18.09.2020
Dr. h. c. Hans Michelbach: Steuertricksereien dürfen nicht der Verjährung anheimfallen
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Redebeitrag zur Änderung der Abgabenordnung

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Außenprüfungen der Finanzämter sind ein wichtiger Beitrag zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versteuerung von Einkünften. 5 Prozent der Steuerzahler zahlen über 50 Prozent des Einkommensteueraufkommens – das ist sicher bemerkenswert, und das ist auch gut so –, weil wir einen progressiven Tarif haben.

Es kann nicht sein, dass generell die Steuerehrlichen am Ende die Dummen sind. Deswegen braucht es Prüfungen, deswegen braucht es Kontrolle. Dass es infolge dieser Prüfungen zu Steuernachforderungen kommt, ist nahezu zwangsläufig. Das liegt nicht etwa nur daran, dass Steuerhinterziehung im großen Stil betrieben wird, wie hier vonseiten der Linken gesagt wird, das hat seinen Grund eben auch darin, dass Besteuerungsfragen im Detail unterschiedlich bewertet werden können. Insoweit wird durch die Außenprüfungen die gleichmäßige Anwendung des Steuerrechts gesichert.

Eine feste Prüfquote wird allerdings weder diesen Aspekt verstärken noch zwangsläufig zu immer höheren Steuernachzahlungen führen. In dem Antrag wird nicht begründet, weshalb die Quote 15 Prozent betragen soll. Warum nicht 20 Prozent, 25 Prozent oder 10 Prozent? Meine Damen und Herren, was hier zur Beratung vorliegt, ist lediglich ein neuerlicher ideologisch gesteuerter Versuch, die sogenannten Reichen in unserem Land unter den Generalverdacht der Steuerhinterziehung zu stellen. Es ist immer die gleiche Masche der Linken, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Darum geht es doch gar nicht!)

Wir sollten es aber fachlich unseren Finanzämtern überlassen, wie sie ihre Prüftätigkeit im Sinne des Gesetzgebers ausgestalten. Dort hat man ein gutes Gespür dafür, wo sich genaueres Hinsehen lohnt. Es ist völlig falsch, den Teufel an die Wand zu malen, sondern man muss die Finanzämter die Arbeit machen lassen. Darauf kommt es an.

Meine Damen und Herren, wir haben in diesen Tagen natürlich weiß Gott Wichtigeres an der Abgabenordnung zu reformieren. Im Zuge des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes haben wir die Abgabenordnung geändert, damit die Täter der Cum/Ex-Machenschaften mit ihren Steuerdeals, mit der Steuerbeute nicht davonkommen.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, hat nur nicht geklappt!)

Doch was mit § 375a AO durchgesetzt wurde, wird durch § 34 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung praktisch zunichtegemacht. Hier besteht nach unserer Auffassung deshalb dringender Änderungsbedarf. Hätte man auf uns gehört, hätte man sich einen Umweg sparen können. Wiederholt haben unsere Berichterstatter Sebastian Brehm und Fritz Güntzler eine vollständige Sicherung der Steuerschuld angemahnt – leider umsonst; das Rückwirkungsverbot für belastende Gesetze, sagte man, spreche dagegen.

Ich denke, dass wir das höhere Ziel haben sollten, dafür zu sorgen, dass die Steuerdeals, die Steuertricksereien bei Cum/Ex nicht belohnt werden, meine Damen und Herren. In der vergangenen Woche erklärte sich der Bundesfinanzminister bereit, eine schnelle Änderung mitzumachen. Das ist gut so. Der angerichtete Schaden sollte nach meiner Ansicht mit dem Jahressteuergesetz schnell geheilt werden und nicht erst im Zuge einer Reform der Strafprozessordnung. Vielleicht ist es dann zu spät, um Verjährungen zu unterbrechen. Es muss nach meiner Ansicht dringend gehandelt werden; denn es stehen Beträge im Raum, die in die Milliarden gehen. Darauf müssen wir uns konzentrieren – nicht mit Ideologie, sondern mit praktischer Prüftätigkeit, mit praktischer Heilung dieses Betrugs am Fiskus. Die Steuertricksereien dürfen nicht der Verjährung anheimfallen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der Politik. In diesem Sinne sollten wir gemeinsam die Frage der Cum/Ex-Verjährung und der Steuergerechtigkeit auf den Tisch bringen, um letzten Endes Lösungen für die Gerechtigkeit in unserem Land zu erreichen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht irgendwann, sondern jetzt!)