02.07.2020
Stephan Stracke: Leistung muss sich lohnen
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Redebeitrag zur Grundrente

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leistung muss sich lohnen. Das ist unser sozialpolitischer Anspruch als Union,

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Wo habt ihr den denn abgeguckt?)

und den verwirklichen wir ja auch mit der vorliegenden Grundrente. Wir wollen, dass diejenigen, die viele Jahre gearbeitet, aber wenig verdient haben, im Alter deutlich mehr Geld in der Tasche haben. Und wir wollen Familienarbeit honorieren. Davon profitieren ganz überwiegend Frauen; denn sie sind es, die Kinder erziehen, die pflegen. Deswegen kommt die Grundrente.

Mit dieser Grundrente stärken wir auch das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit. Wir stärken es in der Rente und in der Grundsicherung. 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner erhalten einen Zuschlag auf ihre Rente von bis zu rund 420 Euro pro Monat.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Es hätten 3 Millionen sein können, wenn ihr das nicht verhindert hättet!)

Das ist gut, gut für Frauen, weil sie häufig in Teilzeit arbeiten, gut für die Menschen im Osten, aber auch beispielsweise gut für Spätaussiedler, weil der Zuschlag nicht gedeckelt wird entsprechend dem Fremdrentengesetz. Das ist insgesamt gut. Wir führen außerdem in der Grundsicherung einen neuen Freibetrag von bis zu 216 Euro pro Monat ein, bis zu dem die Rente anrechnungsfrei gestellt wird.

Damit gehen zwei ganz klare Signale einher:

Erstens. Es lohnt sich, einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen. Wir stärken damit die Akzeptanz der Rentenversicherung.

Zweitens. Es lohnt sich, für das Alter vorzusorgen, und zwar in allen Säulen unserer Alterssicherung: in der Rente, in der betrieblichen und in der privaten Altersvorsorge. Leistung und Eigenvorsorge lohnen sich in Bezug auf die Rente und in Bezug auf die Grundsicherung. Das ist die zentrale Botschaft dieses Grundrentengesetzes.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir verknüpfen das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit mit dem der Bedarfsgerechtigkeit. Wir helfen dort, wo es notwendig ist. Das ist genau das Gegenteil vom Prinzip Gießkanne. Darin unterscheidet sich unser Ansatz von den Ansätzen der Opposition, gerade vom Ansatz der Linken und der Grünen, die am Gießkannenprinzip festhalten, aber auch vom Ansatz der FDP und der AfD, die die Menschen ausschließlich in der Grundsicherung belassen wollen.

(Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Was? – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das ist doch Blödsinn! Das ist wahrheitswidrig! Und das wissen Sie!)

Die Gießkanne ist immer ungerecht, weil sie milliardenschwere Mitnahmeeffekte produziert, gerade bei denjenigen, die weitere Einkünfte haben, oder bei denjenigen, bei denen ein Ehepartner über ein Einkommen verfügt, durch das beide gut abgesichert sind. Weil die Gießkanne ungerecht ist, ist sie immer auch teuer. Sie ist ungerecht und unfinanzierbar, und deswegen lehnen wir sie ab.

Die Grundrente enthält einen Schutz vor einer Überforderung der Steuerzahler und der Beitragszahler – das ist auch Teil des Prinzips der Leistungsgerechtigkeit –: Wir setzen auf eine Einkommensprüfung. Maßstab dabei ist das zu versteuernde Einkommen. Eine Einkommensanrechnung ist nicht neu. Wir kennen das vom Witwenrecht; da wird das auch nicht infrage gestellt.

Ja, es ist richtig: Das führt zu einem hohen Aufwand. Aber dieser Aufwand entsteht innerhalb der Verwaltung und nicht bei den Menschen. Für die Menschen ist das, was wir gemacht haben, bürokratiearm: kein Antrag, keiner muss aufs Amt gehen. Entscheidend ist: Wir lassen die Daten rennen und nicht die Menschen. Das ist unser Ansatz in diesem Bereich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, durch die Bedarfsprüfung ist die Grundrente auch finanzierbar: 1,4 Milliarden Euro im Einführungsjahr. Das ist deutlich weniger als die 5 Milliarden Euro, die das Ursprungsmodell vorgesehen hatte. Die Grundrente ist zielgenau, sie ist finanzierbar, und sie wird aus Steuermitteln finanziert. Einen Griff in die Sozialkassen haben wir verhindert.

Der Vorschlag des Finanzministers war, die benötigten Steuermittel durch die Finanztransaktionsteuer in Höhe von 1 Milliarde Euro und durch 400 Millionen Euro aus Eigenmitteln des Haushalts des Bundesarbeitsministers zu organisieren. Auf diese Worte sind keine Taten gefolgt. Diese Schwäche darf nun allerdings nicht zulasten der Rentnerinnen und Rentner gehen. Deswegen geben wir ein Signal der Sicherheit; das haben die Rentnerinnen und Rentner verdient. Und gerade jetzt, innerhalb der schwersten Rezession seit der Nachkriegszeit, ist ein Signal der Sicherheit notwendig, auch zur Stärkung des gesellschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in diesem Lande.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Grundrente ist ein Modell und ein Baustein zur Stärkung der Rentnerinnen und Rentner und zur Vermeidung von Altersarmut, sicherlich nicht einzig und allein; deswegen haben wir beispielsweise auch die Erwerbsminderungsrenten erhöht, wir haben die Mütterrente eingeführt,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie haben die Rentnerinnen und Rentner im Regen stehen lassen, schon das dritte Mal hintereinander!)

wir haben für Verbesserungen bei der betrieblichen Altersvorsorge gesorgt, und wir werden jetzt auch die Altersvorsorgepflicht für Selbstständige einführen. Das zeigt: Rentenpolitik ist immer ein Dauerlauf, kein Sprint.

Heute können wir uns über dieses Gesetz freuen, und wir werden morgen wieder an die Arbeit gehen für die Menschen in Deutschland, für ein zukunftsfähiges und gutes Alterssicherungssystem in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU)