
Rede zur Gesetzlichen Krankenversicherung
4.a) Beratung Antrag SPD
Paritätische Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung wieder herstellen
- Drs 17/879 -
- Drs 17/879 -
4.b) Beratung Antrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Keine Zusatzbeiträge für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II
- Drs 17/674 -
- Drs 17/674 -
Herr Präsident!
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Es ist schon bedeutsam, dass sich bei der Einbringung des SPD-Antrags der gesundheitspolitische Sprecher der SPD zuerst beklagt hat, dass er nicht mehr wahrgenommen wird in der Öffentlichkeit.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner (SPD): Lieber so, als so wahrgenommen zu werden wie Sie, Herr Straubinger! - Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD): Sie werden wahrgenommen! Das ist wahr!)
Das zeigt, worum es letztendlich geht: Es geht um Wahlkampf. Die gesamte Rede war davon durchtränkt.
Nur, Herr Kollege Lauterbach, wenn Sie vom Bezahlen reden: Ich glaube, Sie sind einer der bestbezahlten Gesundheitspolitiker in diesem Plenum. Ihre Vorträge mögen zwar umsonst sein; aber es gibt sie nicht umsonst.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner (SPD): Wie sind denn Ihre Einkünfte aus Ihrer Versicherungsagentur? - Dr. Karl Lauterbach (SPD): Ich arbeite für mein Geld! Ich lasse mich nicht beschenken!)
- Die Lenkung aus dem Rhön-Klinikum-Konzern direkt spricht Bände, Herr Kollege Lauterbach. - Das nur zu dem, was Sie hier vorhin ausgeführt haben.
Schön ist, dass ich nicht feststellen kann, dass die ehemalige Bundesgesundheitsministerin bei dieser Debatte anwesend ist.
(Jens Spahn (CDU/CSU): Wo ist Sie eigentlich?)
Ich kann das verstehen; denn dieser Antrag der SPD ist eine knallharte Abrechnung mit der Gesundheitspolitik von Ulla Schmidt.
(Elke Ferner (SPD): Das stimmt überhaupt nicht!)
Hier wird alles, was unter Rot-Grün und in der Großen Koalition beschlossen worden ist, zur Disposition gestellt und letztendlich eine rückwärtsgewandte Politik eingeleitet.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Es ist bemerkenswert, dass von der SPD fünf Monate, nachdem sie die Regierungsämter verloren hat, Vorschläge kommen, die von Bismarck kommen könnten. Auf einmal soll der Zusatzbeitrag von 0,9 Prozentpunkten, den Rot-Grün eingeführt hat, wieder abgeschafft werden. Ich möchte zu bedenken geben, dass es für die Einführung dieses Zusatzbeitrages gute Gründe gab. Zudem liefern Sie natürlich keinen Vorschlag, wie dies finanziert werden soll.
Das Schönste ist, dass Sie den kassenindividuellen Zusatzbeitrag, das Lieblingskind der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin, ebenfalls abschaffen wollen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat hier im Plenum ständig darauf hingewiesen,
(Jens Spahn (CDU/CSU): Jawohl!)
dass gerade dieser kassenindividuelle Zusatzbeitrag Ausdruck des Wettbewerbs zwischen gut geführten Krankenkassen und angeblich weniger gut geführten Krankenkassen ist.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Das zeigt sehr deutlich: Die SPD schlägt hier vor, dass es keinen Wettbewerb mehr zwischen den gesetzlichen Krankenkassen geben darf.
In Ihrem Antrag wird natürlich reflexartig wieder einmal die PKV gegeißelt.
(Elke Ferner (SPD): Das stört Sie als Besitzer einer Versicherungsagentur natürlich!)
- Nein, Frau Kollegin Ferner, das stört mich überhaupt nicht. Ich frage mich nur, ob Sie bei diesem Vorschlag tatsächlich richtig nachgedacht haben.
(Elke Ferner (SPD): Wir denken im Gegensatz zu Ihnen immer richtig nach!)
- Ich habe den Eindruck, dass Sie das nicht getan haben. - Ich habe in Ihrem Antrag gelesen, dass Sie einen Finanzausgleich entsprechend der Morbidität einführen wollen. Die Ausgabenentwicklung, in der sich die Morbidität letztendlich widergespiegelt, war bei der privaten Krankenversicherung in der Vergangenheit doppelt so hoch wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Ich weiß nicht, ob ein solcher Finanzausgleich in Ihrem eigenen Sinne ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Dies wird noch dadurch untermauert, dass gerade bei der privaten Krankenversicherung eine Überalterung des Versichertenbestandes festzustellen ist. Deshalb kann bei der Pflegeversicherung mittlerweile festgestellt werden, dass die Zahl der Einstufungen in die Pflegestufe II bei den Versicherten in der PKV prozentual gesehen höher ist als bei den gesetzlich Krankenversicherten. Unterstützen Sie also mit die gute PKV! Das wäre ehrenwert. Ich habe aber den Eindruck, Sie haben eigentlich etwas anderes im Sinn.
Schön ist auch, dass die Bundesregierung in diesem Antrag aufgefordert wird, ein eigenes Konzept der Bürgerversicherung vorzulegen.
(Elke Ferner (SPD): Ja! Das wäre mal ein umsetzungswertes Konzept!)
Die Erarbeitung eines Konzepts der Bürgerversicherung überlassen wir Ihnen.
(Elke Ferner (SPD): Dann legen wir es vor! Keine Sorge!)
Hiermit haben Sie in der Vergangenheit nicht unbedingt die besten Erfahrungen gemacht. Ich bin davon überzeugt, dass sich die Leute darauf freuen, wenn sie auf Zinseinnahmen, auf Mieteinnahmen und auf weitere außerordentliche Einkünfte Beiträge zahlen dürfen. Das ist Ihre Angelegenheit; das sollten Sie den Bürgerinnen und Bürgern auch im nordrhein-westfälischen Wahlkampf darlegen.
Ich stelle fest: Das ist eine Politik, die rückwärtsgewandt ist und mit der die Herausforderungen der Zukunft in keiner Weise bewältigt werden.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Kollege Straubinger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Heil?
Max Straubinger (CDU/CSU):
Ich kann dem Herrn Kollegen Heil den Wunsch nicht verwehren.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte schön.
Hubertus Heil (Peine) (SPD):
Lieber geschätzter Herr Kollege Straubinger, ich habe nur eine Frage: Hat Herr Söder mit seiner Kritik an der Kopfpauschale, die Ihre Regierungskoalition plant, recht oder nicht? Ja oder nein?
Max Straubinger (CDU/CSU):
Die Regierung plant keine Kopfpauschale in diesem Sinne. Wir sagen sehr deutlich - ich komme später noch darauf; aber ich bin dankbar, dass Sie dies hier ansprechen -: Wir haben eine Regierungskommission eingesetzt. Dies steht auch im Koalitionsvertrag.
(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Die ist überflüssig, sagt Herr Söder! - Heinz Lanfermann (FDP), an den Abg. Hubertus Heil (Peine) (SPD) gewandt: Wer fragt, muss auch zuhören!)
Diese Regierungskommission wird sich mit den zukünftigen Herausforderungen bei der Finanzierung eines gerechten und auf Solidarität beruhenden Gesundheitssystems auseinandersetzen. Im Gegensatz zu manchen, die sich aus der Landespolitik dazu äußern, ist die CSU-Landesgruppe bereit,
(Elke Ferner (SPD): Aha!)
dies offensiv zu begleiten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Herr Kollege Heil, für die Gesamtpartei CSU gilt: Die CSU stand der Kopfpauschale in der Vergangenheit und steht ihr auch in der Zukunft sehr kritisch gegenüber - ganz einfach.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Kollege Straubinger, auch Kollegin Hendricks würde gern eine Frage stellen.
Max Straubinger (CDU/CSU):
Ja.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte sehr.
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Herr Kollege Straubinger, kann es sein, dass die Regierungskommission eingesetzt worden ist, damit wenigstens ein Teil der Regierung schon einmal den Anschein von Arbeit erweckt?
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)
Max Straubinger (CDU/CSU):
Liebe Frau Kollegin Hendricks, Sie beklagen tagtäglich in Ihren Debattenbeiträgen, dass die Regierung zu schnell arbeitet,
(Thomas Oppermann (SPD): Bei der Hotelsteuer, ja!)
zum Beispiel als wir mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland gestärkt haben, was letztendlich die Grundlage dafür ist, dass in unserem Land Arbeitsplätze entstehen. Arbeitsplätze sind die beste Grundlage für die Finanzierung unserer sozialen Sicherungssysteme.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Es ist mit entscheidend, dass die Wirtschaft wieder Kraft gewinnt, damit mehr Arbeitsplätze entstehen und damit viele Beitragszahler die gesetzlichen Sicherungssysteme, also die Renten-, die Kranken-, die Pflege- und die Arbeitslosenversicherung, tragen. Das ist das Primat der Politik dieser Großen Koalition -,
(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das waren gute Zeiten, was?)
- dieser christlich-liberalen Koalition. Dafür legen wir die Grundlagen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Diese Bundesregierung hat kurzfristig reagiert - wir werden es morgen im Sozialversicherungsstabilisierungsgesetz und nächste Woche im Bundeshaushalt festlegen -: Wir stehen den Versicherten mit einem Aufwuchs der Steuerzuschüsse um 3,9 Milliarden Euro bei.
(Elke Ferner (SPD): Einmalig! Sie lassen sie im Regen stehen!)
- Frau Kollegin Ferner, wir machen es nicht wie in Zeiten von Rot-Grün. Damals hieß es: Rauchen für die Gesundheit. Die Steuer auf Tabakerzeugnisse wurde angehoben; und schon ein Jahr später wurde von der gleichen, der rot-grünen Bundesregierung der Bundeszuschuss für die gesetzlichen Krankenversicherungen gekürzt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Elke Ferner (SPD): Ihre Haushälter haben dem zugestimmt, Herr Straubinger! - Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD): Warum haben Sie denn zugestimmt?)
Wir sind für eine beständige und nachhaltige Finanzierung unseres Krankenversicherungssystems. - Frau Kollegin Bender hätte eine Zwischenfrage.
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Ja, ich glaube es. Ich lasse sie aber nicht zu; denn nach Ablauf der Redezeit kann ich nicht zur Verlängerung derselben Zusatzfragen zulassen. Ich sage dies, obwohl ich um die Großzügigkeit der Kollegen weiß, gerade in solchen Fällen Zusatzfragen besonders gerne zuzulassen. Also: Ein schöner Schlusssatz krönt die Übung.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)
Max Straubinger (CDU/CSU):
Diese christlich-liberale Regierung ist angetreten, eine der demografischen Entwicklung angepasste, generationengerechte und solidarische Finanzierung des Krankenversicherungssystems in der Zukunft zu gewährleisten, mit Bundesminister Rösler an der Spitze und mit tatkräftiger Begleitung der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD): Die Nase wird immer länger!)