
Rede zur Änderung des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes
Seit 2003 bin ich Abgeordnete im Deutschen Bundestag, und fast so lange begleitet mich auch schon die Diskussion um das Schornsteinfegergesetz. Als ich mich erstmals mit dem Thema beschäftigt habe, hätte ich nicht damit gerechnet, dass der Inhalt meiner letzten Rede heute hier im Plenum wieder Thema sein wird. Im Rahmen der parlamentarischen Beratung der aktuellen Novellierung des Schornsteinfegergesetzes haben mich viele Stellungnahmen von Schornsteinfegern, vor allem aber von Ofenbauern und Sanitär- und Heizungsbauern erreicht. Um die aktuelle Diskussion zu verstehen, ist ein Blick auf die Novellierung des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes aus dem November 2008 und die zweite Stufe der Umsetzung Anfang 2013 notwendig. Mit der Neuregelung wollte die EU für Wettbewerb auf dem deutschen Schornsteinfegermarkt sorgen. In Deutschland gibt es etwa 14 Millionen kehr- und überprüfungspflichtige Heizungsanlagen, auf die circa 7 500 Schornsteinfegerbetriebe, Kleinstbetriebe, kommen. Laut altem Schornsteinfegerrecht war das gesamte Bundesgebiet in Kehrbezirke unterteilt, in denen je ein Bezirksschornsteinfegermeister allein verantwortlich war. Der Staat hat dem Bezirksschornsteinfegermeister hoheitlich die staatlichen Grundaufgaben zur Messung und Überwachung der Feuerstätten, Heizungsanlagen etc. hinsichtlich Betriebs-, Brandsicherheit, Energieeinsparung und Klimaschutz übertragen. Frei werdende Kehrbezirke wurden nach bestimmten Kriterien – Wohnort im Kehrbezirk etc. – und einer Liste weiterbesetzt. Alternativ hätte eine staatliche Behörde diese Aufgaben übernehmen müssen. Die Länder haben die Zuständigkeitsübertragung auf die unteren Behörden im Zuge der Novelle 2008 abgelehnt.
Diese Gesetzgebung verstieß laut EU-Kommission jedoch gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, da anderen europäischen Schornsteinfegern die Übernahme eines Kehrbezirkes verwehrt blieb. Die EU-Kommission hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnet, und das deutsche Schornsteinfegerrecht wurde auf den Prüfstand gestellt. Aus Sicht der Europäischen Kommission hat es die Regeln eines freizügigen Marktes verletzt. Um die staatlichen Aufgaben der Betriebs-, Brandsicherheit, der Energieeinsparung und des Klimaschutzes ohne eine neue Behörde weiterhin durch das Schornsteinfegerhandwerk ausüben zu können, hat die Bundesregierung 2008 mit der EU-Kommission einen Kompromiss ausgehandelt. Danach wurde das sogenannte Schornsteinfeger-Monopol 2013 aufgehoben und die hoheitlichen Aufgaben der Schornsteinfeger auf einen Kernbereich zum Beispiel Abgasmessung laut Bundes-Immissionsschutzgesetz und Bundesimmissionsschutzverordnung beschränkt. Die übrigen Schornsteinfegerarbeiten wurden dem freien Wettbewerb überlassen. Mit den jährlichen Abgasmessungen und Prüfungen kann man seitdem einen Kaminkehrer seiner Wahl beauftragen. Darunter fallen nun nicht nur alle freien Feger, die amtlich registriert sind, sondern auch Installateure/Heizungsbauer, SHKs, mit Zusatzqualifikation zum Kaminkehrer.
Zentral für die heutige Diskussion: Nach dem Wegfall des Schornsteinfeger Monopols wurde zum Ausgleich das Nebenerwerbsverbot der Schornsteinfeger aufgehoben. Schornsteinfeger sind seitdem nicht mehr nur auf die jährlichen Kehrwochen beschränkt und können weitere Leistungen anbieten. Ist ein Schornsteinfeger in der Handwerksrolle eingetragen, darf er nun auch Öfen bauen, Rauchmelder installieren und deren jährliche Prüfung durchführen oder die Heizungsanlage kontrollieren. Seitdem beklagen einige Ofen-Luftheizungsbauer und der SHK-Verband, dass sich viele Schornsteinfeger nach dem Wegfall des Nebenerwerbsverbots im Ofenbauer-Handwerk, dem Kompetenzbereich der SHKs, selbstständig gemacht haben und sie seitdem unter einem starken Konkurrenzdruck und einer Verzerrung des Wettbewerbs leiden. Daneben beklagen sie, dass die Schornsteinfeger durch die Feuerstättenschau und ihre Kehrbuchdaten über relevante Kundeninformationen verfügen und diese Daten zu eigenen Geschäftszwecken nutzen, um selbst Öfen zu verkaufen. Die Ofenbauer und SHKs fordern seitdem die Wiedereinführung des Nebenerwerbsverbots für Schornsteinfeger und setzen sich dafür ein, dass dies in die Novellierung des SchfHwG aufgenommen wird.
Ich bin der Auffassung, dass hier unternehmerisches Denken und Handeln und keine Regulierung durch die Politik gefragt sind. Wir haben die Möglichkeit der Wiedereinführung eines solchen Wettbewerbsverbots geprüft. Sie ist als faktisches Berufsverbot verfassungsrechtlich nicht zulässig und daher – abgesehen von inhaltlichen Gründen – rechtlich nicht möglich. Die Aufhebung des Nebenerwerbsverbots war zudem eine Bedingung des Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission gegen das alte Schornsteinfeger-Handwerksgesetz im Jahr 2005 und wurde bei der Novelle des SchfHwG im Jahr 2008 umgesetzt. Die aktuelle Kritik und die Argumente des SHK-Handwerks und der Ofenbauer sind nicht neu. Die Forderung, dass Schonsteinfeger im eigenen Bezirk keine Kaminöfen verkaufen sollen dürfen, wurde in den letzten Jahren bereits mehrfach diskutiert, aber nicht umgesetzt. Dabei wird es auch bleiben. Die Abnahme der neuen oder geänderten Feuerstätten seitens der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger erfolgt nach den Landesbauordnungen der Länder. Zuständige Behörden sind die jeweiligen Bauaufsichtsbehörden. Sie sind verantwortlich und nicht die Politik.
Es ist Sache der Länder und der jeweils zuständigen Sachaufsichtsbehörden von Land, Kreis oder Stadt durch entsprechende Verordnungen hier verlässliche Regelungen zu schaffen und zu deren Einhaltung zu überprüfen. Aus § 18 Absatz 2 SchfHwG ergibt sich bereits, dass keine Abnahme durch den Schornsteinfeger erfolgen darf, wenn er die Anlagen selbst eingebaut oder verkauft hat. Und das ist auch richtig so. Eine Werkstatt darf ja auch nicht die Verkehrssicherheit eines selbst reparierten Autos feststellen; das macht der TÜV. Gleichzeitig ist der Bezirksschornsteinfeger verpflichtet, seine Aufgaben ordnungsgemäß, gewissenhaft und unabhängig durchzuführen. Damit sollen Interessenskonflikte vermieden werden.
Die Länder wurden in der Vergangenheit immer wieder aufgefordert, im Rahmen der Aufsicht auf mögliche Interessenkollisionen zu achten und diese zu unterbinden. Wenn es schwarze Schafe gibt – und die gibt es leider immer und in fast allen Bereichen – sind den zuständigen Länderbehörden oder den Kartellbehörden der Länder die entsprechenden Fälle zu nennen, damit diese aktiv werden können. § 21 (3) enthält bereits entsprechende Sanktionsmechanismen.
Nachdem ich jetzt viel darüber gesprochen habe, was das Gesetz nicht enthält – nämlich die seitens der SHKs und Ofenbauer geforderte Wiedereinführung des Nebenerwerbsverbots der Schornsteinfeger –, möchte ich die verbleibende Zeit nutzen, um Ihnen von den Inhalten der Novelle zu berichten. Bei der Novelle 2017 geht es vor allem darum den, Vollzug der Länder zu erleichtern und die Verwaltung von Kehrbezirken zu vereinfachen. Da die Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger befristet ist, müssten Kehrbezirke nach dem Ablauf von sieben Jahren neu ausgeschrieben werden. Die neu vorgesehene Sammelausschreibung soll eine lückenlose Besetzung der Kehrbezirke sicherstellen. Daneben sieht der Entwurf Änderungen vor, um die Kehrbezirksverwaltung zu verbessern. Sie betreffen unter anderem das Vollstreckungsrecht, die Regelung der Vertretung und den Schutz von Kehrbuchdaten. So muss das Kehrbuch vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger elektronisch und nachvollziehbar erfasst werden und jährlich aktuell sein. Bei Verstößen sind nun hohe Geldbußen festgeschrieben.
Um die Neutralität weiterhin sicherzustellen, wird die Feuerstättenschau auch zukünftig ausschließlich vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger durchgeführt. Diese ist weiterhin zweimal innerhalb von sieben Jahren durchzuführen, jetzt jedoch frühestens alle drei Jahre. Die Unterscheidung von hoheitlichen Aufgaben in der Zuständigkeit öffentlich beliehener Schornsteinfeger und Tätigkeiten, die dem Wettbewerb unterliegen, wird damit beibehalten.
Die Neuregelung verpflichtet neue Haus- und Wohnungseigentümer zudem, Eigentumswechsel am Grundstück an den zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zu melden. Neu ist auch die Streitwertfestsetzung auf 500 Euro bei gerichtlicher Auseinandersetzung zwischen Eigentümer und bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger. All diese Inhalte sind unstrittig.
Ein wichtiger Punkt, der die Diskussion um das Nebenerwerbsverbot aufgreift: Der Schornsteinfeger darf keine Bescheinigungen für Anlagen ausstellen, die er oder andere Mitarbeiter verkauft, eingebaut, zur Nutzung überlassen haben. Das gilt auch für Gesellschaften die verkauft, eingebaut, zur Nutzung überlassen haben, an welcher der Bezirksschornsteinfeger rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist. Hier haben wir mit unserem Änderungsantrag die Definition des Angehörigen noch einmal etwas präzisiert und verschärft. Demnach darf der Schornsteinfeger nicht nur keine Bescheinigungen für Anlagen ausstellen, die er verkauft/eingebaut hat, sondern auch nicht für solche, die seine Angehörigen oder Angehörige seines Betriebs verkauft/eingebaut haben. Das gilt auch für Gesellschaften, an denen er selbst, seine Angehörigen oder Angehörige seines Betriebs rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt sind. Damit ist klargestellt, dass der Schornsteinfeger auch keinen Ofen prüfen und abnehmen darf, der beispielsweise über die gemeinsame GmbH mit seiner Frau oder seinem Kollegen verkauft oder eingebaut wurde. Auch wenn ich bezweifle, dass in der Praxis eine große Zahl an Ehepartnern oder Mitarbeitern Ofenstudio GmbHs gegründet haben, damit ihr Partner als Schornsteinfeger eigene Öfen verkaufen, einbauen und prüfen und abnehmen kann, so haben wir diese rechtliche Lücke und Hintertür nun im Sinne der Ofenbauer und SHKs, aber auch der Verbraucher geschlossen.
Da dies heute meine letzte Rede hier im Plenum ist, möchte ich an dieser Stelle die die Gelegenheit nutzen, um mich zu bedanken und bei Ihnen zu verabschieden. Das gilt für die Kollegen aus der Fraktion, mit denen wir gemeinsam viel erreicht haben, aber auch für den Koalitionspartner, mit dem wir bei handwerkspolitischen Themen zumeist an einem Strang gezogen haben. Da ich dem Handwerk in meiner Funktion als Präsidentin der Handwerkskammer Ostwestfalen noch weiter erhalten bleibe, bin ich mir sicher, auch in der nächsten Legislaturperiode weiter zu dem ein oder anderen Handwerksthema zusammenzuarbeiten. Darauf freue ich mich.