Interview 14.10.2015
Michael Frieser nach dem "Safe-Harbor"-Urteil: Zügig über ein neues Datenschutzabkommen verständigen
Michael Frieser
© Tobias Koch

Der EuGH hat in der vergangenen Woche die sogenannte Safe-Harbor-Vereinbarung zwischen der EU und den USA für ungültig erklärt. Anlass war eine Klage gegen Facebook, welches persönliche Daten seiner Nutzer auf Server in die USA weiterleitet. Das Urteil zeige, dass die Grundrechte von EU-Bürgern nicht an der Grenze enden, machte Michael Frieser, innen- und rechtspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe deutlich. Jetzt müsse man sich zügig auf ein neues Datenschutzabkommen verständigen.

Herr Frieser, der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Abkommen zwischen der EU und den USA für ungültig erklärt. Wie geht es jetzt weiter?
Frieser: Der Europäische Gerichtshof hat unmissverständlich klargestellt, dass die Grundrechte von EU-Bürgern nicht an der Grenze enden. Nun ist es an der EU-Kommission und den USA sich zügig auf ein neues Datenschutzabkommen zu verständigen, dass digitalen Fortschritt ermöglicht ohne den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz bei der Nutzung und Übermittlung von personenbezogenen Daten zu vernachlässigen. Auch bei den momentanen Trilogverhandlungen zur Datenschutzgrundverordnung müssen eventuell bereits gefundene Kompromisse zu Drittstaatentransfers von Daten nochmals im Licht des EuGH-Urteils geprüft werden.
 

Was bedeutet das Urteil für jeden Einzelnen von uns?
Frieser: Das Urteil stärkt unsere Position als Verbraucher. Bisher konnte nicht ausgeschlossen werden, dass US-Behörden auf personenbezogene Daten zugreifen. Diese Rechtsunsicherheit wird langfristig beseitigt, da das Urteil voraussichtlich die Anhebung der Datenschutzstandards auf die vom EuGH formulierten Kriterien zur Folge haben wird.
 

Neben Facebook haben auch viele deutsche Unternehmen ihre Daten auf Servern in den USA lagern. Welche Folgen hat das Urteil deshalb für die Wirtschaft?
Frieser: Über 4.400 Unternehmen nutzten Safe-Harbor. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob sie nun eine komplette Neuorganisation ihres Datenaustausches mit Europa vornehmen müssen oder ob die Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA auf Grundlage anderer Verträge, Vereinbarungen oder bindender Unternehmensregelungen weiter möglich ist. Um Rechtssicherheit zu schaffen und wirtschaftlichen Schaden zu verhindern, müssen die Verhandlungen mit den USA über ein neues Datenschutzkonzept deshalb schnellstmöglich abgeschlossen werden. 

 

Hintergrund: 

Die Safe-Harbor-Vereinbarung ermöglichte es Unternehmen, personenbezogene Daten in Übereinstimmung mit der europäischen Datenschutzrichtlinie aus einem Land der Europäischen Union in die USA zu übermitteln. US-Unternehmen konnten der Vereinbarung beitreten und sich auf einer Liste eintragen lassen, wenn sie sich verpflichteten, die „Safe-Harbor-Prinzipien“ zu befolgen. Bei diesen Unternehmen bestehe demnach ein ausreichender Schutz für die personenbezogenen Daten von EU-Bürgern. Das hatte die EU-Kommission in der Safe-Harbor-Entscheidung im Juli 2000 anerkannt.