
Rede zu keine Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen
Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Verbrechen der Aggression. Für diese schweren Verbrechen wurde mit dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs eine Gerichtsbarkeit für eine Aburteilung geschaffen. Diese Statuten bilden seit Inkrafttreten am 1. Juli 2002 elementare Pfeiler im weltweiten Völkerrecht. Für die Aburteilung der Völkerrechtsverbrechen ist seit 2002 der Internationale Strafgerichtshof berufen.
Es ist mit Sorge zu beobachten, dass das Völkerstrafrecht mit dem Internationalen Strafgerichtshof eine Legitimationskrise zu durchlaufen scheint. Weiterhin lehnen einige wichtige Länder, so zum Beispiel die Vereinigten Staaten von Amerika, den Internationalen Strafgerichtshof ab. Durch den Abschluss bilateraler Verträge mit Mitgliedsländern des IStGH versuchen die USA, eine Überstellung von US-Staatsangehörigen an den IStGH vorsorglich auszuschließen. Zudem haben Südafrika und Burundi den Austritt aus dem IStGH im Oktober 2016 bekanntgegeben. In Namibia und Kenia gibt es ebenfalls Erwägungen zum Austritt. Mit dem Rückzug der Unterschrift Russlands hat sich ein weiteres Land vom Internationalen Strafgerichtshof entfernt. Seien die Hintergründe für die Entscheidung zur Abkehr der einzelnen Länder auch noch so tiefgreifend und spezifisch, ist diese Entwicklung eine Tendenz in die falsche Richtung.
Entgegen der Tatsache, dass sich die Gerichtsbarkeit nur auf Verbrechen erstreckt, welche nach dem Inkrafttreten des Römischen Statuts begangen wurden, wurde doch in bisher 23 Fällen für Gerechtigkeit und juristische Aufarbeitung gesorgt. Der Internationale Strafgerichtshof stellt somit eine tragende Säule der internationalen Rechtsprechung dar.
Um eine gerechte und einheitliche Grundlage auf internationaler Ebene und im Interesse aller teilnehmenden Staaten zu schaffen, haben sich die Mitgliedstaaten auf der Überprüfungskonferenz in Kampala im Jahr 2010 auf weitere Punkte einigen können. Konnte man sich bisher nicht auf eine Definition des Verbrechens der Aggression einigen, so gelang 2010 eben dies. Auch der Streit über die Rolle des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen bei der Entscheidung, ob ein Akt der Aggression vorliegt, konnte beigelegt werden. So muss nun eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen vorliegen. Als konkretes Beispiel wird ein Angriffskrieg genannt. Deutschland hat neben 27 anderen Staaten die Änderungen ratifiziert.
Die Vorbereitung eines Angriffskriegs ist derzeit nach § 80 StGB strafbar und setzt die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Artikel 26 GG um. Mit der Verlagerung in das VStGB verschiebt sich der Charakter der Aggression von einem Staatsschutz- hin zu einem Weltfriedensdelikt. Dies entspricht einer völkerrechtsfreundlichen Umsetzung. Das Verbrechen der Aggression wendet sich als Führungsverbrechen gegen Personen eines Staates, die tatsächlich in der Lage sind, das politische oder militärische Handeln zu kontrollieren und zu lenken.
Im Zuge der Verfolgungszuständigkeit gilt dennoch unabdingbar der Grundsatz der Komplementarität. Dies bedeutet, dass der Internationale Strafgerichtshof nur dann aktiv wird und die Strafverfolgung ausübt, wenn die nationalen Behörden und Gerichte hierzu nicht in der Lage sind. Dies wird vor allem in labilen Staaten ohne eine unabhängige Justiz der Fall sein. Wir können mit Stolz sagen, dass wir in Deutschland nicht betroffen sind.
Wir haben einen funktionierenden Rechtsstaat mit unabhängigen Gerichten zur Aburteilung von Völkerrechtsverbrechen. Die Ergebnisse der Konferenz von Kampala finden sich als neuer Straftatbestand des Verbrechens der Aggression im Binnenrecht umgesetzt. Das Völkerstrafrecht erfährt seine Vervollständigung. Der richtige Ort ist das Völkerstrafgesetzbuch. Dort finden sich auch die anderen aufgezählten völkerrechtlichen Kernverbrechen. Damit kommt das Verbrechen der Aggression als schwere Völkerstraftat zur Geltung. In diesem Zusammenhang findet sich der erwähnte Straftatbestand der Vorbereitung eines Angriffskrieges nun auch in der Definition des Verbrechens der Aggression im Völkerstrafgesetzbuch wieder.
Gleichwohl können wir uns glücklich schätzen, dass der bisherige Tatbestand der Vorbereitung eines Angriffskrieges nur wenig praktische Relevanz hat. Anzeigevorgänge führten regelmäßig schon zu keiner Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Dies zeigt, dass die Bundesrepublik Deutschland sich derzeit keinen Gefahren durch solche Straftaten ausgesetzt sieht.