17.12.2020
Dr. Volker Ullrich: "Wir wollen ins Gespräch kommen"
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Rede zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden zum Ende des Jahres noch drei wesentliche rechtspolitische Fragen klären, die, wie ich meine, wichtig sind in einer schwierigen Zeit.

Lassen Sie mich eingangs sagen: Bei einigen Redebeiträgen ist so ein bisschen angeklungen, es gebe hier einen Gegensatz, vor allen Dingen zwischen Gewerbemietern, Vermietern, der wirtschaftlichen Lage des Handelsverbands und unseren Bemühungen, der Coronakrise Herr zu werden. Das Gegenteil ist der Fall. Wir sind in einer Situation, in der wir uns unterhaken müssen. Diese Gemeinschaft und dieser Staat müssen diese Krise zusammen meistern. Das bedeutet Solidarität von jedem. Das bedeutet gegebenenfalls rechtliche Anpassungen. Das bedeutet aber nicht, dass man sich gegeneinander ausspielen darf. Das wäre jetzt die völlig falsche Haltung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden Verbraucherinnen und Verbrauchern den Weg erleichtern, eine zweite Chance zu bekommen; denn jemand, der Insolvenz anmelden muss, muss das oftmals tun, weil er unverschuldet in Not geraten ist. Ich meine, dass die Dauer von drei Jahren Restschuldbefreiungsverfahren bei Selbstständigen auch im Bereich des Privatinsolvenzrechts gelten muss. Das ist ein deutlicher Fortschritt für die Menschen, die ihre Schulden loswerden wollen, die einen Neustart suchen. Wir weisen aber auch darauf hin, dass im Rahmen dieser Wohlverhaltensphase Mitwirkungspflichten bestehen.

Klar ist auch, dass Entschuldung durch ein Insolvenzverfahren keine Art von Geschäftsgebaren sein darf. Deswegen sagen wir auch: Bei einer zweiten Insolvenz ist die Phase dann länger, weil wir deutlich machen müssen, dass es zu einem fairen Ausgleich zwischen Verbindlichkeiten und deren Bezahlung kommen muss.

Ein weiterer Punkt, der uns wichtig ist, ist die Frage: Wie gehen wir im Aktienrecht vor allen Dingen auch mit den Rechten der Kleinaktionäre weiter um, Stichwort „Fragerecht“? Es hat sich in den letzten Jahren immer gezeigt, dass das Fragerecht vor allen Dingen auch der Kleinaktionäre ein großer und wichtiger Teil der Kapitalmarktkontrolle ist. Das ist fast wie ein kleiner Nadelstich gegenüber größeren Stimmrechtsmehrheiten. Wir haben im März im Zuge der ersten Welle beschlossen, dass in einer virtuellen Hauptversammlung der Vorstand entscheiden kann, ob er eine Frage beantwortet oder nicht. Das ist vor dem Hintergrund einer tauglichen Kapitalmarktkontrolle nicht richtig; das müssen wir wieder ändern. Der Vorstand muss auch die Fragen von Einzelaktionären beantworten. Gerade der Wirecard-Skandal hat gezeigt, dass oftmals auch Aktionärsschützer offene Fragen haben, die man beantworten muss. Das ist auch Teil der Kontrolle.

Deswegen regeln wir es jetzt so, dass die Fragen beantwortet werden müssen. Der Vorstand kann sich entscheiden, ob er die Fragen schriftlich beantwortet oder auch mündlich. Aber er kommt um die Beantwortung nicht herum; das ist ein wesentlicher Teil unserer Kapitalmarktkontrolle. Stärkt die Aktionäre!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden auch Rechtssicherheit schaffen für unsere Ehrenamtlichen in den Vereinen, die sich die Frage stellen, ob sie jetzt eine Hauptversammlung ihres Vereins durchführen müssen, weil die Satzung eine Hauptversammlung eben nur alle zwei Jahre vorsieht. Nein, wir sagen jetzt: Solange diese Pandemie anhält, haben sie die Möglichkeit, die Hauptversammlung zu verschieben. – Wir machen aber auch deutlich, dass Vereine jetzt ohne Satzungsänderungen durch Videokonferenzen rechtssichere Beschlüsse treffen können. Das ist ein wesentlicher Fortschritt für das Ehrenamt und gibt vielen Ehrenamtlichen auch die Gewissheit, dass es mit ihrem Verein rechtssicher weitergehen kann. Ich glaube, auch das ist ein ganz wichtiges Signal, das wir heute aussenden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der letzte Punkt ist der der Gewerbemieten. Das ist ein sensibles Thema; aber auch hier geht es um einen deutlichen Interessenausgleich. § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches regelt den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Im Recht kann nicht jeder Einzelfall und jede Fallkonstellation geregelt werden. Aber wir schaffen jetzt im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche eine Auslegungsregel – keine Stundungsregel, bei allem Respekt; eine Auslegungsregel –, mit der wir deutlich machen, dass hinsichtlich Restriktionen, die aufgrund der Coronapandemie eintreten, die Vermutung vorliegt, dass hier das Recht besteht, die Gewerbemiete zu mindern. Dann können Vermieter und Mieter in einen Dialog eintreten, aufgrund dessen dieses Problem gelöst werden kann.

So wollen wir in der Gesellschaft miteinander umgehen. Wir wollen ins Gespräch kommen, die Themen adressieren und dann auch gemeinsam lösen. Deswegen bitte ich Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)