Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Mechthilde Wittmann zur Arbeitsmarktintegration von Schutzberechtigten, 19.10.2023.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! 

Sehr geehrte Frau Schierenbeck, ich darf mich herzlich für Ihren Beitrag bedanken. Sie haben uns damit mitgeteilt, dass Sie wohl mit unserem Antrag stimmen werden, und wir hoffen, Sie können auch Ihre Fraktion davon überzeugen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, derzeit haben wir aufgrund der Asylmigration mindestens 1,5 Millionen Menschen in unserem Land, und davon sind die allermeisten nicht nur erwerbsfähig, sondern sie sind auch erwerbsberechtigt. Tatsächlich sehen aber die Fakten derzeit vollkommen anders aus: Wir haben im Juni 2023, also dieses Jahr, bei Menschen aus den Hauptherkunftsländern eine Quote im Bürgergeld von sage und schreibe 45 Prozent. 45 Prozent derer, die zu uns kommen, weil sie Schutz suchen, die – davon gehe ich aus – dieser Gesellschaft dankbar sind, dass sie diesen Schutz bei uns bekommen, wollen bei uns nicht arbeiten, obwohl sie arbeiten dürfen und können.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Frau Kollegin, möchten Sie eine Zwischenfrage der Frau Müller-Gemmeke zulassen?

Mechthilde Wittmann (CDU/CSU):
Sie hatte zwar schon ausreichend Redezeit; aber wenn sie unbedingt will.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, dass ich die Frage stellen kann.

Frau Wittmann, Sie haben gerade gesagt, dass die Quote um die 45 Prozent ist, dass also nur so viele arbeiten.

Mechthilde Wittmann (CDU/CSU):
Habe ich gar nicht gesagt.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sie haben gerade gesagt: eine hohe Quote von 45 Prozent. Das ist die SGB-II-Quote, die Sie hier benennen, und die SGB-II-Quote berechnet sich aus allen, die Leistungen nach dem SGB II, also Bürgergeld, beziehen; das sind Jugendliche, das sind Kinder, das sind Menschen, die krank sind.

Mechthilde Wittmann (CDU/CSU):
Falsch.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein. – 5,5 Millionen Menschen beziehen Bürgergeld. Und die Quote, die Sie genannt haben, ist natürlich hoch, weil die Geflüchteten zum Teil eben auch Frauen mit Kindern sind, es sind Kranke dabei.

Von daher ist es nicht korrekt, dass Sie diese Quote verwenden. Es handelt sich um ungefähr 550.000 Geflüchtete, und die Quote ist um einiges niedriger, wenn die nur mit diesen erwerbsfähigen arbeitslosen Geflüchteten, die eine Anerkennung haben, berechnet wird. Könnten Sie das bitte zur Kenntnis nehmen!

Mechthilde Wittmann (CDU/CSU):
Dürfte ich Sie um Ihre Frage bitten?

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Nein, ich darf ja auch eine Anmerkung machen.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
In der Tat. Beides ist möglich.

Mechthilde Wittmann (CDU/CSU):
So, dann werde ich Ihnen gerne beides beantworten.

Das, was ich benannt habe, ist nicht die SGB-II-Quote, sondern das sind aus der SGB-II-Quote herausgerechnet diejenigen, die erwerbsfähig und -berechtigt sind; dieses habe ich vorher auch gesagt. Und ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie in Zukunft, bevor Sie eine Bemerkung machen, die Worte, die ich hier an das Parlament richte, auch zur Kenntnis nehmen. 

So, ich darf weitermachen. – Meine Damen und Herren, wir haben also weniger das Problem, dass diejenigen, die arbeiten wollen, nicht arbeiten dürfen, wir haben mehr das Problem, dass diejenigen, die arbeiten könnten, aus einem uns nicht ganz bekannten Grund – jedenfalls sollen wir es hier im Hause ja wohl nicht sagen – nicht arbeiten. Aber Tatsache ist doch, dass wir mit dem Bürgergeld einen Anreiz geschaffen haben, der es einfach nicht mehr richtig erscheinen lässt, überhaupt arbeiten zu gehen. Genau deswegen wollen diese Menschen nicht arbeiten.

Aber wir haben natürlich einen außerordentlichen Vorteil: Wir sind sehr häufig in unseren Gemeinden unterwegs, wir sind sehr häufig bei unseren Bürgern und sprechen mit diesen, und diese trauen sich auch, uns anzusprechen, weil sie wissen, dass sie von uns nicht mit irgendwelchen Himmelsschlössern, die die Ideologie nachweisen sollen, bedient werden, sondern dass wir zuhören.

Und wenn wir zuhören, dann erfahren wir, dass es jede Woche insbesondere in der Landwirtschaft, in der Gastro, übrigens auch in den Schaustellerbetrieben und bei ähnlichen Betrieben Angebote gibt, dort zu arbeiten.

Die Menschen wollen arbeiten – aber schwarz, neben dem Bürgergeld. Und das ist falsch. Frau Bünger, da komme ich zu Ihnen: Skandalös ist es nicht, dass man denjenigen, die Bürgergeld annehmen, auch zumutet, den ein oder anderen Beitrag in der Gesellschaft zu leisten. Skandalös ist es, das Geld zu nehmen, das die Bürgerinnen und Bürger erwirtschaften, ohne einen Eigenbeitrag zu leisten. – Ich habe das Menschenbild, dass, wenn man Leistungen bekommt, man auch etwas dafür zurückgibt; so einfach ist mein Menschenbild. Und damit treffe ich bei einem ganz hohen Anteil der deutschen Bevölkerung auf Zustimmung.

Meine Damen und Herren, Sie haben vorhin die Ukraine angesprochen. Ich wollte dieses Thema eigentlich außen vorlassen. Aber nachdem Sie von der erfolgreichen Integration der ukrainischen Geflüchteten in den Arbeitsmarkt geredet haben, darf ich Ihnen die Zahlen hier vorstellen – auch diese habe ich nicht erfunden; sie stammen von der Bundesagentur für Arbeit –: Derzeit arbeiten 18 Prozent der ukrainischen Geflüchteten, und zwar von denen, die arbeiten können und dürfen – es dürfen eigentlich alle. Davon arbeiten insgesamt 7 Prozent Vollzeit, 6,5 Prozent Teilzeit und 3 Prozent geringfügig. Das ist wenig. Das ist keine erfolgreiche Leistung, das ist Ausdruck davon – wie der Bundesrechnungshof moniert hat –, dass das Arbeitsamt hier nicht zum Zuge kommt.

Deswegen, meine Damen und Herren, stimmen Sie der Tatsache zu: Es wird die Integration in die Gesellschaft und die Anerkennung durch unsere Gesellschaft fördern, wenn diese Menschen wenigstens gemeinnützig einen kleinen Anteil leisten.

Ich danke Ihnen.
 

Druckversion