Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stephan Stracke in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag zum Thema Arbeit und Soziales, 10.9.2024:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Liebe Kollegin Raffelhüschen, das war ja ein Totalverriss der eigenen Regierungsarbeit, den Sie hier zur Kenntnis gebracht haben.

Ich habe den Eindruck, Sie bereiten sich schon auf die Opposition in diesem Land vor, weil Sie erkennbar abgewirtschaftet haben.

Die deutsche Wirtschaft steckt tatsächlich in einer Krise fest. Während die Wirtschaft im Ausland wächst, geht bei uns nichts voran. Die einzigen Steigerungen bei uns gibt es bei der Kurzarbeit, der Arbeitslosigkeit und der Zahl der Bürgergeldempfänger. Wir sind auf die Krise schlecht vorbereitet.

Schuld daran trägt diese Bundesregierung.

Sie trägt nämlich die Verantwortung dafür, dass die Bundesagentur für Arbeit immer weniger Mittel für die Krise zurücklegen kann, die uns unter Umständen noch bevorsteht. Wenn wir dieses Jahr mit einer Nullrücklage rauskommen, dann sind wir gut gefahren. Das hängt auch damit zusammen, dass Sie der Bundesagentur für Arbeit immer neue Lasten auferlegen. Allein in diesem Jahr sind es 900 Millionen Euro, die bei den Ausgaben der Bundesagentur dazukommen sollen. Das ist ein reiner Verschiebebahnhof zulasten der Arbeitslosenversicherung; denn diese Mittel müssten eigentlich über den Haushalt finanziert werden.

Die Krise, die wir erfahren müssen, ist keine konjunkturelle; sie ist eine strukturelle, eine hausgemachte. Die Ampel hat dieses Land in die Sackgasse manövriert und kriegt es jetzt aus dieser Sackgasse nicht mehr heraus.

Statt Wachstumsimpulse zu setzen, ist diese Ampel heillos zerstritten.

Sie stehen nur noch für Resignation und Frustration. Dafür haben Sie bei den Landtagswahlen auch verdient die Quittung erhalten.

Aus reiner Panik – anders ist es gar nicht zu verstehen – zieht jetzt der Bundesarbeitsminister wieder die Mindestlohnkarte.

Schauen wir auf die Aufstocker, Herr Bundesarbeitsminister! Es wäre viel sinnvoller, wenn diejenigen, die aufstocken, in Vollzeit tätig wären. Das wäre ein wirksames Mittel, dass sie nicht in Armut sind: Sie müssen in Vollzeit tätig werden.

Dafür müssten Sie sorgen, Herr Bundesarbeitsminister, und für nichts anderes.

Sie wollen das Bundestariftreuegesetz auf den Weg bringen. Ja, wir brauchen Vergaben, die möglichst schnell, einfach und kostengünstig sind, gerade was das Land angeht. Aber das, was jetzt kommt, führt dazu, dass Vergaben langsamer, komplizierter und teurer werden. So setzt man keine Wachstumsimpulse in diesem Land.

Dieses Gesetz wirkt wie aus der Zeit gefallen. Lassen Sie es zum jetzigen Zeitpunkt am besten sein!

Was wir stattdessen brauchen, ist, dass sich Leistungsbereitschaft, Arbeit und Mehrarbeit in diesem Land wieder deutlich mehr lohnen.

Sie wollen eine Prämie für diejenigen auf den Weg bringen, die nicht in Rente gehen, sondern in ihrem Job bleiben. Aber ab wann soll es diese Prämie geben? Nicht dieses Jahr, nicht nächstes Jahr, nicht im übernächsten Jahr, nein, erst am Sankt-Nimmerleins-Tag, am 1. Januar 2028. So sehen Ihre Wachstumsimpulse aus. Herr Bundesarbeitsminister, wir brauchen jetzt Anreize für längeres Arbeiten und nicht irgendwann.

Sie haben an diesem Pult überhaupt nichts zum Bürgergeld gesagt.

Dazu kam von Ihnen kein einziges Wort, offensichtlich weil Sie hätten eingestehen müssen, dass Sie mit Ihrem Bürgergeld krachend gescheitert sind. Es ist eine verkorkste Reform gewesen.

Sie haben sie als die größte Sozialstaatsreform seit 20 Jahren gepriesen. Tatsächlich war das der größte Sozialstaats-Flop seit 20 Jahren.

Dieses Bürgergeld ist eine Arbeits-, Wachstums- und Integrationsbremse, die unserem Land schadet.

Deswegen müssen wir es abschaffen und durch die neue Grundsicherung, so wie es die Union vorgeschlagen hat, ersetzen. Das nützt dem Land, das nützt den Arbeitslosen.

Die Zahlen zeigen es ja: Seit Inkrafttreten des Bürgergeldes sind 200 000 mehr Bürgergeldempfänger zu verzeichnen, und das trotz der Tatsache, dass wir über 1 Million offene Stellen in diesem Land haben.

Überall fehlen Arbeitskräfte; aber Sie bringen sie nicht in Arbeit, weil Sie die Jobcenter viel zu schwach ausstatten, sodass sie ihrer Arbeit nicht nachkommen können.

„Vermitteln, vermitteln, vermitteln“ bedeutet eben auch, dass die Personalausstattung, dass die Mittel entsprechend hoch sein müssen. Dafür sorgen Sie nicht. Die Folge davon ist, dass Sie in diesem Nachtragshaushalt 3,7 Milliarden Euro mehr Geld bedürfen. Und jetzt wollen Sie 5,5 Milliarden Euro sparen. Das ist eine reine Luftnummer. Die Vergangenheit hat gezeigt: Sie können es nicht.

Sie werden es auch in Zukunft nicht können. Sie gehören abgelöst und auf die Oppositionsbank.

Lassen Sie uns ran!

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