
Redebeitrag zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in diesem Haus oft über Kindesmissbrauch und Kinderpornografie geredet. Ich glaube, die Unionsfraktion hat bei jeder Gelegenheit deutlich gemacht, dass wir wirklich bereit sind, alle Register zu ziehen, um effektiv gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie vorzugehen. Wenn man zurückguckt, dann sieht man, dass wir in den letzten Jahren durchaus große Erfolge zu verzeichnen haben. Diese Erfolge sind heute auch Ursache dafür, dass immer mehr dieser abscheulichen Taten zutage gefördert werden.
Zur Wahrheit gehört aber auch, Frau Ministerin, dass bei vielen dieser Diskussionen die jeweils zuständigen Justizminister oder Justizministerinnen und auch das BMJV sehr zaghaft an die eine oder andere Fragestellung herangegangen sind. Weil Sie vorhin dargestellt haben, was alles auf Ihre Initiative zurückzuführen ist, will ich die Gelegenheit nutzen, Ihrem Gedächtnis etwas auf die Sprünge zu helfen.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Oha! – Zuruf des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE])
Wir als Union hätten uns 2014 bei der grundlegenden Novellierung der Bestimmungen zu den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung schon sehr viel mehr vorstellen können. Wir wollten damals schon „Nein heißt Nein“ in Gesetzesform.
(Lachen bei der SPD)
Wir wollten damals schon den untauglichen Versuch beim Cybergrooming unter Strafe stellen. Das war im Übrigen eine Unionsinitiative. Und wir wollten damals schon den Strafrahmen für den Besitz kinderpornografischen Materials von drei Jahren auf fünf Jahre erhöhen.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Das ist falsch! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich krieg einen Herzinfarkt!)
Das war mit Heiko Maas nicht zu machen. Erst nach Druck kam dann bei der Amtsnachfolgerin, nämlich Katarina Barley, glücklicherweise erste Bewegung rein. Plötzlich war es möglich, „Nein heißt Nein“ zu etablieren, und auch die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs beim Cybergrooming hat sie zumindest auf den Weg gebracht.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt zum Thema, Herr Hoffmann!)
Womit wir nicht weiterkamen, war die Strafrahmenerhöhung für den Besitz kinderpornografischen Materials. Auch mit der Keuschheitsprobe sind wir damals nicht weitergekommen. Das war ebenfalls keine Initiative von Ihnen,
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Aber selbstverständlich! Natürlich!)
Frau Ministerin – Sie haben das vielleicht vergessen –, sondern eine Initiative des Freistaates Bayern im Bundesrat, namentlich des bayerischen Justizministers Winfried Bausback.
(Sebastian Steineke [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Interessant, was man so erfährt!)
Sie haben dann den Weg frei gemacht für die Keuschheitsprobe.
(Leni Breymaier [SPD]: Faktencheck!)
Und wir haben dann im November sehr wohl über die Strafrahmenerhöhung für den Besitz kinderpornografischen Materials diskutiert. Ich habe Ihrem Parlamentarischen Staatssekretär Lange – da hinten sitzt er – im Berichterstattergespräch vorgetragen, warum wir die Strafrahmenerhöhung wollen und es damit selbstverständlich dann auch zum Verbrechen erheben wollen, weil nämlich die Strafrahmenobergrenze beim Besitz kinderpornografischen Materials bei drei Jahren endet und der einfache Diebstahl eine Strafrahmenobergrenze von fünf Jahren hat. Das war für uns ein Wertungswiderspruch, wenn man sich vergegenwärtigt, dass hinter jedem dieser abscheulichen Bilder ein echter Missbrauch steckt.
Weil ich dann im Ministerium nicht weitergekommen bin, habe ich das sogar noch einmal in einer E-Mail dem rechtspolitischen Sprecher begründet – so war es ausgemacht –, und er weiß wahrscheinlich, dass ich auf diese E-Mail vom 14. November niemals eine Antwort bekommen habe.
(Sebastian Steineke [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Ministerin, wir sind froh, dass Sie eingelenkt haben. Aber wenn Sie zeigen wollen, dass das, was Sie heute hier gesagt haben, kein Lippenbekenntnis ist, das vielleicht nur unter dem Druck der öffentlichen Debatte entstanden ist, dann legen Sie noch vor der Sommerpause – diese Erwartung haben wir als Union an Sie – einen Gesetzentwurf vor. Dieser Gesetzentwurf muss neben vielen Komponenten vor allem zwei Bausteine beinhalten:
(Katja Mast [SPD]: Kinderrechte ins Grundgesetz!)
Kindesmissbrauch muss ein Verbrechen sein und kein Vergehen. Das muss das Gesetz klarstellen. Wir glauben auch, dass es für die schweren Fälle des sexuellen Missbrauchs sehr wohl eine Debatte in diesem Land darüber braucht, ob dort nicht der Strafrahmen bis zur lebenslangen Freiheitsstrafe gehen muss.
(Zuruf des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE])
Selbstverständlich wollen wir – das ist der zweite Baustein – die Strafrahmenerhöhung für den Besitz kinderpornografischen Materials von drei auf fünf Jahre. Für uns ist klar: Null Toleranz für Kinderpornografie, null Toleranz für Kindesmissbrauch. Wir wollen die Kinder schützen und nicht die Täter.
Ich will am Ende, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein paar Sätze verlieren zur Opposition. Sie haben nachher die Gelegenheit – der Kollege Luczak hat es gesagt –, bei der Herausgabe von IP-Adressen zu zeigen, dass Sie sehr wohl mit uns gehen, wenn es darum geht, wirksame Instrumente zu schaffen, um der Täter habhaft zu werden.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da waren wir auch schon früher dran als Sie! Demnächst war die CSU auch noch für die Ehe für alle! Sie drehen alles um!)
Genau dasselbe können Sie im Übrigen bei der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung unter Beweis stellen, wo Sie aber dann dem Thema Datenschutz eine überbordende Bedeutung einräumen. Deswegen: Lassen Sie da bitte Taten folgen! Dann kommen wir in großen Schritten vorwärts.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ändern Sie dazu doch das Telemediengesetz!)