01.10.2020
Albert Rupprecht: Verlässlichkeit ist wichtig
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Redebeitrag zum Einzelplan 30 - Bundesministerium für Bildung und Forschung

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Deligöz, viel Polemik,

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts davon! Keine Zahl war Polemik! Nichts davon!)

aber keinen einzigen konkreten Vorschlag, keinen einzigen!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Frau Stark-Watzinger, 6,5 Milliarden für den DigitalPakt: Das ist nicht eine Petitesse. Das ist ein Riesenbetrag!

(Zurufe von der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich würde mal sagen, hier wäre eigentlich Beifall, Lametta und Zustimmung angesagt, statt hier rumzukritisieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD] – Zuruf der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In der Tat, als wir den DigitalPakt Schule aufgelegt haben, hatten wir mit den Ländern zusammen die Abläufe geplant. Wir wissen, dass Corona diese Abläufe jetzt zwingend beschleunigt. Deswegen diskutieren wir jede Woche mit den Ländern, telefonieren mit den Schulleitern, mit den Eltern usw. Wir haben jede Woche mehrfach die Abstimmung, an welchen Schrauben wir drehen können, um das zu beschleunigen.

Ich war danach gespannt, was die Opposition dazu sagt. Kollegin Suding, Sie haben einen Namensartikel im „Tagesspiegel“ geschrieben: Ich war echt gespannt, weil wir nach Lösungen suchen. Sie schrieben damals: Wir brauchen den „Turbo für die Digitalisierung“. Ein „Unterrichtsdesaster“ wie zu Beginn der Coronakrise darf sich nicht wiederholen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Genau!)

Ich war total gespannt, was dann Ihre Lösungen sind. Wissen Sie was? Kein einziger ernstzunehmender Punkt, der uns jetzt irgendwie voranbringt. Sie haben Ihr Standardprogramm Digitalpakt 2.0, das Sie vor fünf Monaten entwickelt haben, wiedergekäut: Nullkommanull konkreten Verbesserungsvorschlag!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Katja Suding [FDP]: Sie haben es ja nicht mal umgesetzt! – Weiterer Zuruf des Abg. Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP])

Das ist übrigens das, Herr Sattelberger – zu Ihnen komme ich auch noch –, was die FPD inzwischen auszeichnet. Die Grundrichtung ist wirklich oft vernünftig.

(Katja Suding [FDP]: Nutzen Sie Ihre Redezeit doch mal, um Ihre Vorschläge statt andere zu präsentieren! Sagen Sie mal Ihre Lösung! Dafür sind Sie doch da!)

– Zuhören! Frau Suding, zuhören! Ich bedauere es im Übrigen, dass Sie, Frau Suding, nicht mehr für den Bundestag antreten werden. – Herr Sattelberger, ich finde Ihre Ideen oft wirklich interessant und spannend. Aber wenn es dann konkret wird: Wissen Sie, was Sie dann machen? Statt konstruktiv-konkret umsetzungsfähig zu sein, machen Sie Riesenüberschriften, weil Ihnen letztendlich nicht die konstruktive Lösung, sondern die Medienbotschaft, die Show nach außen, das Wichtigere ist. Dass Sie am Schluss in der „Wirtschaftswoche“ stehen oder in der „FAZ“, das ist Ihnen wichtiger.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagt die CSU! – Katja Suding [FDP]: Dann präsentieren Sie doch Ihre Lösung! Wo ist sie denn? Wo ist sie denn, die Lösung?)

Zu den Linken. Wir haben ja ein Thema in den Coronazeiten, bei dem wir uns wirklich anstrengen müssen.

(Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE]: Man hat doch auch Anlass dazu!)

– Gerne, wir lernen alle tagtäglich dazu. – Also, was ist das Programm der Linken bei dem großen Thema „Stabilisierung der beruflichen Bildung“, das auch bei uns angesiedelt ist? Wir wollen, dass die Ausbildungszahlen nicht zurückgehen. Was ist das große Rezept, das Sie hervorholen? Wissen Sie was? Den uralten, vollkommen überholten, unbrauchbaren Ladenhüter Ausbildungsplatzabgabe, den holen Sie wieder hervor.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Umlage! – Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE]: Umlage!)

Das ist die zentrale Botschaft in Coronazeiten, um Ausbildungsplätze zu stabilisieren. Ungeheuerlich! Ungeheuerlich!

(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Suding [FDP]: Wollen Sie das jetzt hier neun Minuten lang machen? – Weitere Zurufe von der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da lesen wir Ihre Sachen weiter durch und versuchen auch da, was herauszufinden. Zugleich sind wir mit dem BIBB im Dauergespräch: Wie ist die Situation? Was wollen wir machen? Wo sollen wir nachsteuern? Und so weiter. Dann vergleichen wir das mit den Positionen, die Sie formulieren.

(Zuruf der Abg. Kerstin Kassner [DIE LINKE])

Wir lesen ja Ihre Anträge. Nichts drin. Letztendlich ist es so: Die einen machen eine Show für die Medien, und die anderen machen Ideologie. Brauchbar ist praktisch gar nichts.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Sie reden nur! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sagen Sie mal, was Sie machen!)

– Genau. Nachher kommen wir noch zur AfD, dann kommen wir zu den Grünen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollen mal was zu Ihrer Politik sagen! – Katja Suding [FDP]: Wir wollen lieber hören, was Sie machen wollen!)

Herr Frömming, Ihre Kollegin von der AfD ist heute leider nicht da. Deswegen kriegen Sie es jetzt ab.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Okay! Her damit! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist hier doch kein Kasperletheater!)

Jede zweite Debatte – heute haben Sie es ausnahmsweise nicht gemacht – endet ideologisch mit dem Schluss: Die Ausländer sind schuld. – Es ist kaum mehr anzuhören. Bei jedem zweiten Antrag,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei jedem!)

bei jeder zweiten Diskussion, ob im Ausschuss oder hier: Am Schluss sind die Ausländer verantwortlich.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Gerade heute nicht!)

Es ist nicht mehr anzuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Was sagt Ihr Pressesprecher – noch mal ein paar Punkte –, den Sie jetzt gefeuert haben? Deutschland muss es schlecht gehen, damit die AfD besser dasteht. – Man hat ernsthaft den Eindruck, dass es das ist, was Sie verbreiten. Wenn ich die Kollegin Höchst jetzt mit dem zitiere, was sie zum Thema Digitalisierung hier im Plenum von sich gibt, dann wird deutlich, dass sie genau das macht: Dinge schlechtreden, damit die Leute draußen panisch werden und dann sagen, die AfD sei die große Rettung.

Was sagt sie, die Frau Höchst, zur Digitalisierung im Jahr 2020? Sie malt Dämonen an die Wand. Sie sagt: Ein „flächendeckender digitaler Unterricht“ killt die Bildungschancen. Weiter sagt sie: Diese „gottlose Digitalisierung“ führt zum „beziehungsuntauglichen Schüler mit … ideologisch verpixelter Weltsicht und digitaler Demenz.“ – Ja, herausragende Leistung! Frau Höchst, in welchem Jahrhundert leben Sie denn eigentlich?

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die ist wieder nicht da!)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir haben seit 15 Jahren die Regierungsverantwortung. Die Zahlen noch mal in Kürze: Der Haushalt des Forschungsministeriums von Anja Karliczek ist seit 2005 von 7,6 Milliarden auf 20,2 Milliarden Euro gestiegen; das ist in dieser Zeit fast eine Verdreifachung. Das ist ein Kraftwerk und eine Spitzenleistung, die auch im internationalen Kontext vorzüglich und exzellent ist und an der Spitze liegt. Deswegen hat sich das Wissenschaftssystem in Deutschland massiv weiterentwickelt, und deswegen hat das deutsche Wissenschaftssystem international großes Ansehen.

Ein Indiz – Zahlen sind letztendlich entscheidend – ist die Zahl der ausländischen Wissenschaftler, die nach Deutschland wollen: 2005 waren es 21 000, 2018 waren es 50 000; sie hat sich mehr als verdoppelt. Das sind Indizien, die zeigen, dass das, was hier gemacht wird, vielleicht von der Opposition kritisiert, aber weltweit honoriert, respektiert und wertgeschätzt wird, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Das sind ja Studenten! – Gegenruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD]: Genau! Die kriegen ein Stipendium!)

Wir machen das nach Leitbildern und nach Grundwerten, die vor der Krise und auch während der Krise galten: Freiheit und Vernunft. Deswegen gibt es das Wissenschaftsfreiheitsgesetz aus dem Jahre 2012, ein Meilenstein für die Wissenschaftscommunity in Deutschland, für Exzellenz und internationale Wettbewerbsfähigkeit. Es gibt die Exzellenzinitiative, Alexander-von-Humboldt-Professuren und vieles andere darüber hinaus.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Wer holt denn jetzt die Nobelpreise?)

Verlässlichkeit ist wichtig, damit die Community weiß, was im nächsten Jahr passiert; das sind Mehrjahresprojekte. Es gibt die drei großen Pakete: Pakt für Forschung und Innovation, Innovative Hochschule und Zukunftsvertrag Studium und Lehre mit einem Rekordvolumen von 160 Milliarden Euro für die nächsten Jahre. Bis zum Jahr 2030 gibt es Planungssicherheit, sehr geehrte Damen und Herren. Wo gibt es das denn sonst in anderen Ländern in Europa? – Na, dann Beifall, bitte!

(Beifall bei der CDU/CSU – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: In keinem Land!)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir halten auch in der Krise haushalterisch mit 20,2 Milliarden Euro Kurs; das ist der höchste Wert. Wir unterstützen die Länder dort, wo sie überfordert sind, wo das Subsidiaritätsprinzip angewandt wird und wo wir sehen, dass sie die Unterstützung des Bundes brauchen.

Noch mal das Thema Digitalisierung in den Schulen. Das war eine harte Diskussion bei uns: Wieso machen das die Länder eigentlich nicht selbst?

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Wäre besser gewesen!)

Irgendwann sind wir zur Erkenntnis gekommen – Subsidiaritätsprinzip –: Sie schaffen es nicht. Es macht keinen Sinn, dass jedes Bundesland eine eigene Cloud macht usw. Deswegen gibt es die Unterstützung des Bundes mit inzwischen 6,5 Milliarden Euro.

Ich gehe weiter zu anderen Themen. Wichtig in der Krisenzeit ist die Frage: Nach welchen Werten, nach welchen Leitbildern agieren wir? Ich habe wirklich große Sorge, dass im Augenblick der Eindruck grassiert: Na ja, das Manna fällt vom Himmel, jeder wird bedient, jeder kriegt ein Wahlgeschenk oder sonst was, und in fünf Jahren wird das schon irgendjemand finanzieren.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Sie stimmen doch dem Haushalt zu!)

Das war nie die Position der Union. Wir müssen letztendlich immer eine scharfe Trennlinie ziehen: „Wer braucht aktuell in der Notsituation wirklich Unterstützung, und wer braucht sie nicht?“, weil das Geld darüber hinaus gespart werden muss, um in die Zukunft zu investieren.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was ist mit der Pkw-Maut?)

Jetzt kommen wir zur heiligen oder unheiligen Allianz der FDP gemeinsam mit den Grünen. Ein studentisches Grundeinkommen, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, ist vollkommen absurd.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch gar nicht unsere Position! – Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Wie können Sie einen solchen Unsinn reden? Lesen bildet!)

Es ist richtig, zu sagen, dass jemand, der in Coronazeiten als Studierender oder Studierende in einer Krisensituation ist, unterstützt wird. Deswegen haben wir zwei Instrumente, die genau das ermöglichen: KfW-Kredit und Notprogramm. Darüber hinaus ist es natürlich klar unsere Position, dass das BAföG die fundamentale, zentrale Sozialleistung ist, die dafür sorgt, dass jeder junge befähigte Mensch in diesem Land studieren kann, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Deswegen haben wir 2 Milliarden Euro in den Haushalt eingestellt, und deswegen haben wir in dieser Legislatur um 1,3 Milliarden Euro zusätzlich aufgestockt.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Kommen Sie zum Schluss.

 

Albert Rupprecht (CDU/CSU):

Ich komme zum Schluss.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Ja, aber flott.

 

Albert Rupprecht (CDU/CSU):

Okay, ich überfliege die Seiten besser.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Ja, das habe ich schon gesehen. Sie haben noch anderthalb Seiten. Sie können das gerne machen; aber dann bekommen Sie Ärger mit Herrn Schipanski.

 

Albert Rupprecht (CDU/CSU):

Ich muss jetzt zum gedanklichen Schluss kommen. – Dazu stehen wir: Bedürftigkeit, Sozialstaatsprinzip; aber nicht: BAföG für alle. Denn es macht keinen Sinn und ist völlig absurd, dass ein Arbeitnehmer, der bei VW an der Werkbank arbeitet, das Studium des Sohns eines Arztes mit Steuern finanziert; das kann es wohl nicht gewesen sein.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)