20.02.2014
Ein gesunder Mensch hat viele Wünsche, ein kranker nur einen Wunsch
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Rede zur unabhängigen Patientenberatung

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das System der Gesundheitsversorgung in Deutschland gehört zu den besten und leistungsfähigsten Systemen weltweit. Gleichzeitig hatten die Patienten in unserem Land noch nie so viele verbriefte Rechte wie heute. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr ist das Patientenrechtegesetz in Kraft getreten und hat die Grundlage dafür geschaffen, dass der Patient gleichberechtigter Partner im Gesundheitssystem geworden ist. Dabei ist gelungen, was im Gesundheitswesen selten genug passiert, nämlich dass eine für alle Akteure tragbare Lösung herausgekommen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Stichworte hierzu heißen „Transparenz“ und „Rechtssicherheit“. Zum ersten Mal in seiner über 100-jährigen Geschichte gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch eine klare gesetzliche Regelung des medizinischen Behandlungsrechts. Die Zeiten des kunstvollen, aber ungeschriebenen Richterrechts sind jetzt vorbei.

Wer zum Arzt geht, hat ein Recht darauf, alles zu erfahren, was für die Behandlung relevant ist. Das beginnt bei der Diagnose und geht über die Folgen und Risiken der Behandlung bis hin zu alternativen Heilungsmöglichkeiten.

Die Kosten sind transparenter geworden; denn der Arzt muss bei individuellen Gesundheitsleistungen den Patienten vorher aufklären und informieren, wie viel er zuzahlen muss.

Es gibt jetzt klare gesetzliche Maßstäbe für die ärztliche Dokumentation; gleichzeitig hat der Patient grundsätzlich das Recht, seine Patientenakte jederzeit einzusehen.

Bei Behandlungsfehlern ist das oberste Ziel die Gesundheit des Patienten. Meine Damen und Herren, auch im medizinischen Bereich passieren – leider – Fehler, ganz einfach weil hier Menschen am Werke sind. Heute kann jedoch ein Arzt Behandlungsfehler gegenüber dem Patienten zugeben und korrigieren, ohne gleich befürchten zu müssen, strafrechtlich belangt zu werden.

Diese neue Fehlerkultur gilt auch im stationären Bereich. Neben einem verpflichtenden Beschwerdemanagement gibt es eine Förderung für Fehlermeldesysteme in Kliniken. Auch da gilt: Fehler werden wir nie verhindern können; aber wir können aus Fehlern lernen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wie Sie sehen, hat es etliche Verbesserungen für die Patienten gegeben, und das ist gut und richtig. Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Fragen zu den Vorgängen im Gesundheitswesen haben. Sie wollen zum Beispiel mehr zur Behandlung, zu Kassenleistungen, zu ihren Rechten als Patienten wissen. Dabei brauchen sie Unterstützung und Beratung. Genau deshalb haben wir die Unabhängige Patientenberatung von Anfang an unterstützt und konsequent weiterentwickelt. Es war nämlich zu Zeiten der christlich-liberalen Bundesregierung im Jahr 2011, als aus dem Modellversuch „Patientenberatung“ eine Regelleistung gemacht wurde. Das sollten wir auch nicht vergessen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die UPD leistet seitdem einen wichtigen Beitrag dazu, das Leitbild des mündigen und selbstbestimmten Patienten Schritt für Schritt zu verwirklichen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich diese Gelegenheit nutzen, um eine Lanze für die vielen engagierten Mitarbeiter der Unabhängigen Patientenberatung zu brechen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE] und Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist ihre Arbeit, die von den Patienten zu Recht so gut angenommen wird. Dafür gebührt ihnen unser aller Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE] und Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren von den Grünen, in Ihrem vorliegenden Antrag fordern Sie den kontinuierlichen Ausbau der UPD. Ich gestehe, da sind wir gar nicht weit auseinander.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Prima!)

Wir sollten aber auch nicht vergessen, dass es die UPD in der heutigen Form gerade einmal drei Jahre gibt. Lassen Sie uns doch erst einmal abwarten, wo sich der Beratungsbedarf einpendelt, bevor wir am Geldhahn der Versicherten drehen.

Wir sind uns darin einig, dass wir gezielt auf jene Menschen zugehen müssen, die besondere Unterstützung brauchen. Die UPD hat darauf hingewiesen, dass vor allem ältere Menschen, Menschen mit geringen finanziellen Ressourcen und Bürger mit Migrationshintergrund besonderen Beratungsbedarf haben. Dem gerecht zu werden werden wir uns selbstverständlich bemühen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich freue mich an dieser Stelle übrigens ganz besonders darüber, dass Sie das Motto der CSU „Näher am Menschen“ so gut verinnerlicht haben.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kennen wir schon länger!)

Ihre Forderung, die Zahl der Beratungsstellen von 22 auf 31 Büros auszubauen, halte ich dennoch für verfrüht. Natürlich liest sich das auf dem Papier zunächst gut, aber auch wenn Sie den Antrag dreimal einbringen, wird er dadurch nicht stichhaltiger.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie einmal stichhaltig etwas dagegen!)

Bei den allermeisten Patienten ist völlig unklar, ob am Ende eine spürbare Verbesserung erreicht wird. Nach den aktuellen Zahlen der UPD wählen etwa 80 Prozent der Ratsuchenden das Telefon als Beratungsmedium. Sie selbst schreiben, dass von allen Anrufern bei der UPD – Sie sagten das vorhin auch – nur noch durchschnittlich 42 Prozent tatsächlich eine Beratung bekommen. Der Rest – immerhin 58 Prozent der Anrufer – bleibt in der Wartschleife hängen. Das ist ein Anstieg um 24 Prozentpunkte seit 2010. Da müssen wir, glaube ich, ansetzen. Das Geld sollte dorthin, wo es am meisten hilft, nämlich zur Telefonberatung.

Lassen Sie uns an dieser Stelle nicht vergessen, dass auch andere Stellen viel Gutes in der Patientenberatung leisten. Ich denke dabei in erster Linie an die Ärzte, aber auch an die freien Beratungsstellen, die zum Teil ehrenamtlich arbeiten. Auch das muss in dieser Diskussion einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie schlagen in Ihrem Antrag vor, die bewährte Finanzierungsstruktur der UPD umzubauen. Das überzeugt mich, ehrlich gesagt, nicht. Ihnen schwebt doch nichts anderes vor als eine gesetzlich verordnete Zwangsfinanzierung durch die Krankenkassen. Wie Sie das schaffen wollen, dazu steht in Ihrem Antrag allerdings keine Silbe. Private Krankenversicherungen können Sie nämlich nicht einfach zur Gewährung einer entsprechenden Regelleistung zwingen.

Sie begründen das alles mit Konfliktpotenzial, mit möglicher Beeinflussung, mit angeblich fehlender Neutralität. Ich sage Ihnen: Die Behauptung allein ist zu wenig. Schon heute ist es den Kassen gesetzlich verboten, die Beratung der UPD inhaltlich oder dem Umfang nach zu beeinflussen. Mir liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Krankenkassen in die Beratungstätigkeit der UPD inhaltlich einmischen würden. Ebenso wenig gibt es übrigens belastbare Hinweise darauf, dass sie ihren Finanzierungsaufgaben nicht nachkämen. Bevor ich bereit bin, die organisatorische Konstruktion der UPD anzutasten, erwarte ich von Ihnen mehr als bloße Behauptungen und Mutmaßungen, ganz besonders dann, wenn ein Verstoß gegen ein Gesetz im Raum steht.

Wir haben vor drei Jahren das Modell zur Regel gemacht und stehen selbstverständlich weiterhin unabdingbar hinter der Unabhängigen Patientenberatung. Ein weiterer Garant für die Unabhängigkeit der UPD ist der Patienten- und Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann.

Die Patientenberatung ist aber auch ein lernendes System. Dazu gehört, das System auch lernen zu lassen und nicht voreilig und unüberlegt daran herumzubasteln.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben – damit möchte ich auch schließen – in den letzten Jahren viel für die Patienten erreicht. Wo es sinnvoll ist, sind wir auch immer für Gespräche offen.

Ein gesunder Mensch hat viele Wünsche, ein kranker nur einen Wunsch. Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass wir viele Wünsche haben. Aber deswegen ist der Deutsche Bundestag noch lange kein Wunschkonzert.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh!)