als Antiterrormaßnahme konzipierte Operation ist mittlerweile von einem viel stärkeren präventiven Ordnungsfaktor gekennzeichnet. Unser Ziel ist die Entkopplung der Operation von Art. 5 des Nordatlantikvertrags und die Überarbeitung des Operationsplans. Wir haben dazu im April 2013 einen NATO-Beschluss erwirkt, der eine Perspektive für 2014/2015 aufzeigt. Wir haben den Stein ins Rollen gebracht. Jetzt ist es wichtig, den eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir unser Ziel erreichen werden. Wir müssen uns aber weiterhin unserer Verantwortung stellen.
Der vorliegende Antrag der Bundesregierung ist eine vorübergehende, aber notwendige Lösung. Mit diesem Übergangsmandat werden wir unserer bündnispolitischen Verlässlichkeit gerecht.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der koalitionspolitischen vor allen Dingen!)
Gleichzeitig machen wir unseren Willen zur gemeinsamen Seeraumüberwachung im Mittelmeerraum deutlich. Mit der Fortsetzung der Operation Active Endeavour übernehmen wir, ganz gemäß unserem Koalitionsvertrag, „Verantwortung in der Welt“.
(Lachen bei der LINKEN)
Abschließend danke ich allen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr für ihren Dienst an unserem Land, insbesondere all jenen, die für die Operation Active Endeavour eingesetzt wurden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
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