02.10.2020
Stephan Stracke: Wir wollen gute und fair bezahlte Arbeit
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Redebeitrag zum Einzelplan 11 - Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Corona hat immense gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen für dieses Land, und das spiegelt sich natürlich auch im Bundeshaushalt wider. Nach sechs Jahren schwarze Null sind in diesem und im kommenden Jahr immense Summen erforderlich, um die Herausforderungen von Corona zu bewältigen. Deutschland kann diese erhebliche Neuverschuldung schultern, weil wir ein wirtschaftlich starkes Land sind und alles daransetzen, dies auch in Zukunft zu bleiben.

Wir haben in den vergangenen Monaten gemeinsam Großes geleistet. Wir sind als Gesellschaft zusammengerückt, wir haben Rücksicht aufeinander genommen, unser Gesundheitssystem gestärkt und den weltweit größten Schutzschirm für Krankenhäuser, Wirtschaft, Arbeitnehmer und Familien gespannt. Dieser Schutzschirm umfasst insgesamt 1,5 Billionen Euro an Mitteln und Garantien. Damit konnten wir viele der unmittelbaren Folgen der Pandemie abfedern. Wir sind bislang deutlich besser durch die Krise gekommen als viele andere Länder in der Welt. Ich glaube, dafür können wir sehr dankbar sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Kurzarbeit hat sich einmal mehr als stabile Brücke in der Krise bewährt, um Arbeitsplätze zu erhalten. Kurzarbeit ist sicherlich kein Allheilmittel, und wir wissen auch, dass aus Kurzarbeit schnell Arbeitslosigkeit werden kann. Deshalb kämpfen wir um jeden Arbeitsplatz, und das unterscheidet uns beispielsweise auch von den USA, wo in letzter Zeit ja über 30 Millionen Jobs verloren gegangen sind. Viele Staaten in Europa wären dankbar, wenn sie solch ein klasse Instrument wie die Kurzarbeit hätten und einen so starken Sozialstaat wie in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Bei uns waren im Mai 6,7 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit, im Juli 4,2 Millionen Beschäftigte. Das zeigt: Der Aufholprozess der Wirtschaft hat inzwischen wieder ein bisschen eingesetzt, langsam und verhalten. Die Risiken sind allerdings beträchtlich. Die Entwicklungen der Pandemie lassen sich noch nicht abschätzen, der Brexit steht vor der Tür, und einzelne Branchen müssen uns tatsächlich viel Sorge machen, beispielsweise die Veranstaltungsbranche, die Luft- und Raumfahrtbranche, der Maschinenbau oder die Automobilindustrie; alles wichtige Branchen für Deutschland. Deswegen haben wir das Kurzarbeitergeld bis Ende 2021 verlängert. Das schafft klare Perspektiven für die Unternehmen und gibt Sicherheit für die Beschäftigten.

Wir wollen diese wirtschaftlich große Krise dazu nutzen, um unser Land, um Deutschland besser aufzustellen, wettbewerbsfähiger, nachhaltiger, innovativer zu gestalten. Wir wollen neue Chancen für Deutschland. Dazu bedarf es zum einen einer konsequenten Bekämpfung der Pandemie; da ist viel Eigenverantwortung gefragt sowie klassischer Hausverstand mit Rücksicht und Fürsorge. Aber wir wollen natürlich zum anderen auch die Wirtschaft wieder zum Laufen bringen und die Veränderungsprozesse in der Industrie aktiv begleiten. Da sind Weiterbildung und Qualifizierung richtig und gut. Deswegen haben wir das auch noch einmal gestärkt. Aber noch wichtiger sind neue Ideen und Kreativität für dieses Land. Diese bilden nämlich die Grundlage für Wachstum und Wohlstand. Deswegen wollen wir Wachstum und Wohlstand in diesem Bereich begünstigen.

Mehr Zutrauen, mehr Vertrauen in die Menschen: Das ist etwas, was Wachstum und Wohlstand der Zukunft ausmacht. Wir wollen mehr möglich machen und nicht immer neue Regulierungen in das Blickfeld nehmen. Wir erleben deshalb bei den Menschen deutlich klarer, dass sie Familie und Beruf stärker verzahnen wollen, als das früher der Fall war. Deshalb wollen wir diese Verzahnung befördern.

Dazu braucht es keine neuen Rechtsansprüche. Ich glaube, da gibt es viel intelligentere Ansätze als neue Bürokratie, nämlich ganz praktische Hilfe. Eine ganz praktische Hilfe ist, festzustellen, dass derjenige, der im Homeoffice ist, höhere Aufwendungen hat als derjenige, der dies nicht ist. Deswegen sagen wir: Wir brauchen eine Homeoffice-Pauschale im Steuerrecht. Das ist der richtige und zielgenaue Ansatz, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mehr Zutrauen für die Menschen bedeutet auch mehr Flexibilität in der Arbeitszeit. Wir wollen den Maßstab verändern: weg von dieser einengenden Tagesbetrachtung bei der Arbeitszeit hin zu freiraumgebender Wochenzeitbetrachtung. Das schafft Flexibilität. Das schafft eine wirksame Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist ein moderner Ansatz der Arbeit der Zukunft, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wollen gute und fair bezahlte Arbeit. Deswegen haben wir bei der Pflege dafür gesorgt, dass allgemeinverbindlich erklärbare Tarifverträge bessere Bezahlung ermöglichen. Wir haben die Missstände bei der Paketbranche beseitigt. Wir werden jetzt durch einen starken Ordnungsrahmen im Arbeitsrecht und beim Arbeitsschutz auch bei der Fleischindustrie aufräumen. Dieser Rahmen muss mittelstandsfreundlich ausgestaltet werden. Dazu bildet das parlamentarische Verfahren einen guten Raum für praxisgerechte Lösungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen neue Chancen für Deutschland. Wir wissen: Das kann nicht der Staat leisten, sondern das können ausschließlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land, die Unternehmer, die Selbstständigen, die Ehrenamtlichen leisten; denn sie verfügen über einen Schatz, über den sonst keiner verfügt. Wenn wir dieses Schatzkästchen aufmachen, dann sehen wir Kreativität, Ideenreichtum und Mut. Daraus wächst der Wohlstand der Zukunft. Dafür arbeiten wir mit Begeisterung, mit heißem Herzen und klarem Verstand.

Ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU/CSU)