16.01.2014
Es bewegt sich also etwas in der Bundeswehr
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Rede zum Bericht des Wehbrauftragten

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich gleich zu Beginn dem Wehrbeauftragten und seiner Mannschaft, die hier in großer Zahl versammelt ist, für die geleistete Arbeit danken. Ich habe mir gerade überlegt: Welchen zusätzlichen Aspekt könnte man als achter Redner in dieser Debatte beim Dank anbringen? Ich habe mir einmal angeschaut, was hinter der Arbeit des Wehrbeauftragten steht. Da steht für 2012: 38 Truppenbesuche, 103 Gesprächstermine, 133 Tagungen und größere Gesprächsrunden, an denen der Wehrbeauftragte persönlich teilgenommen hat, plus 101 Besuchergruppen im Amt. Das zeigt in Summe das hohe Engagement von Ihnen allen, und dafür möchte ich Ihnen im Namen meiner Fraktion und, ich glaube, im Namen des Hohen Hauses ganz herzlich danken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben gemerkt: Wir – der Bundestag, aber auch die Gesellschaft – haben hohe Ansprüche an das Verhalten unserer Soldatinnen und Soldaten im Dienst. Aber unsere Soldaten sind auch nur Menschen. Bei knapp 200 000 Menschen, die zum Teil unter einer hohen psychischen und physischen Belastung stehen, kommt es zwangsläufig zu Fehlverhalten. Das ist natürlich; alles andere wäre eine Illusion. Aber wenn es zu Fehlverhalten kommt, muss man dem konsequent nachgehen. Ein wichtiges Instrument dafür, vor allem für die Bundeswehr selbst, ist der Wehrbeauftragte und der Bericht des Wehrbeauftragen, den wir heute hier debattieren.

Gerade in einer Organisation wie der Bundeswehr, die auf Befehl und Gehorsam fußt, in der strenge Hierarchien gelten, ist es wichtig, offen und transparent mit Fehlentwicklungen umzugehen, auch wenn so manchmal – Herr Kollege Arnold, da haben Sie recht – ein verzerrtes Bild entsteht. Man kann festhalten, dass das Führungsverhalten und das Verhalten unserer Soldaten in der Bundeswehr zum allergrößten Teil tadellos sind; das darf dadurch nicht in Vergessenheit geraten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Gang zum Wehrbeauftragten ist ein wichtiges Privileg unserer Soldaten. Es ist aber ein Instrument, das vor allem dann greifen soll, wenn in den Augen der Betroffenen der Dienstweg versagt oder nicht geeignet ist. Herr Brunner, Sie haben es gerade gesagt: Die Eingaben nehmen im Moment prozentual eher zu. Ich möchte einen Aspekt hinzufügen: Das könnte auch daran liegen, dass das Vertrauen auf den Dienstweg schwindet. Ich sage Ihnen offen: Das wäre für mich noch besorgniserregender als die reine Erkenntnis, dass es bei dieser Anzahl an Menschen Fehlverhalten oder Unzufriedenheit gibt. Wenn sich dieser Trend tatsächlich fortsetzen sollte, würde ich anregen, auch den Aspekt, warum sich die Soldaten an den Wehrbeauftragten wenden und wie die Historie der Eingaben parallel zum Dienstweg ist, mit zu untersuchen.

Unabhängig davon enthält der Bericht viele Ansatzpunkte, denen sich der Verteidigungsausschuss und unsere neue Ministerin in den nächsten Monaten und Jahren widmen werden. Der Personalmangel im Sanitätsdienst wurde noch nicht angesprochen, aber er ist insbesondere im Bereich der Offiziere ein großes Problem. Die Erhöhung der Attraktivität insbesondere für Familien wurde schon mehrfach angesprochen. Die Unsicherheiten, die mit der Neuausrichtung verbunden sind, die Verbesserung der Einsatzbedingungen, viele Punkte werden vom Wehrbeauftragten sehr detailliert angesprochen. Ich sage: Die Schilderungen im Bericht machen es irgendwie greifbarer als viele andere Lektüre, die man sonst aus dem Bereich der Verwaltung bekommt. Dafür herzlichen Dank.

Es gibt aber auch positive Entwicklungen – ich zitiere –:

Insbesondere in Afghanistan haben weitere Verbesserungen bei Ausbildung, Ausrüstung und Ausstattung zu einem starken Rückgang der Zahl der Verwundeten, insbesondere der Schwerstverwundeten, geführt.

Das ist insoweit bemerkenswert, als genau diese Frage der Ausstattung, der Ausrüstung in den Einsatzländern in den vergangenen Berichten immer wieder Gegenstand von Kritik war und auch hier, in diesem Saal, immer zu großen Diskussionen geführt hat.

Ich darf festhalten: Es bewegt sich also etwas in der Bundeswehr; es gibt Fortschritte. Ich darf auch festhalten: Wenn es um die Sicherheit der Soldaten im Einsatz geht, dann steht der Wehrbeauftragte zur Truppe, selbst wenn die öffentliche Diskussion, insbesondere bei Fragen der Rüstung und Ausrüstung, auch manchmal schwierig ist. Lieber Herr Königshaus, das wird sowohl von den Soldatinnen und Soldaten als auch von uns sehr hoch geschätzt.

Ich nenne als weiteres Beispiel die Verbesserung der Betreuungskommunikation. Das war uns im Parlament und im Verteidigungsausschuss fraktionsübergreifend ein großes Anliegen. Hier ist einiges getan worden. Ich hoffe, dass nun endlich auch die Bearbeitungszeiten bei der Beihilfe wieder auf ein ordentliches Maß zurückgeführt werden. Das ist zwar nicht mehr Aufgabe der Bundeswehr und, eng gefasst, auch nicht mehr Aufgabe des Wehrbeauftragten, nichtsdestotrotz berührt das viele unserer Soldatinnen und Soldaten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich hoffe, dass die Neuausrichtung jetzt in eine Phase tritt, in der die Soldatinnen und Soldaten und die zivilen Mitarbeiter den Nutzen und den Sinn der neuen Strukturen in ihrer täglichen Arbeit erspüren und die Unsicherheit abnimmt.

Zum Schluss möchte ich der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Bundeswehr jetzt wieder ruhigeren Zeiten entgegengeht. Die letzten vier Jahre waren turbulent; viele von uns haben das in diesem Haus erlebt. Die hohe Einsatzbelastung, insbesondere in Afghanistan, die gleichzeitig vorgenommene Neuausrichtung der Bundeswehr und die Aussetzung der Wehrpflicht haben den Betroffenen viel abverlangt. Ich hoffe, dass wir diese schwierige Zeit jetzt hinter uns haben. Ich bin mir aber auch sicher, dass für uns und den Wehrbeauftragten einiges zu tun bleibt. Ich freue mich darauf und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)